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Sängerin, Producerin und für einen Tag Göttin – Mariybu im Interview

Written by on 29. April 2025

„Ein Tag Göttin“, so heißt das am 14. Februar erschienene Album von der Berliner Künstlerin Mariybu. Auf dem Album fängt sie Berlin und seine Nächte ein und das auf ihre ganz eigene, kompromisslose Art und Weise. Ihr Sound bewegt sich zwischen technoidem Hyperpop, Hardstyle, Dreamwave und Rap-Elementen und erzählt von Ekstase, Eskapismus, aber auch der Einsamkeit der Großstadt. Radio Q hatte die Möglichkeit, mit Mariybu über Zoom vor ihrem Tourstart zu reden.

Linda: Ich spreche heute mit der lieben Mariybu. Sie hat sich heute Zeit genommen, ein paar Fragen für Radio Q zu beantworten. Hallo Mariybu. Vielleicht erstmal zum Anfang: wie geht es dir? Bist du nach den Feiertagen wieder gut in den Alltag gestartet?

Mariybu: Ja, ich habe die Feiertage ehrlich gesagt nicht mitbekommen – nur weil die Läden zu waren – weil gerade ich komplett in den Tourvorbereitungen bin und jeden Tag super viel arbeite und gearbeitet habe. Deswegen habe ich Ostern dieses Jahr verpasst und das ist für mich auch kein Feiertag, weil ich nicht gläubig bin. Genau. Aber ja, mir geht es gut. Ich freue mich übertrieben auf die Tour, die übermorgen losgeht und bin einfach richtig vorfreudig.

Linda: Sehr gut. Das beantwortet fast schon meine nächste Frage, aber ich fände es trotzdem cool, noch mal ein bisschen mehr darüber zu hören. Wie gesagt, du bist ab übermorgen einen Monat lang auf Tour, auch am 15. Mai im Skates Palace hier in Münster, los geht es allerdings in Leipzig. Du meintest gerade schon, Vorfreude ist auf jeden Fall da. Wie weit bist du mit den Vorbereitungen und wie liefen die? Bist du vielleicht auch aufgeregt, oder überwiegt die Vorfreude?

(Fotocredits: Kim Beikirch)

Mariybu: Also die Vorbereitungen laufen und liefen extrem gut. So gut sind die Vorbereitung noch nie gelaufen. Ich habe auch acht Wochen vorher angefangen. Beziehungsweise habe ich im Januar schon angefangen, also seit jetzt vier Monaten eigentlich. Ich habe halt immer wieder Listen gemacht, was ich alles machen möchte muss und jeden Tag das eigentlich abgearbeitet. Und ich mache halt auch immer viel mehr als ich müsste. Die Leute wollen glaube ich, hauptsächlich einfach die Musik live hören. Aber ich denke mir so “Nee, ich will eine richtig geile Show machen und da muss das und das und das passieren.” Ich will halt eine krasse Show haben, habe aber kein Budget. Deswegen ist es einfach super viel Arbeit. Aber ich habe auch extrem viel Spaß daran. Ich habe ganz viele Outfits selber genäht oder umgenäht, weil ich mir da einfach bestimmte Sachen vorstelle, die dann auf der Bühne auch passieren sollen. Und die Outfits zu kaufen hätte wahrscheinlich – keine Ahnung – pro Fit 500 € gekostet, aber ich musste von vinted etwas kaufen und es dann umnähen. Aber es ist perfekt geworden, wie ich es wollte.

Linda: Wie sieht’s aus mit der Aufregung?

Mariybu: Also ich war auf jeden Fall vor meiner ersten Tour aufgeregter. Das ist jetzt meine zweite Tour und ich merke schon, dass ich entspannter werde und weiß so, das wird laufen und das wird okay sein. Und die Leute sind gut und es sind nicht Weirdos da. Und wenn Weirdos da sind, dann werden die rausgeschmissen. Also ein bisschen aufgeregt bin ich schon, das merke ich so an meinem Schlaf.

