Reeperbahn-Festival 2024 – Ein Nachbericht
Written by Ildiko Eßl on 10. Oktober 2024
Q-Reporter Sam Höfers und Q-Reporterin Ildikó Eßl waren vier Tage lang auf dem Reeperbahn-Festival in Hamburg unterwegs. Auf wie vielen Konzerten sie dabei waren, können sie selbst gar nicht zählen. Die Highlights blieben jedoch im Kopf.
Auf dem Reeperbahn-Festival treffen zwei völlig unterschiedliche Welten aufeinander. Zum Einen sammeln sich internationale Branchenvertreter*innen aus allen Ecken der Medien- und Musikwelt. Dazu tausende Fans, die sich voller Elan und Eifer von Clubshow zu Clubshow schlängeln und eine Lieblingsband nach der anderen jagen. Und natürlich die Künstler und Künstlerinnen, die das Festival zu dem musikalischen Highlight machten, was es war. Egal ob gerade erst in der Szene etabliert oder schon länger im Business. Herausstechende Newcomer Artists, sowie auch Musik-Legenden wie Juli, traten in den insgesamt 81 Clubs und Bars auf. Die 930 Meter des Rotlicht- und Partyviertels verwandelten sich in eine Bühne für einen vielfältigen und einzigartigen Konzertmarathon. Neben dem alltäglichen Party-Tourismus auf dem Hamburger Kiez schaffte das Reeperbahn-Festival einen Ort zum kreativen Vernetzen und buntem Genre-Austausch bei mitreißenden Live-Auftritten.

Mittwoch : Schlag(zeug) auf Schlag(zeug)
Wahrscheinlich würde jede*r Festival-Besucher*in aus einer ganz eigenen und individuellen Perspektive über das Festival berichten. Wenn man wollte, hätte man vier Tage lang nonstop von Bühne zu Bühne rennen können. Hinter jeder Clubschlange verbarg sich eine einzigartige Location und ein neues Konzert-Highlight. Um einen Burnout zu verhindern, brauchte man jedoch einen Plan. Wir begannen unseren Marathon am ersten Tag auf der Reeperbahn mit Synth-Sounds von RAR. Danach ging es weiter mit Indie im Indra Club. Frytz ließ die noch frischen Beine tanzen und sorgte mit mehreren Schlagzeug-Soli für Euphorie. Ein Haus weiter im Nachbar-Club spielte zur gleichen Zeit Wasia Project. Mit Alt-Pop, Disco und bisschen Jazz schafften sie ein verzaubertes Ambiente. Für uns gab es an diesem Abend kein Halten mehr. Schlag auf Schlag und Schlagzeug auf Schlagzeug wurde nochmal abgerockt. Ada Oda ließ uns zappeln und schwitzen. Mit unfassbarer Energie brachte die Belgische Band mit italienischen Texten Post-Punk und Rock zum glänzen.

Donnerstag: In Teilen in Konzerteile
Die Stimmung des Festivals war durch das gute Wetter angeheitert und je näher das Wochenende rückte, desto voller wurden die Straßen und Clubs. Die Band Girl and Girl aus Australien wurde zum ersten Konzertbesuch des zweiten Tages gekürt. Der Frontsänger tanzte so energiegeladen herum, dass man sich gefragt hat, ob er noch alle Gelenke besitzt. Gute Laune Afro-Funk gepaart mit Jazz-Solo und bunten Outfits brachten uns Ibibio Sound Machine. Um persönliche Highlights zu jagen, teilten wir uns auf. Ildikó machte sich auf den Weg, um deutsche HipHop-Newcomer zu entdecken. Ihre Reise führte sie zu Liebesbriefen von Fyne, durch düstere Texte bei Paula Engels hin zu Moshpits bei MC WINDHUND. Währenddessen ging Sam auf die Suche nach etwas rockigerem und wurde fündig. Erst in Form von den Klittens, einer Indie Rock Band aus Amsterdam, die im Molotow das Publikum zum schwitzen brachten. Als Tagesabschluss folgte noch Hotel Mira aus Kanada die mit catchy alternative Rock ein schönes Ende zum Zweiten Tagen lieferten.

