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Haldern Pop 2023 – Nachbericht

Geschrieben von am 2. September 2023

Marina Herlop auf der Main Stage

Das 40-Jährige Jubiläum vom Haldern Pop Festival stand unter keinem guten Stern – bei unserer Anreise am Donnerstag (zum Glück mit dem Auto, in dem wir auch schlafen wollten) hatten sich die Wege vom Campingplatz schon in feinste Matschstraßen verwandelt. Mit den Bildern vom zeitgleichen Wacken im Kopf hatte zum Glück ein Freund von mir am Vortag für alle noch die letzten in Münster verfügbaren Gummistiefel besorgt. Als wir unser Auto dann schließlich sicher abgestellt hatten und es aufhörte zu regnen, stand einem lustigen Festival-Wochenende nichts mehr im Weg. 

Vorbei an handbemaldten Willkommens-Schildern an fast jedem Haus das auf dem Weg lag, schlenderten wir erstmal ins Dorf, um uns mit Proviant einzudecken und den ersten Acts zu lauschen. In der Haldern Pop Bar am Marktplatz erhaschten wir einen Blick auf Butch Cassidy und in der Kirche auf den Dreampop von November Ultra, die fast schon ein bisschen zu entspannt für 14 Uhr am Nachmittag war. Das ganze Dorf war auf den Beinen, um an dem Spektakel “Haldern Pop” teilzunehmen. Vor dem Schuladen standen haufenweise Gummistiefel zum Verkauf (verdammt!) und die beiden Supermärkte im Ort stellten das Dosenbier in weiser Voraussicht direkt an den Eingang.

Abends ging es dann für uns auf das “richtige” Festivalgelände und da war wirklich Matsch-tropolis angesagt – eine große Schlammwiese dominierte vor dem Eingang und auch der Campingplatz war nicht mehr wirklich befahrbar. Alle, die jetzt erst anreisten, mussten auf andere Parkplätze ausweichen. Zum Glück handelten die Veranstalter*innen schnell und kriegten die Matsch-Situation ab dem zweiten Tag, mit Sägespänen und Stroh auf den Wegen, gut in den Griff. Unsere Gummistiefel haben wir trotzdem vorsichtshalber durchgängig getragen.  

Die drei Bühnen auf dem Festivalgelände (wobei das Niederrhein-Tent wirklich nur ein kleines Pult unter einem Sonnensegel war) lagen nah beieinander und alle Acts traten zeitlich versetzt auf. So hatte man die Chance wirklich alles zu sehen, was man sehen wollte – aber auch leider keine Alternativen, wenn einem mal was nicht gefallen hat.  Aber genug der Kritik, es gab so viele schöne Acts, dass es mir schwerfällt ein*e Favorit*in auszuwählen, daher gehe ich das mal tageweise an:

Donnerstag: Nach den vielversprechenden Auftaktacts im Dorf pilgerten wir zur Main Stage, wo ein etwas verwirrtes Publikum der großartigen Experimentell-Künstlerin Marina Herlop aus Estland zuschaute, die mit zwei anderen Sängerinnen eine virtuose Gesangsperformance mit Breakbeats ablieferte. Wir erkundeten danach erstmal ein bisschen das Gelände und machten uns auf dem Campingplatz bereit, ironisch den Headliner Tom Odell zu genießen. Der hat live dann wirklich richtig Spaß gemacht (der erste Festivalauftritt von ihm war übrigens vor Jahren auf dem Haldern Pop!), ist auf seinem Klavier rumgeklettert und hat sehr gute Laune an diesem Regentag verbreitet.

Freitag: Der wetter-technisch schönste Tag (tagsüber durchgängig bei Sonne im Top unterwegs) startete mit einer stabilen Ladung Noise-Punk im Jugendheim von Omni Selassi, die ich danach auf einen Eiskaffee interviewen durfte. Punkig ging’s weiter mit Porridge Radio auf der Main Stage, die im Anschluss an ihren Act super süß ein BeReal mit dem Publikum aufnahmen. Am Abend entdecken wir die georgische DJ Anushka Chkheidze im Niederrhein-Zelt, die mit ihrem Set in Richtung Four Tet die kleine Bühne richtig abgerissen hat.

Hania Rani auf der Main Stage und Baby Volcano im Spiegelzelt

Samstag: Am letzten Tag waren wir alle schon etwas platt (lange Nächte und dieser ständige Matsch), direkt nach dem Frühstück kam dann die Entscheidung, schon in der Nacht abzureisen und das Auto vorher im Dorf zu parken. So konnten wir den letzten Tag, der bei den Acts wild in Genres hin und her wechselte, ohne Angst vor möglichem Abschleppen am nächsten Morgen genießen. Nach Baby Volcano (Elektropop aus Guatemala) und Sorry mit fast schüchternem Punk im Spiegelzelt, folgte der großartige Auftritt von Pianistin Hania Rani auf der Main Stage – ehrlich gesagt hab ich ein Publikum auf einem Festival noch nie so still und andächtig zuhören sehen. Am Ende des Abends verabschiedete uns dann das Fusion-Jazz-Trio The Comet is Coming mit eskapistischen Saxophon-Soli auf den nächtlichen Weg nach Hause. 

The Comet is Coming auf der Main Stage

Auf dem Haldern Pop 2023 kamen wieder Musiknerds und Bewohner*innen aus den umliegenden Dörfern zusammen, um dem Wetter zu trotzen und das vielfältige Programm zu genießen. Bei einem Altersdurchschnitt von 40-50 Jahren fühlten wir uns manchmal etwas fehl am Platz und ich würde Abzüge für das fehlende Awarnesskonzept geben. Dennoch hatten wir ein sehr schönes Festivalwochenende in ganz besonderer Atmosphäre, die man so in Deutschland wohl nur in diesem Dorf am Niederrhein finden kann!