Also ich schlafe gerade nicht so gut und ich träume so Sachen wie, dass mein Publikum nur Männer und Familien mit kleinen Kindern sind und ich im Traum voll entsetzt bin und denke “Oh mein Gott, wie soll ich das machen? Meine Show vor denen wird nicht funktionieren.”

Ähm, ja, also ich bin schon ein bisschen nervös, aber eigentlich freue ich mich hauptsächlich. Ich hatte noch nie so Bock auf Konzerte, wie ich gerade auf die Tour habe, weil das ist wirklich genau so, wie ich das möchte.

Linda: Wie nimmst du auf der Bühne die Energy vom Publikum wahr und inwieweit würdest du sagen beeinflusst dich das?

(Fotocredits: Karo Jackowska)

Mariybu: 100 % Also ich merke, dass wenn ich ein Konzert gebe – zum Beispiel habe ich einmal ein Konzert gegeben auf einem Festival, wo außer mir noch Kontra K und Sido gespielt haben. Das war deren Crowd. Der Auftritt hat mir null Spaß gemacht. Ich habe sogar richtig gelitten auf der Bühne. Ich fand es richtig schlimm, war einfach kacke. Und daran habe ich einfach gemerkt, wie viel die Crowd gibt. Weil auf meinen eigenen Konzerten ist es einfach so, ich sehe in den Gesichtern, die sind glücklich, weil ich glücklich bin. Also ich weiß gar nicht, wer anfängt, glücklich zu sein. Aber wir machen uns, habe ich das Gefühl, die ganze Zeit gegenseitig glücklich, weil die sehen, dass ich Spaß habe. Ich sehe, dass sie Spaß haben. Dadurch habe ich noch mehr Spaß. Dadurch haben die auch noch mehr Spaß. Die Leute gehen einfach so krass ab. Dadurch kriege ich auch voll Energie und so, ich frag mich manchmal auch wie schaffe ich das? 14 Shows hintereinander, anderthalb Stunden diese Energie auf der Bühne zu haben. Ich gucke mir Videos an und denke mir so, dieses Workout würde ich nie im Fitnessstudio schaffen. Aber das geht halt, weil die Leute so viel geben, dass ja ich dann voll viel auch zurückgeben kann. Dieses Geben und Nehmen, das ist so schön.

Linda: Ich finde auch so eine richtig gute Konzert Energie macht einfach so viel aus. Gibt es was, worauf du dich besonders freust bei deinen Live Auftritten? Gibt es einen Song, auf den du dich besonders freust den zu performen? Gibt es eine Stadt, auf die du dich freust?

Mariybu: Also ich freue mich gerade am meisten auf Leipzig, einfach weil es Tourstart und der erste Stopp ist und auch einfach jetzt ausverkauft sein wird. 450 Leute. Ich finde es toll. Ich finde es total krass, aber ich freue mich eigentlich auf jede Stadt. Also ich dachte früher immer, man freut sich am meisten auf die großen und ausverkauften Städte. Aber ich habe gemerkt, dass so kleinere Städte – besonders so ganz kleine Städte auch – voll was haben, weil da die Energie dann irgendwie auch anders ist. Wenn das so eher kleinere Konzerte sind, irgendwie so intimer. Ich freue mich ganz besonders auf “Kein Ponyhof”, weil ich mir da einen kleinen Strip überlegt habe, für den ich extra Sachen geschneidert habe und da freue ich mich ganz besonders drauf. Boah, ich freue mich auf alles. Ich freue mich auf das Intro von dem Konzert, weil ich mir da auch was sehr lustiges – finde ich – überlegt habe. Ich freue mich auf so viel.

Linda: Das sind doch auf jeden Fall schon mal gute Voraussetzungen. Hast du gerade so ein krasses Essential, wo du sagst ohne das geht nichts? Also was wandert als erstes mit ins Tourgepäck?

Mariybu: In-Ears. Weil ich weiß noch, vor drei Jahren habe ich noch ohne In-Ears gespielt und Töne treffen ohne In-Ears – schwierig. Ich singe eher leise, gerade wenn ich so hauchig und hoch singe. Und wenn das dann über Monitore läuft kann man das nicht laut stellen alles, weil es dann voll feedbacked und ich hatte immer übelst Probleme. Seitdem ich In-Ears habe, ist live spielen 300 % besser.

