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Egal wer welche Sachen macht, Liebeskummer kennen wir alle – INTERVIEW MIT FUFFIFUFFZICH

Geschrieben von am 27. November 2023

Das komplette Interview mit Fuffifuffzich könnt ihr hier nachlesen+hören:


“Wir machen ein Interview und den da brauchen wir, denn der hat die Fragen.”
Der Tourmanager meiner Interviewpartnerin lotst mich durch den Spießrutenlauf aufmerksamer Festivalmitarbeiter*innen, die den Backstagebereich nach unerlaubten Eindringlingen ohne passendes Armbändchen scannen.

Der mit den Fragen, das bin ich und ich befinde mich auf dem Weg zum Pressegebäude. Durch die enge Kapuze meiner Regenjacke, sehe ich nur was in gerader Linie vor mir liegt. Und in diesem Tunnel sehe ich schon Fuffifuffzich mit Band.
Während eine letzte kleine Gewitterwolke ihren Inhalt auf uns entleert, kann ich dahinter einen hellen Streifen am Horizont erkennen.

Ich schiebe meinen Beutel auf die Schulter, in dem ich Aufnahmegerät, Fotoapparat, Notizblock, und eine Vinyl verstaut habe: “Hallo, ich bin Mel, ich glaube wir machen heute ein Interview zusammen.”
“Hey Mel, ich freu mich schon! Ich bin Fuffifuffzich, lass uns doch reingehen.”

Es hört natürlich sofort auf zu regnen, sobald wir drinnen angekommen sind. “Wie geht’s dir so? Bist du zufrieden mit eurem Auftritt vorhin?”, frage ich. “Es war sehr, sehr schön und uns geht’s gut. Ich spreche jetzt auch gerade für Lordi und Jung ChoCho, die jetzt gerade sich nicht äußern wollen,(lacht) weil sie zu schüchtern sind. Und ja, wir sind gut drauf.

Eben noch stand ich auf der einen Seite der Bühne, jetzt höre ich ebenso interessiert auf der anderen Seite zu.
Outfittechnisch hätte ich gerne gematched sage ich, aber der Regen hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Für eine Sonnenbrille war das Wetter leider zu schlecht. “Vielleicht haben wir ja im Inneren ein paar matching Punkte.”, antwortet Fuffifuffzich, was mich zu einer ungewöhnlichen Frage bewegt: “Wie viele Blinddärme sind gerade eigentlich anwesend?”. Ich erinnere mich an das Konzert von gerade. Bassistin Lordi musste sitzend performen, Blinddarm-OP. Merkwürdige Frage, aber ich habe Glück, Fuffifuffzich versteht meine Anspielung und lacht. Während wir uns über Wurmfortsätze im menschlichen Dickdarm unterhalten, fällt mir ein, dass ich Musikredakteur bin und ein Künstlerinneninterview führe.

Draußen beginnt es erneut zu regnen und ich erinnere mich an ein Interview, welches ich zur Vorbereitung geschaut habe. Das Interview fand in einem schönen Park unter der lachenden Sonne statt. Ich frage Fuffifuffzich, ob sie sich daran erinnern kann. Sie verrät mir, dass der Park in Neukölln liegt, vor ein paar Jahren war dort die Bundesgartenschau. “Und jetzt packst du die alten Geschichten aus! Das war nämlich mein erstes Interview.”. Fuffifuffzich erzählt mir, dass sie nur sehr wenige Interviews gibt, weil sie die eigentlich unangenehm findet. Da hab ich aber Glück.

“Da wurde auch Heartbreakerei gedreht in dem Park.” Fuffifuffzich kommentiert ihr erstes Interview

life is scheise wurde 2018 veröffentlicht und nach dem ersten Live-Auftritt, damals im Theaterstück “Don’t be Evil”, kam richtig Schwung in die Sache: Noch vor dem ersten Albumrelease auf Festivals wie z.B. der Fusion 2022 gebucht, ein Jahr später sogar große Deutschlandtour, mit “Heartbreakerei” existiert nun ein erstes Album und auf der Bühne hat Fuffifuffzich schon zwei neue Songs gespielt, die mittlerweile auch veröffentlicht wurden. Ich zähle das alles auf und will irgendwie darauf hinaus, wie es dazu gekommen ist, sich das alles ergeben hat und wie es sich anfühlt so besondere, in vieler Hinsicht extravagante Musik auf der Bühne zu spielen. Und damit so viele Menschen zu erreichen, die diese Kunst begeistert.

