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Himbeeren, Haim und Hype der deutschen Sprache – ein Interview mit Mavi Phoenix

Geschrieben von am 5. August 2022

Mavi Phoenix das ist das Alter Ego von dem aus Österreich stammenden Popmusiker, Rapper und Musikproduzenten Marlon Nader. Seit dem Beginn seiner Musikkarriere 2017 ist er für diverse Preise nominiert worden, doch der endgültige Durchbruch gelang ihm 2019 mit dem „FM4-Award” bei der Amadeus-Verleihung. Mit seinem Künstlernamen erinnert er an den jung verstorbenen Schauspieler River Phoenix und markiert damit gleichermaßen den wichtigsten Umbruch und eigenen Neuanfang in seinem Leben: Marlon ist transsexuell. Radio Q hat ihn auf dem Juicy Beats getroffen und mit ihm über seine Festival-Vorlieben, kreatives Schaffen neben der Musik und Gleichberechtigung in der Musikwelt gesprochen.

Foto: Tereza Mundilova

Q: Moshpit oder gemütlich mitviben?

Moshpits für mich persönlich.

Q: Festival oder eigenes Konzert?

Eigenes Konzert. Ich mag beides ich liebe Festivals auch voll. Festivals sind für mich immer eine Chance, dass man neue Leute dazu gewinnt und vor neuem Publikum spielt. Eigene Konzerten mach ich dann doch ein bisschen lieber, weil du weißt, dass die Leute wegen dir da sind und die Texte der Songs können.

Q: Apfel oder Himbeere?

Himbeere tatsächlich. Habe vorhin schon gesagt, dass es lustig ist, dass wir auf der Himbeer-Stage spielen und dass ich Himbeeren liebe! (lacht)

Q: Wir haben bei Radio Q das Musik-Format Platte für die Insel. Wenn du also alleine auf einer einsamen Insel wärst und nur ein Album mitnehmen dürftest, welches wäre deine Platte für die Insel?

Gerade gestern hab ich Haim auf der langen Autofahrt wiederentdeckt. Das sind drei Schwestern. Die Platte heißt “Women in Music Pt. 3” ist urgut! Ich hatte Haim früher auch schon mal auf dem Schirm, aber gestern hab ich’s wieder neu entdeckt.

Q: Was erhoffst du dir eigentlich von deinem Auftritt hier? Und wie hast du das Juicy-Beats-Publikum bisher wahrgenommen?

Ich erhoffe mir eigentlich nicht viel. Ich meine, wir spielen um 16:00 Uhr. Ich will einfach, dass wir eine geile Zeit auf der Bühne haben und auf jeden Fall was rüberbringen. Dass die Leute, die dann hoffentlich da sind, sich denken, dass wir geil sind. Vor allem aber, dass die Menschen Spaß haben und gerne da sind.

Q: Wer ist denn dein*e aktuelle*r Lieblingsnewcomer*in?

Ich mag PinkPantheress gern. Die kommt aus der UK und ist so ein bisschen R’n’B-mäßig unterwegs. Dann aus Österreich den Rapper Bibiza, den find ich auch sehr nice.

Q: Du warst ja in einem englischen Kindergarten, auf einer englischsprachigen Schule und du machst Musik auf Englisch. Gibt es Sprachen, die du neben Deutsch und Englisch noch beherrscht? Und was ist deine liebste Sprache?

Eigentlich gibt es da keine weitere, ich kann “nur” Deutsch und Englisch. Spanisch hab ich in der Schule gehabt. Daher kam dann auch die Inspiration für “Aventura”, ein Track von mir. Ich war in Spanisch so schlecht, dass es einfach ein Inside joke war, dass ich spanische Wörter mit reinnehme. Es war ja bekannt, dass ich überhaupt kein Spanisch kann. War dann irgendwie super ironisch, dass der Track mit spanischem Inhalt voll aufging, obwohl dass mein Hassfach in der Schule war. Also nein, ich kann keine weitere Sprache. (lacht)

Q: Hast du denn mal überlegt, Musik auf Deutsch zu machen?