Linda: Deine Tour trägt den Namen “ein tag göttin”, also hört auf den gleichen Namen wie das dazugehörige Album, das im Februar erschienen ist. Du hast mal in einem Video mit DIFFUS gesagt – über dein erstes Album SLAYBAE – dass das der Ausdruck davon war, wie du dich zur Entstehungszeit des Albums gefühlt hast. Gilt das auch für “ein tag göttin”?

(Fotocredits: Karo Jackowska)

Mariybu: Ja. 100 % “ein tag göttin” ist das Album über mein erstes Berlin Jahr. Die Songs sind auch über mein erstes Berlin Jahr und ich wohne jetzt zwar schon zwei Jahre hier, aber bis so ein Album fertig ist, dauert es ja immer noch mal so sieben, acht Monate, bis es rauskommen kann, weil Vinyls gepresst werden und die Promo und keine Ahnung. Und das war auf jeden Fall auch zu der Zeit, wie ich mich bei der Entstehung gefühlt habe. Aber ich find “ein tag göttin” passt immer noch und deswegen finde ich es auch geil, dass die Tour so heißt.

Linda: Glaubst du, es würde das Album ohne Berlin geben? Also würde es das Album auch geben, wenn du in eine andere Stadt gezogen wärst? Oder wie doll spielt Berlin wirklich als Ort eine Rolle?

Mariybu: Das Album würde es auf jeden Fall nicht so geben, wenn ich nicht nach Berlin gezogen wäre. Also auf dem Album geht es ja auch super viel darum, lost zu sein. Also auch die ganzen Party-Druffi-Songs. Das ist ja schon unterschwellig alles sehr lost und ich glaube, in keiner anderen Stadt wäre ich so lost gewesen. Ich bin auch schon mal mit 19 nach Berlin gezogen und dann aber nach drei Monaten wieder weggezogen, weil ich gemerkt habe ” I can’t handle it” so, ich gehe hier unter, weil ich nur am Feiern und Ballern bin und bin dann jetzt halt wieder zurückgezogen, weil ich dachte, jetzt kann ich es irgendwie. In keiner anderen Stadt – ich habe in Kiel gewohnt, ich habe in Hamburg gewohnt und in beiden Städten bin ich nicht so untergegangen wie in Berlin. Und auch so, in Berlin kannst du eigentlich jeden Tag immer feiern gehen und das ist in anderen Städten ja nicht unbedingt so. Das Album ist ja schon auch viel feiern. Deswegen ist es glaube ich schon ziemlich Berlin-spezifisch für mich. Auch der Sound irgendwie.

Linda: Wenn wir jetzt gerade beim Sound schon sind, welchen Stellenwert haben Sound und Text bei deiner Musik und wie wirken die für dich zusammen? Wie ist da so deine Herangehensweise?

Mariybu: Das ist tatsächlich unterschiedlich. Aber dadurch, dass ich halt die Beats auch immer selber mache, entsteht immer beides zusammen gleichzeitig. Also es ist eigentlich nie, dass ein ganzer Text fertig ist, bevor der Beat fertig ist oder ein ganzer Beat fertig ist, bevor der Text entsteht. Das entsteht immer zusammen. Ich würde sagen, der Beat macht, dass man einen Zugang zum Song findet und der Text macht, dass man den Song gut findet. Weil wenn es ein mega geiler Text ist auf einem Schlager Beat, höre ich den Song trotzdem nicht. Und wenn auf einem megageilen Beat ein Text ist, der mega scheisse ist, höre ich es auch nicht. Der Beat ist so ein bisschen vielleicht der Zugang und der Text ist dann, dass man es wirklich gut findet. Aber ich lege schon einen großen Wert auf den Text. Jetzt auf dem Album gibt es einen Song, oder vielleicht zwei Songs, wo es jetzt irgendwie nicht so mega tiefgründig ist und keine krasse Bedeutung hat. Fand ich aber irgendwie auch mal geil, einfach nur Spaß zu haben. Ja, aber ich glaube schon, dass bei mir viel Bedeutung auch immer auf dem Text liegt. Bei dem Album aber ein bisschen weniger als vorher. Da geht es viel auch um Spaß haben.