Freitag: Ins Theater gestolpert

Zwischen DIY-Ständen, Skateboard-Workshops, unzähligen Food-Trucks, bunten Poster-Ständen und einem Flohmarkt spielte am Freitag Schramm im Festival-Village. Bei bestem Wetter und Kaltgetränken hatten wir so den perfekten Start in den dritten Festival-Tag. Von der Müdigkeit des letzten Tages getragen ließen wir uns von Konzert zu Konzert treiben. Eine perfekte Neapolitanische Pizza mitten unzähligen Restaurants, Bars und Cafés in den Seitenstraßen der Reeperbahn erweckte neue Kräfte. Am Abend hat Reporterin Ildikó ihren Plan allerdings falsch gelesen und die Zeiten und Bands miteinander vertauscht. So kam es, dass wir in einen Theatersaal gestolpert sind. Unser erstes Sitz-Konzert. Und unser erstes Surprise-Konzert. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Band Dolores Forever als Überraschungs-Act auftrat. Auf sehr gemütlichen Theatersesseln ließen wir uns mit frischem Indie-Pop davon treiben. Kontrastreicher wurde es beim letzten Konzert des Tages. Bei Zaho de Sagazan mussten wir auf Zehenspitzen tanzen, um überhaupt die Bühne sehen zu können. Die Leute ließen sich von French Pop und Electro mitreißen, ein einzigartiger Sound, der uns ins Weltall schickte.

Samstag: Sonniges Abtanzen
Morgenstund hat Kaffee im Mund. Nach einem dringend notwendigen Ausschlafen und einer Kuchenpause in unserem fast schon Stamm-Café waren wir gewappnet für die letzte Etappe unseres Konzertmarathons. Bei einem sonnigen Spaziergang über das Festival-Gelände kamen wir an einem roten Teppich vorbei. Auf den Anchor Awards wurde im Rahmen des Festivals der internationale Newcomer-Award verliehen. Gewinner wurde die Band strongboi aus Berlin. Tim Bendzko saß als Stellvertreter der deutschen Musikszene in der Jury. Eine verpasste Selfie-Chance mit dem Mann, der die meisten unbeantworteten Emails in seinem Postfach hat, brachte kurze Trauer. Trübsal blasen war sowieso keine Option. Vor allem nicht auf unserem allerletzten Konzert. Bolis Pupul legte auf und verwandelte den Mojo Club in einen Underground-Rave. Eingetaucht in die Labyrinth-Kulisse des Clubs wurden wir schnell umhüllt von futuristischem Synth-Pop und verspieltem Electro House. Ein würdiges letztes Abgehen.

Als wir den Konzertmarathon antraten war uns nicht bewusst mit wie vielen neuen Lieblingsbands wir das Ziel erreichen würden. Das Reeperbahn-Festival bot eine einzigartige Gelegenheit neue internationale Newcomer zu entdecken und tief in den Musiktunnel einzutauchen. Wir schauen auf vier erlebnisreiche und wundervolle Tage zurück.
Außerdem durften wir mit Ada Oda und Schramm zwei wundervolle Bands interviewen. Falls ihr die Interviews nachlesen möchtet, dann könnt ihr das hier auf der Website machen:
Cute Rock aus Belgien – Ada Oda im Interview: https://www.radioq.de/2024/10/cute-rock-aus-belgien-ada-oda-im-interview/
Ziemlich düster und ein bisschen bescheuert – Schramm im Interview: https://www.radioq.de/2024/10/ziemlich-duester-und-ein-bisschen-bescheuert-schramm-im-interview/
Beitragsbild Foto: Christian Hedel