Glücklicherweise versteht Fuffifuffzich worauf ich hinaus will, auch wenn ich in der Hinleitung etwas herumdruchse: “Ja, es war eher ein Reinstolpern. Ich mache mit JungChoCho sozusagen die Musik zusammen und wir sind da ganz blauäugig reingelaufen. Und dann war Heartbreakerei irgendwie so ein – ich finde das Wort Erfolg immer so schwierig – aber so viele Leute haben es gehört und mögen das. Dadurch, dass Leute das dann gehört haben, hat man gedacht: “Okay, wir trauen uns mehr Sachen zu veröffentlichen”, weil JungChoCho und ich kennen uns schon seitdem wir 18 sind oder so und machen schon sehr lange Musik zusammen. Das hat angefangen mit einer Akustikgitarre und einem Yamaha Keyboard. Wir befinden uns immer in einem Prozess und in dem passen wir uns irgendwie an und machen das, worauf wir Bock haben.

“Fuffifuffzich ist etwas eigenstehendes, fernab vom Theater. Die Musik gab es ja auch schon vor dem Theater. Das hat alles gar nichts miteinander zu tun. Ich glaube natürlich, was passiert ist, ist, dass wir einen Anklang gefunden haben bei einer bestimmten Hörerschaft, wofür ich übrigens sehr dankbar bin, weil das auch nicht der Plan war.”1

Mich interessiert was diesen Prozess beeinflusst, woher die Inspirationen und Anstöße kommen. Ich erinnere mich, wie Fuffifuffzich auf der Bühne ein Cover von Herbert Grönemeyers “Alkohol” performt hat. Hat Fuffifuffzich musikalische Vorbilder? Udo Lindenberg, Helge Schneider, Nina Hagen, oder der von ihr interpretierte Grönemeyer?
“Also es gibt bestimmt unterbewusste Einflüsse, von denen man sich gar nicht distanzieren kann, weil wir alle Musik hören, die uns irgendwie geprägt hat über eine lange Zeit, seitdem man angefangen hat, Musik zu hören.”

Vorbilder, habe sie jedoch keine, auch wenn sie die alten Platten von Herbert Grönemeyer sehr liebt, wie sie mir verrät: “Ich glaube, es gibt Einflüsse und ich kann jetzt nicht konkret Namen nennen, wo ich sagen würde, an denen orientiere ich mich krass. Vielleicht steckt der Herbert und der Udo und die Nina durch irgendwelche Radiosessions, die ich mal mit meinen Eltern gehört habe, irgendwo in mir drin.”. Musik, sagt sie, hat sie jedoch nicht angefangen, um irgendwem nachzueifern, sondern um sich selbst auszudrücken.

Ein besonderes Mitteilungsbedürfnis gibt es beim Thema Liebe. Besonders der Struggle mit derselben, ist in ihrer Musik bestimmend: In den Texten ist der/die Gegenüber mal ein Ferrari, den man sich nicht kaufen, aber immerhin leihen kann, mal wiederholt sich der Ausruf “Ich brauch’ mehr Zeit!” und die fünf Interludes auf dem Album, tragen als Titel jeweils nur einen Buchstaben und ergeben hintereinandergesetzt das Größte aller Gefühle: LIEBE.

“Da sind Leute, die lieben das und das gibt dir einen Push. Ich will den Leuten mein Inneres mitteilen.”

Was macht dieses Gefühl so omnipräsent in ihren Songs?

“Das sind Sachen, die ich aufgeschrieben habe, weil sie mich getroffen haben. Und es ist tatsächlich immer leichter niederzuschreiben, wenn man leidet, als wenn es einem mega gut geht. Da kann ich jetzt nur für mich sprechen, aber da entstehen, glaube ich, für mich einfach mehr Gefühle, als wenn ich auf der Bühne stehe und sage, “Mir geht es gerade mega gut und was geht bei euch? Geht es euch auch mega gut?”