Linda: Auch wichtig. Du hast deine musikalischen Anfänge ja im Rap und mittlerweile aber sehr stark in Richtung Hyperpop entwickelt. Worin siehst du für dich im Hyperpop die Vorzüge oder die Besonderheiten? Was hat dich dazu gebracht, in die Richtung Hyperpop zu gehen?

Mariybu: Es waren, glaube ich, verschiedene Sachen. Also zum einen habe ich mit Musik angefangen, weil ich mega sauer war und so ein Ventil dafür wollte und da hat sich einfach HipHop sehr gut angeboten. Dann war ich irgendwann nicht mehr so sauer und wusste nicht, wie ich als weiße Person dann HipHop für mich nutze so richtig. Sauer sein und Missstände ansprechen fand ich gut. Aber dann war ich irgendwie “Okay. Worüber soll ich jetzt rappen? Über Sex rappen?” Weiß ich nicht, kann ich auch machen, aber da fand ich irgendwie Hyperpop hat einfach besser gepasst.

Ich finde, Hyperpop passt einfach voll gut zu mir. Weil es super so übertrieben ekstatisch wild ist. So würde ich auch auf jeden Fall einen Teil meines Charakters beschreiben und deswegen hat es irgendwie voll gematched.

Außerdem ist Hyperpop super queer, super viele Artists sind queer, die Entstehungsgeschichte ist queer, die krassesten Produzentinnen sind queer. Das Stimmpitching wird ja auch oft genutzt von Leuten, die Stimm-Dysphorie haben. Ich habe das Gefühl, ich kann so alles ausprobieren. Ich liebe es einfach, neue Sachen auszuprobieren, ein bisschen dumm zu gehen. Und das kann man bei Hyperpop sehr gut.

Linda: Wer anfängt, sich ein bisschen mit dir und deiner Musik zu beschäftigen, der wird recht schnell merken, dass es bei dir viel darum geht, Tabuthemen zu brechen, vor allem auch über die Texte. War das schon immer was, was dir ein Anliegen war? Oder ist das was, was du in den letzten Jahren erlernt hast oder lernen musstest?

Mariybu: Ich glaube, es war schon immer irgendwie so. Also ich war schon als Kind eher so, ich konnte Ungerechtigkeiten einfach immer nicht gut aushalten und habe dadurch dann Tabuthemen gebrochen. Einfach, weil ich halt sauer war und irgendwas ansprechen wollte, weil ich was unfair fand. Ich würde sagen, da kommt bei mir auch noch viel Motivation her.

Das sind dann immer so Sachen, wo ich es dann zum Beispiel unfair finde, dass ich jetzt – nur weil ich eine Frau bin – darüber nicht reden sollte und dann bin ich so: “Nö.” Und gerade deshalb rede ich da jetzt einfach drüber.

Also es war schon immer so, aber es ist schon doller geworden, seitdem ich meine erste Therapie gemacht habe, weil mir da noch viel mehr aufgefallen ist, auch über mich und auch so Sachen, die einfach nicht okay waren. Und das hat noch mal die Motivation dann so verstärkt.

Lieb wen du willst
Und bums wen du magst
Baby sei wie du bist
Ob du's darfst?
Ja du darfst!

“LAUT & QUEER”, Mariybu und Reeza

Linda: Ich finde, wenn man Artikel und Texte zu dir als Artist liest, findet man immer wieder die Formulierung, dass du als “Rolemodel” gesehen wirst. Eben gerade auch über diese Enttabuisierung, oder dass deine Musik Identifikationsfläche für Hörer*innen, zum Beispiel bei Themen wie queerem Sex bietet. Nimmst du diese Rolle für dich selber wahr? Und inwieweit nimmst du diese Rolle auch selber so ein bisschen an?

Mariybu: Also “Rolemodel” ist für mich so jemand, zu dem man aufblickt, aber ich fühle mich eher so als Schwester oder Freundin und so würde ich das auch gerne belassen, weil ich hasse Kontakte, die nicht auf Augenhöhe sind. Mag ich nicht. Und ich weiß, das ist schwierig als Artist und Fan und damit struggle ich auch immer noch manchmal irgendwie Balancen zu finden.