Nein, eigentlich nie. Ich merk jetzt schon, dass es ein ultra Hype ist, deutschsprachige Musik zu machen. Das war ehrlich gesagt als ich 2017 angefangen habe noch nicht so. Aber ich habe trotzdem nicht daran gedacht. Das würde sich so anfühlen, als würde ich das nur deshalb machen, weil es gerade alle machen und es gerade einen Hype erlebt. Es fühlt sich für mich auf Englisch einfach ehrlicher an, weil ich immer so Musik gemacht hab.

„Musik auf Deutsch zu machen würde sich so anfühlen, als würde ich das nur deshalb machen, weil es gerade alle machen und es gerade einen Hype erlebt. Es fühlt sich für mich einfach ehrlicher an, weil ich immer so Musik gemacht hab.”

Q: Wie sieht der perfekte Festivaltag für dich aus? Welche Acts kommen, was wird gegessen, campst du?

Ich bin nicht so der Typ für’s Campen, dafür bin ich viel zu bequem. Ich mag’s einfach, wenn ich eine Dusche und ein eigenes Bett habe. Aber deswegen wäre mein perfekter Festivaltag etwas, bei dem ich ein Hotelzimmer habe oder wieder heimfahren kann zwischendurch oder gleich durchmache. Und Acts (stöhnt) boah, ich liebe so viele Acts. Also ein absoluter Favourite, den ich auf jeden Fall mal live sehen möchte, ist Tyler, The Creator. Den lieb ich total! Haim habe ich auch schon mal genannt, von denen habe ich mir auch Live-Videos angesehen und da waren die super gut. Kendrick Lamar wäre natürlich auch crazy!

Q: Du hast einen Wunsch frei was ein Feature betrifft völlig egal, ob realistisch oder nicht – wen würdest du auswählen?

Mac Miller. Rest in Peace, aber das wäre ein krasses Feature. Mac Miller auf jeden Fall auch ein All-time Favourite! Ich finde es auch super krass und schön, wie einen das berühren kann, wenn jemand stirbt, den man eigentlich nicht persönlich kannte. Das schafft Kunst. Und trotzdem hat das übel viele Menschen getroffen, crazy.

„Ich find es auch super krass und schön, wie einen das berühren kann, wenn jemand stirbt, den man eigentlich nicht persönlich kannte. Das schafft Kunst.”

Q: Wie stehst du dazu, dass postmortem noch ein Album rausgekommen ist?

Ich habs gehört. Das ist aber voll die interessante Frage, weil ich versteh’s voll, dass man das irgendwie rausbringen will. Bei dem Management von Mac Miller hat man auch das Gefühl, dass die kein Geld scheffeln wollen, hat zumindest nie so gewirkt. Aber ich find’s auch crazy, weil es so ein altes Werk ist, was gar nicht mehr den Mac Miller widerspiegelt, den es am Schluss gegeben hat. Das ist dann irgendwie ein bisschen problematisch. Bei mir persönlich, ich hab so viele unreleased Tracks und wenn ich sterben sollte, würde ich mir sogar wünschen, dass ein paar rauskommen. Aber eben nur ausgewählte. Da muss man vielleicht mal festlegen, welche.

„Ich hab so viele unreleased Tracks und wenn ich sterben sollte, würde ich mir sogar wünschen, dass ein paar rauskommen. Aber eben nur ausgewählte.”

Q: Was sind denn deine zukünftigen Projekte? Was hast du als nächstes Ziel vor Augen und was steht an?

Ich hab auf jeden Fall eine EP oder sowas ähnliches. Es gibt also neue Songs, die ich dieses Jahr noch rausbringen will, was wieder ein bisschen in eine andere Richtung geht und mehr Rap-lastig ist. Da hab ich meine alte Musik und die neue quasi gemorpht. Das soll hoffentlich bald rauskommen.

Q: Hier auf dem Juicy Beats-Festival gibt es gerade die Kreativ.Meile. Ab und zu zeichnest du ja, aber was machst du neben der Musik sonst noch an kreativen Sachen? Ist Zeichnen ein Ausweich-Ventil?

