Nachbericht: Appletree Garden Festival 2024 – Eine Ode an den Sommer
Written by Mel Kinkel on 26. August 2024
Wenn du nach einem Festival suchst, das dich am Ende besser dastehen lässt als zuvor, dann ist das Appletree Garden Festival in Diepholz der perfekte Ort. Es fühlt sich an wie Urlaub mit Freunden, nur dass deine “Freunde” hier aus Tausenden von Menschen bestehen. Trotz der Menge erlebst du die liebsten Menschen, die das Festival zu bieten hat, und überall herrscht eine unvergleichliche, friedliche Stimmung. Dass es trotzdem ein Awareness-Team gibt, das hinter der Mainstage prominent platziert wurde, zeigt, wie sehr hier auf das Wohl aller geachtet wird.
Die Anreise mit dem Zug ist absolut zu empfehlen – schnell und bequem. Ein riesiger Supermarkt liegt direkt auf dem Weg vom Bahnhof zum Festivalgelände, falls du noch Verpflegung oder Kleinigkeiten für den Campingplatz besorgen möchtest. Auf dem Gelände angekommen, zerstreuen sich die Tausenden Besucher über den Campingplatz, wo sich liebevoll gestaltete Pavillons und kreative Zelte türmen. Trotz vereinzelter Regenschauer und dem von Anfang an empfindlichen Ackerboden war das Gelände gut begehbar – nur abseits der Hauptwege entwickelte sich nach zwei Tagen ein kleiner Schlickwanderpfad. Aber keine Sorge, die Hauptwege und das Gelände blieben bestens zugänglich.
Ein besonderes Detail, das in Erinnerung bleibt: Die Toiletten waren nicht nur ausreichend vorhanden, sondern einige wurden sogar mit Zimtrollen dekoriert! Statt des typischen, unangenehmen Chemiegeruchs verbreitete sich ein angenehmer Zimtduft in den Dixie-Klos – ein charmantes Extra, das typisch für den liebevollen Charakter des Festivals ist. Einziger Wermutstropfen: Vom Zentrum des Campingplatzes musste man etwas weiter zu den Toiletten laufen, da die auf dem Gelände befindlichen WCs morgens leider nicht geöffnet waren – gerade zur Rush Hour nach dem ersten Kaffee wäre das hilfreich gewesen.
Bevor wir uns den restlos positiven Erinnerungen zuwenden, möchten wir an dieser Stelle kurz unsere Kritik am Cashless-System anbringen, welches leider auch bei diesem Festival etabliert wurde.
Ja, die Wartezeiten mögen kürzer sein. Doch es verleitet zu höheren Ausgaben, es ist unsicher, verlangt keine PIN und bedeutet einen erhöhten Aufwand (rund ein Prozent holt sich deshalb das übrige Geld nicht zurück nach dem Festival). Zuletzt erhöhen sich dadurch die Ticketpreise, denn die Bereitstellung des Dienstes ist nicht gerade billig für die Veranstalter.
In diesem Jahr wurde noch mehr Mühe in die Gestaltung der Bühnen und des Festivalgeländes gesteckt, und es hat sich gelohnt: Aufwändige Kunstinstallationen mitten im Wald, stimmungsvolle Beleuchtung und kreative Details an jeder Ecke sorgten für eine magische Atmosphäre. Unter Festivalstöcken und Lichterketten tobte das Leben, und auf den Bühnen erklangen die unterschiedlichsten Töne.
Musikalisch war das Festival ein echtes Feuerwerk. Wanda spielte am Samstag auf der großen Bühne, und es war fast, als hätte man ein Best-of-Wanda-Tribute-Konzert 30 Jahre nach der Bandauflösung erlebt. Die Menge wollte ihre Klassiker aus Wien hören, und Wanda enttäuschte nicht. Ein besonderer Moment war der Ausruf des Frontmanns: “Appletree, ihr habt mich ins Leben zurückgeholt!”
Ein persönliches Highlight war für mich ENGIN, der mit seinem einzigartigen türkisch-deutschen Soundmix und einer fantastischen E-Gitarre alle begeisterte. Wenn ihr die Chance habt, ihn live zu erleben: Unbedingt hingehen!
Auf der Waldbühne unter dem transparenten Dach spielten am Freitag La Femme. Ihre Mischung aus Dance, Elektro und Disco auf Französisch war kaum in Worte zu fassen – das muss man live erleben. Diese Band ist eine Mischung aus ungezähmter Energie und musikalischer Finesse, die sich jeder Beschreibung entzieht. Ein Interview dazu und natürlich einige musikalische Kostproben gibt es bei uns im Radio!
Für die Nachtschwärmer gab es im Spiegelzelt zauberhafte Unterhaltung. Der Late Night Circus mit Siegfried und Joy war eine bizarre, absurde Zaubershow, die ständig zwischen Quatsch und echter Magie hin und her pendelte. Ihr Konzept: 1. Alles Quatsch. 2. Doch ein Zaubertrick! 3. Oder doch nur ein Gag? 4. Die Wendung: “Ach du Scheiße, es ist echt Magie!”
Musikalisch ging es auch im Spiegelzelt heiß her. Derya Yıldırım & Grup Şimşek trotzten einem Stromausfall und verwandelten das Chaos in eine geniale Show. Das heiße Zelt und die improvisierte Performance machten den Auftritt zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Weitere persönliche Highlights waren Master Peace, der die wahrscheinlich energiereichste Show des Jahres im Spiegelzelt ablieferte, und die explosive Performance von BĘÃTFÓØT. Die beiden Artists rissen das Publikum im Tiefen Holz mit, als sie Pokémon-Sounds auf ihre Hits sampelten und im Sekundentakt neue Tracks auflegten. Es war schwer, mit ihrer Energie mitzuhalten!
Und nicht zu vergessen natürlich BumBum-Disco (im Video oben) am Freitag in der Oase, einem als Schwimmbecken verkleideten Volleyballfeld, wo die Stimmung mausig-positiv war. Die beiden hatten wir übrigens ebenfalls im Interview.
Neben den vielen musikalischen und künstlerischen Angeboten gab es auch zahlreiche Workshops, Lesungen und Talks, die das Programm abrundeten. Doch wir von Radio Q entschieden uns für eine kleine Abwechslung und machten einen Ausflug ins Freibad. Und was wir dort erlebten, war eine Mischung aus Rave, Kindergeburtstag und Sommerparty: Arschbombenwettbewerbe, eine Duschparty, Aerobic im Nichtschwimmerbecken, laute Musik und unzählige lachende Gesichter. Es war voll, es war wild – es war einfach toll! Den Rückweg zum Festivalgelände traten wir stilecht mit einer kleinen Bimmelbahn an, die uns durch Diepholz fuhr.
Das Appletree Garden Festival bleibt eines der mausig-positivsten Festivals des Jahres. Mit seiner Mischung aus liebevollen Details, grandioser Musik und einzigartiger Atmosphäre schafft es immer wieder, die Besucher zu verzaubern. Die Vorfreude auf das nächste Jahr ist bereits groß – denn wo sonst kann man so entspannt und voller Energie ein Festival genießen? Bis zum nächsten Jahr, Appletree!
Text: Mel Kinkel
Fotos: Nicola Koch, Carlotta Rölleke, Anna Wyszomierska, Mel Kinkel