Wunderschön auf allen Ebenen – Ein Konzertbericht über Tom Odell´s Tour “Wonderful Life”
Written by Franziska Perk on 19. November 2025
Der große Vorhang öffnet sich einen Spaltbreit, nur ein einziger Scheinwerfer leuchtet in Hamburgs Barclays Arena auf den schwarzen Konzertflügel. Aus dem schwarzen Nichts schreitet Tom Odell zu seinem Piano und schlägt die ersten Töne an. Was danach folgt sind zwei Stunden pure Magie. Radio Q-Redakteurin Franziska Perk war als eine von 16 Tausend Menschen an diesem Abend mit dabei.

Noch bis zum 22. November spielt Tom Odell in Deutschland seine Tour “Wonderful Life”. Ich war am 11. November auf seinem Tourstop in Hamburg. Ein langer Konzertabend beginnt für das Publikum bereits um 18:30 Uhr. Die erste von zwei Support-Acts ist “Matilda Mann“. Während die große Masse an Menschen sich noch mit Getränken versorgt und wild umher wuselt, um in dem großen Barclays Stadion im richtigen Block, die richtige Reihe mit dem richtigen Platz zu finden, beginnt Matilda Mann zu singen. Dem wenig aufmerksamen Publikum entgehen ihre emotionalen Tracks, deren Lyrics fast schon einem persönlichen Tagebucheintrag ähneln. Etwas kräftiger, sowohl in der Stimme als auch in den Texten, wurde anschließend “Chance Peña“. Songs wie “i am not who i was” oder “In My Room” könnten dem einen oder der anderen bekannt vorkommen. Nach einer weiteren Umbaupause, gefüllt mit zahlreichen 20er- und 30er-Jahre-Songs, folgte dann endlich der eigentliche Star des Abends.
Walk across a bridge in a strange town
Feeling like a kid in a strange house
Tom Odell betritt die Bühne in einer Präsenz, die sich nur schwer beschreiben lässt. In schwarzem Anzug gekleidet, der erste Hemdknopf auf, die blonden Haare leicht verwuschelt, schreitet er fast unauffällig hinter dem Vorhang entlang zum hell beleuchteten Flügel. Als er sich setzt und die ersten Töne spielt, ändert sich sein Auftreten sofort. Schon jetzt weiß ich: Tom Odell ist ein Künstler, den man live erleben muss.
Vor dem zweiten Song “Best Day Of My Life” erzählt er, wie er letztes Jahr bereits für eine ganze Woche in Hamburg war und dort auch einige seiner Songs des neuen Albums, das dieses Jahr erschienen ist, schrieb. Zu dem Namen des Albums “A Wonderful Life” kam er, als er die Ausstellung “William Blakes Universum” in der Hamburger Kunsthalle sah, so Odell.
Der noch immer fast gänzlich geschlossene Bühnenvorhang wird bei diesem Stichwort mit einer Stadtszenerie Hamburgs angestrahlt. Tom Odell beginnt mit den ersten Tönen von “Best Day Of My Life”. Auf dem Vorhang folgt ein Zusammenschnitt von Videoaufnahmen aus Hamburg. Das Publikum folgt den Videoausschnitten auf dem Vorhang durch die Speicherstadt, den Hafen, sieht die Elbphilharmonie und die Alster. Das gesamte Lied fühlt sich wie eine einzige Liebeserklärung an ebendiese Stadt an. Für meine in Hamburg heimische Begleitung ein Gänsehautmoment. Schlussendlich zeigt das Video gegen Ende des Liedes zur Barclays Arena selbst. Die Kamera folgt nun dem Personal hinter den Kulissen und letztlich hinter den Vorhang. Nun sieht man die bisher nicht da gewesene Band Odell´s und ihn von hinten am Klavier. Der Vorhang öffnet sich und die Band bestehend aus Gitarre, Bass, Violine, Trompete, Saxophon und Schlagzeug steigt zu Toms Klavierspiel ein. Ein gewaltiges Feuerwerk an Klang!
Keiner der aufgenommenen Songs schafft es auch nur annähernd an die Live Performance dieses Abends heran. Es dauert nur noch einen weiteren Song da laufen bei mir schon die ersten Tränen bei “Grow Old with Me”, im Verlauf des Konzerts wird das noch häufiger der Fall sein, dabei höre ich privat seine Lieder kaum. Sowas hatte ich glaube ich noch nie. Zwischendurch hebt sich die Stimmung, wenn Tom witzelt und probiert deutsch zu sprechen, wobei nicht viel mehr als die Worte “wunderbar” und “Liebe” herauskommen – bezeichnend.

Immer wieder wird man von kleinen, aber liebevoll überlegten Showeinlagen in den Bann gezogen, seien es leuchtende Zitate, weißer Konfetti-Regen oder eine einstudierte Paartanzeinlage mitten im Parkett.
Vergleichsweise schaffen es nur wenige Songs von “A Wonderful Life” in die Setlist, dafür umso mehr Tracks seines vorherigen Albums und zur Freude seiner langjährigen Fans auch einige Lieder seines Debütalbums “Long Way Down” aus dem Jahr 2013.

Das emotionale Highlight des Abends war für viele – so auch für mich – der Song “When I Close My Eyes” aus dem aktuellen Album “A Wonderful Life”. In dem Song verarbeitet Odell den Tod seines Großvaters. Er erzählt, wie ihm Fans oft Briefe schreiben, dass sie sich bei dem Song an einen geliebten Menschen zurückerinnern. Er liest aus einem solchen Brief vor. Die Verfasserin verlor letztes Jahr ihre Mutter an Krebs. Gemeinsam waren sie schonmal bei einem Tom Odell Konzert vor ein paar Jahren, zusammen hörten sie sehr gerne seine Musik. Heute ist sie alleine bei dem Konzert. Tom Odell widmet den Song ihr und ihrer Mutter und beginnt zu spielen.
The house, it feels so empty
‘Cause now I live alone
The kid next door keeps asking me where you’ve gone
And I tell him, I tell him you’ve gone home
Der Abend endet mit Tom Odells bekanntestem Song “Another Love”. Für mich ist das der krönende Abschluss eines emotionalen, nostalgischen, traurigen, aber vor allem sehr schönen Abend. Am Ende sagt er noch “These songs come from quite fragile moments in my life […] I hope you remember this moment”. Ich glaube das werde ich. Das Publikum singt im Chor, Handylichter leuchten. Dann verabschiedet sich Tom Odell, bedankt sich und geht unscheinbar wie gekommen ins schwarze Nichts hinter die Bühne.
Tom Odell könnt ihr auf seiner Tour “Wonderful Life” noch am 20.11.2025 in Berlin, am 23.11.2025 in Wien und am 03.12.2025 in Luxemburg live sehen.
Beitragsbild: Darren Gwynn via FKP Scorpio