Das Gefühl, sich mit der Liebe abzumühen, ist ein Gefühl, dass viele von uns nachvollziehen können: “Das Schöne ist ja eigentlich, dass Liebeskummer etwas ist, was alle miteinander teilen. Ich glaube, egal wer welche Sachen macht, das ist ein Schmerz, den kennen wir alle.”
Es ist ein krasses Gefühl, sage ich. “Ja, es ist ein unangenehmes Gefühl. Aber, man kann daraus auch schöpfen, so wie ich es versucht habe.”

Unwillkürlich versuche ich mich zu erinnern, wann ich das erste mal Liebeskummer hatte. War das etwa schon im Kindergarten? Damals hat man noch überhaupt nicht verstanden, was das überhaupt für ein Gefühl sein soll, welches gerade so völlig unbegreiflich ist und einen so stark beschäftigt.

Wo ich gerade schon an die Kindergartenzeit denke, frage ich: “Auf deinem Albumcover sehen wir dich vor einer Art Fotowand sitzen. Was mich vor allen Dingen flasht, ist eben dieser Hintergrund, den man so auch auf Kindergartenfotos hat. Also ich weiß nicht, ob das für euch auch so war, aber man wird dann ja da hingesetzt vor irgend so einem Hintergrund und dann ist da meinetwegen ein Strand. Der Fotomensch sagt: So, ja hier Strand, setz dich mal da neben den Stein, hier kriegst du ‘n Seestern in die Hand, bittesehr und jetzt lächel mal für’s Foto!”

Wir lachen kurz über diese Erinnerung aus Kindertagen – anscheinend hat jeder von uns diese Art von bescheuerten Kindergartenfotos geknipst bekommen: “Ja, daran kann ich mich auf jeden Fall auch erinnern. Ich weiß, ich hatte ein kariertes Hemd an und bei mir gab es noch eine Schatztruhe mit, wo so zur Hälfte Kuscheltiere rausgehangen sind.”

Dieses Bild hat etwas entrücktes: Fuffifuffzich sitzt, typgerecht, mit Sonnenbrille und Cowboystiefeln vor einer Art Landschafts-Ölgemälde im spätromantischen Stil. Umgeben ist diese Szene von Flammen. Außen als Rahmen wiederum noch so etwas wie Tattoo Comic Art. Ein brennendes Auto und eine Rose auf blauer Seide.
Eine wilde Mischung, behaupte ich.

“Ja, eine wilde Mischung und ich glaube, das Cover spiegelt vieles ganz gut wider! Also man versucht innerlich immer eher so ruhig zu sein und sich zu settlen. Aber einen herum brennt es und es tangiert einen. Und ich glaube, das ist auch eine ganz gute Beschreibung für die Musik, die ich mache oder wir machen.”

Während wir gemeinsam das Albumcover betrachen, spicke ich auf die Zeit – gleich treten Bilderbuch auf. Das bedeutet das Ende für unser Interview, denn Fuffifuffzich, Lordi und Jung ChoCho sind “Riesenfans”. Zeit für eine letzte Frage bleibt mir noch und es ist die obligatorische: “Wenn du auf einer einsamen Insel wärst und es ist nichts da außer ein Plattenspieler und eine einzige Platte. Welche Platte würdest du mitnehmen?”

“Da gäbe es auf jeden Fall eine… naja zwei… obwohl eigentlich drei…
“Hau raus!”

“Fever-Ray und The Knife war für mich immer so mega gut, Cocunut von Fever-Ray. Richtig gutes Lied. Ich weiß gerade nicht wie das Album heißt (Anm. der Redaktion: Das Album mit dem Track Coconut heißt “Fever Ray”) Und Joachim Witt schreibt einfach mega geniale Texte, finde ich. Das ist auch so neue Deutsche Welle. Fuck ich weiß gerade nicht, wie das heißt. Das müsst ihr zensieren. Ich habe Fuck gesagt. Fuckfuckfuck! Und von Dorothy Collins High Fidelity ist halt dieses Gefühl, was in der Musik übertragen wird, was mich irgendwie catcht. Ja, das wären so meine Empfehlungen derzeit.”

Als wir rausgehen, spiegelt sich die Sonne in den Pfützen, an denen wir auf dem Weg zum Bilderbuch-Auftritt vorbeilaufen. Jede wie ein kleiner Ozean. (Auf Ozean Song verlinken)

  1. Foto: Elena Peters Arnolds ↩︎