Aktueller Song

Titel

Künstler

Aktuelle Sendung

Aktuelle Sendung


Konzertbericht: Young Fathers in Köln

Geschrieben von am 23. Februar 2023

Trommeln. Synthesizer so hoch aufgetürmt wie ein Kühlschrank. Ein Schlagzeug. Bass. und drei Typen ohne Instrumente die zu dritt ins Mikro singen als wäre das Ende der Welt schon morgen früh (und ein Grund für eine Party). Es geht nicht um Biffy Clyro, die Beastie Boys oder the xx – nein das war das Bild das Young Fathers am Freitag in der Essigfabrik in Köln boten.

“Heavy Heavy” ist gerade erschienen. Fünf Jahre nachdem “Cocoa Sugar” mit seinem catchy Cover die Band endgültig etabliert hat. Als eine der vielleicht spannendsten Gruppen der 2010er..

Man könnte denken, dass nach 5 Alben der Drive so langsam verloren geht, aber Pustekuchen! Live ist die Band (weiterhin) eine Wucht. Ein Gospelchor auf Speed mit brachialer Instrumentierung die das Konzert bei aller Abwechslung zum Rausch macht. Super professionell, super emotional.

Young Fathers, das sind Alloysious Massaquoi, Graham Hastings und Kayus Bankole. Allesamt aufgewachsen in Schottland, atmen seit 20 Jahren zusammen Proberaumluft. Und das merkt man.

Zwischen rappen, schreien und singen ergänzen sich die drei Frontmänner so mühelos, dass ich oft Probleme hatte zu erkennen, wer denn da eigentlich gerade seine Mundwinkel bewegt.

Da war einmal Hastings, mit Rauschebart und total unscheinbar wie er gelegentlich an den Drehreglern der Synthies verschwindet, Massaquoi mit einer wahnsinnig stoischen Präsenz, dazwischen ein wendiger, schlanker Bankole, der gegen Ende auch mal eben so verschwindet (und im Publikum auftaucht wie Hugh Jackman in Prestige – Showman-Skills 10/10).

Eins haben sie aber alle gemeinsam: keiner verzieht nur eine Miene! Okay die Band ist dafür durchaus bekannt – fast legendär die Verleihung des prestigeträchtigen Mercury-Preis für ihr Debüt 2014:

Statt wie bei Award-Shows üblich, brav in die Kamera zu lächeln, bleiben die drei einfach eiskalt. “Should we be jumping about the place? It’s just part and parcel of the industry.” sagt Massaquoi bei der Pressekonferenz damals. Statt bürgerliche Konventionen erfüllt die Band das Wichtigste: sie machen geile Musik. Rap-Fans würden wohl sagen: Young Fathers keep it real! Real OG’s halt. Aber Massaquoi verliert dann am Freitag bei “Get Started” doch die “Fassung” – im Kopfstimmen-Schlagabtausch mit Background-Sängerin gerät er in einen kurzen Lachflash. Doch nur Menschen!

Probably our strongest thing is when we do our live shows, because you get to the essence, you see the spontaneity, you’re there, you’re in the moment. People say it’s raw, it’s unbridled, and it’s it’s masculine, it’s sexy, it’s whatever the adjectives that you use. But you’re getting a sense of something that, you know, that’s living, that’s breathing.

Alloysious Massaquoi

Das Publikum lächelt dafür ununterbrochen. Selbst in der letzten Reihe wird getanzt. Die Essigfabrik tobt. Man kann eine Live-Performance der Band schlecht mit etwas vergleichen – schließlich macht die Band Avantgarde Hip Hop Gospel Reggae Soul Pop mit großen (multikulturellen) Folk-Anteilen. Aber wenn ich die sie beschreiben müsste, würd ich sagen: Young Fathers, zelebrieren die menschliche Stimme, das Singen (ohne Verfremdung) und klingen dabei trotzdem wie die Zukunft – das muss man erstmal schaffen. Wer mir nicht glaubt, schaut euch die KEXP Performance von “Toy” an und seid vielleicht ein bisschen traurig, dass das letzte Deutschland-Konzert schon vorbei ist.


Weiterlesen