Aber ich finde immer, sobald man zu irgendwem aufschaut, wird es gefährlich im Sinne von – es ist halt ein Machtgefälle und ich mag Macht in keine Richtung. Ich will nicht Macht haben, aber ich will auch nicht, dass jemand anders Macht über mich hat.

Deswegen würde ich es besser finden, mich als große Schwester, kleine Schwester, Freundin zu sehen.

Linda: Du hast 2024 dein eigenes Label “Tanga Tunes” gegründet, über das du seitdem deine Musik selber veröffentlichst. Gab es irgendwie einen Moment, in dem du so selber für dich warst “Ich möchte das jetzt selber machen. Ich möchte jetzt mein eigenes Label gründen.” Wie war da so dein Weg dazu?

Mariybu: Ich habe das irgendwie gar nicht so bewusst mir vorgenommen oder beschlossen. Es ist irgendwie so passiert. Wie so alles, habe ich das Gefühl bei meiner Musik. Es ergibt sich viel und es war für mich einfach der Moment, von meinem alten Label zu gehen, weil ich das wollte und das auch gut so war. An der Stelle aber trotzdem liebe Grüße Lina Burghausen. Ich liebe dich! Und dann war halt die Frage “Wie geht es jetzt weiter?” Und ich glaube, ich wollte erstmal schauen, wie fühlt sich das an, independent Music zu releasen und wollte nicht direkt wieder irgendeinen neuen Vertrag oder Deal eingehen, weil mit so Verträgen ja auch immer Dinge einhergehen, die nicht schön sein können. Ich wollte erstmal die Freiheit haben, machen zu können, was ich möchte, ohne dass irgendein Mann Macht über mich hat. Weil am Ende sind es immer Männer in Machtpositionen, mit denen man Verträge schließt. Ja, und deswegen habe ich dann “Tanga Tunes” gemacht, weil ich einfach machen will, was ich will und mir da auch nicht reinreden lassen will.

Linda: Gutes Stichwort: machen wollen, was man selber möchte. Ich finde, man merkt schnell, dass du wie so eine kleine DIY-Queen bist. Wir haben vorhin schon kurz über Tour Outfits selber schneidern gesprochen, du produzierst deine Songs selber, du hast ein eigenes Label. Was bedeutet DIY für dich? Also machst du das aus einer Notwendigkeit heraus, weil du gerne diese kreative Freiheit haben möchtest, oder weil du vielleicht auch irgendwie einen Wunsch nach Authentizität hast?

(Fotocredits: Julia Jalyschko)

Mariybu: Das ist mega die gute Frage. Ich habe die letzten Tage viel darüber nachgedacht, weil es halt schon Momente gibt, wo ich merke, ich kann das nicht mehr. Also gestern zum Beispiel habe ich Merch für die Tour gepackt in meinem Wohnzimmer und ich habe gemerkt, ich fühle mich gerade wie eine Versandfirma. Das geht bei der nächsten Tour nicht. Das kann ich nicht selber machen. Und ich merke das schon an manchen Stellen. Vieles habe ich ja auch abgegeben. Ich habe einen Vertrieb, ich habe auch eine Firma, mit der ich zusammenarbeite. Ich habe eine Management, ich habe ein Booking, also einfach immer, wenn ich gemerkt habe, jetzt kann ich nicht, das kann ich nicht mehr schaffen, dann habe ich es abgegeben. Vieles hat angefangen durch eine Notwendigkeit, weil ich auch einfach kein Geld hatte oder es sich nicht gelohnt hat oder auch niemand interessiert war. Und manche Sachen mache ich aber schon gerne, weil dann habe ich so überlegt, wenn ich jetzt viel Geld gehabt hätte, hätte ich mir die ganzen Outfits dann machen lassen? Und dann dachte ich so “Ja, vielleicht hätte ich es machen lassen, um Zeit zu sparen.” Aber auf der anderen Seite –  ich habe so viel gearbeitet die letzten zwei Monate, aber ich hatte die beste Zeit. Ich habe immer Podcasts gehört, Sachen genäht, dabei dann Filme geguckt. Ich hatte so schöne Abende, dann sind Freundinnen gekommen, wir haben zusammen Outfits gemacht, irgendwie so Strasssteine draufgeklebt und so und das hat mir irgendwie mega viel Spaß gemacht.

