Das Sanatorium von Sarah Pearse

Der Bücherpodcast ‘Von allen Seiten’ rezensiert

Auf Anhieb ein internationaler Bestseller mit über einer halben Millionen verkauften Exemplaren, übersetzt in 30 Sprachen… Der Bücherpodcast ‘Von allen Seiten’ hat nachgeforscht: Kann das Debüt von Sarah Pearse das halten, was es verspricht?

Schon allein von außen macht das Buch eine ganze Menge her: Vorne auf dem Cover ist das Hotel zu sehen, in dem die Geschichte spielt. Dahinter die Schweizer Alpen im Schneesturm. Das setzt sich auch in den Einbänden und dem Buchschnitt fort. Besser könnte ein Thriller nicht aussehen.

Und besser könnte auch das Setting für einen Thriller nicht sein. Wir befinden uns in einem Hotel, welches zuletzt am Anfang des 20. Jahrhunderts als Sanatorium für Tuberkulosekranke genutzt wurde. Schwer zugänglich und der perfekte Ort für einen Mord.

Zum Sanatorium, hoch zwischen den Berggipfeln, zu gelangen, ist schon bei optimalen Wetterverhältnissen nicht einfach. Als es erbaut wurde, war die isolierte Lage eine bewusste Entscheidung gewesen (…). Der abgeschiedene Standort bedeutet aber auch, dass die Straße dorthin ein einziger Albtraum ist (…).

Das Sanatorium, S. 11

Immer wieder werden alte Gegenstände beschrieben, die zum Gruselfaktor beitragen. Besonders deshalb überzeugt mich das Buch: Durch seine bildliche Beschreibung und seine Actionszenen, wodurch ich mir die Story auch sehr gut als Short-reaction-Videospiel vorstellen kann.

Ausgediente medizinische Gerätschaften liegen auf dem Boden zerstreut: mit Rost übersätes Operationsbesteck, zerbrochene Glasflaschen, der zerschrammte Rahmen eines uralten Rollstuhls. Eine zerschlissene Matratze lehnt zusammengesackt an der Wand, gallegelbe Flecken bedecken pockenartig den Bezug.

Das Sanatorium, S. 9

Die Protagonistin Elin Warner ist beurlaubte Kommissarin und besucht das Hotel aufgrund der Verlobungsfeier ihres Bruders. Schnell wird klar, dass Elin mit vielen inneren Dämonen zu kämpfen hat: Sie leidet unter Panikattacken, Bindungsangst und hegt Misstrauen ihrem Bruder gegenüber. Meiner Meinung nach kann man sich gut in Elin hineinversetzen, und ihr Verhalten ist aufgrund ihres Charakters sehr stimmig. Vor allem ihre Entwicklung im Laufe der Geschichte gefällt mir sehr gut. Bei den anderen Charakteren hätte ich mir von der Autorin genauere Beschreibungen gewünscht und dass diesen mehr Platz eingeräumt wird. Bis zur Auflösung verdächtigt man so ziemlich jeden, was das Buch zu einem unglaublichen Pageturner macht.

Nach einem seichten Einstieg nimmt das Buch schnell Fahrt auf. Die blutigen Vorfälle in dem Roman sind sehr detailreich beschrieben und nichts für schwache Nerven! Die Auflösung des Falles hat mich jedoch etwas enttäuscht. Was mit einem Fingerzeig auf jede Person mit einem noch so kleinen möglichen Motiv anfängt, führt zur Schuldigsprechung von einem Charakter, womit ich persönlich vollauf zufrieden wäre. Dieser Charakter ist es dann schließlich doch nicht, das ziellose Rätselraten geht weiter und gipfelt in einer Auflösung, die mich dann doch etwas unzufrieden zurücklässt. Es hat mehr was von ‘Glück gehabt’ und weniger von guter Polizeiarbeit.

Gute Seiten, schlechte Seiten – Mein Fazit:

Ein unglaublich kurzweiliges Buch zum Mitfiebern und noch dazu in einem tollen Setting. Auch wenn gegen Ende bei der Auflösung des Falls die Geschichte meiner Meinung nach etwas schwächelt. Manche der Figuren waren etwas einseitig beschrieben und ihr Verhalten nur begrenzt nachvollziehbar. 
Eine Fortsetzung erschien bereits im Juli 2022, bislang jedoch nur auf Englisch, unter dem Titel “The Retreat”. 
Ob die Protagonistin weiterhin überzeugen kann, bleibt abzuwarten, da im ersten Band schon bereits viele innerliche Konflikte, sowie auch zwischen den Personen, geklärt wurden. Die Autorin hat mich mit ihrem Schreibstil auf jeden Fall überzeugt, und ich warte gespannt auf das zweite Buch von ihr.

Insgesamt gebe ich dem Debütroman von Sarah Pearse 📗📗📗📗 von 5 Büchern.

Mehr zu der Autorin findet ihr auf ihrer Website.
Die Erstveröffentlichung des Buches “Das Sanatorium” von Sarah Pearse auf Deutsch erfolgt am 15.02.2023. 
Wir danken der Penguin Random House Verlagsgruppe für die Zusendung eines Rezensionsexemplares.