Ich habe vor zwei oder drei Jahren angefangen zu zeichnen, aber ich würde mich überhaupt nicht als großen Zeichner oder Maler betiteln. (lacht) Ich mach das eigentlich echt nur for Fun. Aber wenn ich mir die Zeit nehme, zu zeichnen, dann ist es voll schön, weil’s nicht schnell geht, da braucht man einfach ein bisschen. Dann hör ich mir meine Lieblingsmusik an und zeichne, meistens für mich, aber ab und zu, ganz selten, poste ich das, was ich zeichne. Neben dem Zeichnen mache ich eigentlich nur sowas wie Playstation zocken und viel Musik hören. Das ist immer noch mein Nummer 1-Hobby, das Musikhören! Lesen tu ich auch manchmal, aber hauptsächlich Comics.

Q: Das heißt wir werden vermutlich nie was von die auf der Kreativ.Meile sehen?

Ne! (lacht)

Q: Du hast nach deiner Matura ja ein Studium der Politikwissenschaften angefangen. Wenn du wieder studieren würdest, welches Fach würdest du studieren?

Da hab ich letztens mit meinem Bandkollegen drüber geredet. Ich glaube ich würde Gitarre studieren, weil ich nicht der beste Gitarrist bin. Es würde mich aber sehr reizen, da besser zu werden und das aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Q: Was wäre dann dein Zweitinstrument?

Schlagzeug! Ich wollte immer schon Schlagzeug lernen. Aber es ist auch schwierig, weil’s so laut ist und diese E-Schlagzeuge auch nicht so geil sind. Also glaube ich (lacht). Außerdem kosten die echt viel.

Q: Wie stehst du denn eigentlich zum Juicy Beats-Line-Up? Hast du damit ein Problem, dass verhältnismäßig wenig queere Künstler*innen oder FLINTA* vertreten sind? (FLINTA* steht für Frauen, Lesben, Intergeschlechtliche, Nichtbinäre, Trans und Agender-Personen. Der Asterisk dient als Platzhalter, um alle nicht-binären Geschlechtsidentitäten miteinzubeziehen)

Boah ich hab mir schon das Plakat angeschaut, aber das traurige ist, mir wäre das jetzt gar nicht aufgefallen, weil das eh schon in die Köpfe der Menschen einprogrammiert ist. Mein erster Gedanke war ehrlich gesagt nicht “Oh, wenig Frauen”. Es sind ja eh die üblichen verdächtigen Headliner da. Aber das ist ja genau das Problem: dass das so normal ist, dass man da gar nicht drüber nachdenkt. Ich schätze, das ist einfach dieses universelle Problem, das angegriffen gehört. Also Haim wär auch geil gewesen. (lacht) Ich glaub ich muss damit langsam aufhören, ich oute mich schon als richtiger Haim-Fanboy, aber ich finds echt übel geil! (lacht)

Q: Wie erlebst du denn die Künstler*innen-Welt? Die Line-Ups werden ja so langsam wenigstens ansatzweise besser, aber man erlebt auch immer noch, dass männliche Zuschauer gehen, weil sie sich von Rapperinnen-Texten angegriffen fühlen.

Ich hab letztens ein Gespräch gehabt, bei dem eine Newcomerin, die auch Rap macht, für zwei sehr bekannte deutsche Rap-Acts als Vor-Act gespielt und sich ultra gefreut hat. Wäre auch ein sehr geiler Gig gewesen, aber sie wurde einfach ausgebuht aus dem Publikum. Die Zuschauer*innen wollten alle die männlichen Acts. Da haben wir auch darüber geredet, wenn sich irgendein Dude dahin gestellt und gerappt hätte, dass es dann wahrscheinlich keinen so crazy Hate gegeben hätte. Das ist einfach was, über das noch viel geredet werden muss und wo man einfach sagen muss, dass es viel an den Festival-Organisator*innen, den Medien oder allen Gatekeeper*innen liegt. Die müssten eigentlich den ersten Schritt machen, weil anders wird da nichts passieren.

Q: Vielen Dank dir fürs Interview!