Und ich glaube, weil ich so voll vielseitig interessiert bin – also ich wollte auch mal Mode studieren, ich wollte mal Fotografie studieren, ich wollte mal freie Kunst studieren – ich liebe einfach so alles Kreative und ich bin gerade so dankbar. Auch, dass ich in meinem Job als Musikerin das alles machen kann.

Mein Job ist es nicht nur ins Studio zu gehen und einen Text zu schreiben, sondern mein Job ist es, das auch noch zu produzieren und mir das auszudenken und mir Bühnenoutfits und Merch auszudenken. Klar, ich arbeite da jetzt mittlerweile immer mit anderen zusammen, aber habe immer noch überall meine Finger drin und irgendwie macht mir das auch einfach mega Spaß. Aber ich glaube, es wird bei der nächsten Tour oder im nächsten Step – auch mit dem nächsten Album und so – wir sind gerade schon am überlegen, in welche Richtung das geht. Weil ich merke, alles wie vorher kann ich das nicht mehr machen, weil es wird immer größer, was ich auch voll schön finde. Aber das heißt halt auch, dass ich mehr Sachen abgeben muss, um das auch richtig machen zu können. Ich will Sachen nur machen, wenn ich sie richtig machen kann, weil so halb und super im Stress bringt es nichts.

Linda: Gibt es was, was du gerne mal selber machen würdest, bis jetzt aber noch nicht dazu kamst? Also das kann alles sein. Es kann ein Sauerteigbrot sein, das kann ein Gemälde sein, das kann ein neues Album sein. Gibt es was, wo du so bist “Das habe ich bis jetzt noch nicht geschafft. Das will ich aber noch machen”?

Mariybu: Ja, ich will auf jeden Fall auflegen lernen, weil ich glaube, dass das ziemlich schnell gehen könnte, das zu lernen für mich, weil ich ja auch produziere. Dann, glaub ich, sind die Hintergründe nicht neu, sondern eher die Hardware und so die Sachen zu machen. Also ich glaube natürlich schon, dass es super schwer ist. Ich will gar nicht sagen, dass der Job nicht krass ist. Der ist ultra krass. Ich meine nur die Anfänge zu lernen, so bis man krass ist – i know it takes some time. Aber ich hätte richtig Bock darauf. Sobald ich mal wieder Freizeit habe, wäre das mein nächster Stepp.

Linda: DJ-Karriere incoming?

Mariybu: Also ich habe gar keinen Bock auf die DJ Karriere, weil ich muss sagen, also ich gehe schon echt gern feiern, aber ich gehe auch wenn ich nicht feiern gehe, gern so um elf ins Bett. Und ich merke schon immer, wenn ich Konzerte habe, wo die Stage Time nach 23 Uhr oder 0 Uhr ist, bin ich schon so “Finde ich jetzt aber nicht so gut.” Und als DJ ist der beste Slot so um zwei oder vier. Also ich wäre. Das würde ich nicht packen haha.

Linda: Dann würde ich sagen, sind wir jetzt quasi am Ende des Interviews. Gibt es noch etwas, was du gerne loswerden möchtest?

Mariybu: Ja, kommt zu meinem Konzert in Münster, weil meine Konzerte sind immer richtig toll! Zu 50%, weil das Publikum immer richtig toll ist, also ihr. Es macht einfach richtig Spaß und ich habe ganz tollen Merch dabei. Wunderschöne Caps und Tangas und T Shirts und Armbänder.

Also kommet und höret und tanzet mit mir.

Linda: Sehr gut. Dann vielen Dank, Mariybu, dass du dir die Zeit genommen hast.

Mariybu: Danke dir. Das war sehr schön.

(Fotocredits: Kim Beikirch, Karo Jackowska, Julia Jalyschko, Liv Plotz)


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