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“Es reicht nicht aus zu sagen: “Ich mag Frauen und Frauenbands genauso wie Männer und Männerbands.“ – The Foxies im Interview bei Rock am Ring

Geschrieben von am 8. August 2023

Beim diesjährigen Rock am Ring war es gar nicht so einfach eine Band für ein Interview zu finden, die nicht rein männlich besetzt ist. Umso mehr haben wir uns auf das Interview mit der amerikanischen Pop-Punk Band The Foxies gefreut. Radio Q-Musikredakteurin Sontje Mölders hat mit der Band, um Frontsängerin Julia Lauren Bullock, Gitarristen Jake Ohlbaum und Schlagzeuger Rob Bodley, unter anderem über die Unterschiede von Konzerten in Deutschland und Amerika, die Unterrepräsentation von Frauen auf Festivalbühnen und die Selbstdefinition als DIY-Band gesprochen. (Credit Titelfoto: Libby Danforth)

Q: Gerade im Rock und Punk haben wir zu wenige Frauen. Wo seht ihr den Grund dafür?

Julia: Wir Frauen haben Angst uns vollständig zu zeigen, weil die Gesellschaft uns so viel verbietet. Aber es ist an der Zeit, einen Scheiß darauf zu geben und das zu sagen, was wir sagen wollen. Wenn ich dazu beitragen kann, Frauen da draußen zu inspirieren, das Gleiche zu tun, dann mache ich etwas richtig. Die Bühne ist ein Ort der Macht, den wir außerhalb der Bühne nicht haben. Wenn wir auf der Bühne sind, haben wir dieses Gefühl von Macht, dieses Gefühl von: “Jetzt habe ich eine Stimme.” Ich kann sagen, was mir wichtig ist, und die Leute werden zuhören.

Q: Empfindest du es so, dass du dieses Gefühl von Macht außerhalb der Bühne nicht hast?

Julia: Ich denke, es ist sehr schwierig. Als Frau ist es schwer im alltäglichen Leben eine Stimme zu bekommen. Es ist schwierig, das zu sagen, was man möchte und gehört zu werden. Aber wenn du auf der Bühne die Botschaft der Liebe verbreiten kannst, dann machst du etwas richtig. Wenn du die Botschaft der Gleichberechtigung verbreitest, machst du auch etwas richtig.

Als Frau ist es schwer im alltäglichen Leben eine Stimme zu bekommen.

Julia Lauren Bullock
The Foxies und Bassist Chris auf der Orbit-Stage (Foto: Sontje Mölders)

Q: Jake, du hast einmal gesagt, dass du früher immer gedacht hast, du wirst einmal Frontmann einer Band. Als du dann Julia getroffen hast, hast du gesagt: “She is the frontman.

Jake: Sie ist wirklich gut und das haben Rob und ich bereits am ersten Tag erkannt, als wir zusammengearbeitet haben. Julia ist eine selbstbewusste Frau, die auf der Bühne beeindruckt. Und wir als Männer oder als Gesellschaft müssen darin investieren. Es reicht nicht aus zu sagen: “Ich mag Frauen und Frauenbands genauso wie Männer und Männerbands.” Man muss in sie investieren. Man muss rausgehen und sie finden, denn sie sind großartig. Ich wusste nicht, wer sie war, aber als wir uns trafen, dachte ich, ich kann mir niemanden vorstellen, der es besser macht als Julia.

Es reicht nicht aus zu sagen: “Ich mag Frauen und Frauenbands genauso wie Männer und Männerbands.” Man muss in sie investieren. Man muss rausgehen und sie finden, denn sie sind großartig.

Jake Ohlbaum

Q: Auf eurer Website steht, dass ihr eine DIY-Band seid. Wie würdet ihr das definieren?

Julia: Vieles von dem was wir tun, wohin wir auf Tour gehen und all die Meilensteine, die wir von unserer Bucket List abhaken konnten, verdanken wir unserem kleinen Team, bestehend aus der Band und unserem Manager Charles und unserem lieben Freund Bob, der eine Weile unser Verleger war. Wir sind ein sehr kleines, aber auch wachsendes Team. Wir sind wirklich sehr involviert in unsere Band. Wir mögen es, bei allem was wir tun, dabei zu sein, sei es bei der Musik oder bei der Organisation eines Konzertes oder was auch immer. Rob erstellt all unsere Grafiken. Je mehr wir tun können, desto glücklicher sind wir, denn es ist unser Baby. Wir möchten es richtig aufziehen.

Je mehr wir tun können, desto glücklicher sind wir, denn es ist unser Baby.

Julia Lauren Bullock

Q: Wie bewahrt ihr die Harmonie, wenn ihr zusammen auf Tour seid?

Jake: Wie in Familien gibt es auch Streitigkeiten und du musst mit Mitgefühl reagieren und dich verletzlich zeigen. Ich habe das Gefühl, dass alles in dieser Band eine Zusammenarbeit ist. Wenn du mit jemandem an einem Musikstück zusammenarbeitest oder versuchst jemanden dazu zu bringen, deine Bühne auf eine bestimmte Weise aufzubauen, versuchst du, dass sie etwas für dich tun. Es wird nicht wirklich funktionieren, wenn du ein Mistkerl bist. Du musst freundlich sein, selbst wenn du gegenüber jemandem bestimmt auftreten musst. Es geht also ständig darum, dieses Gleichgewicht zu finden.

Rob: Außerdem ist unser Therapeut Charles, unser Manager, wirklich der Kitt. Wir sind alle Brüder und Schwestern. Ich bin eine sehr eigensinnige Person, also könnte ich definitiv die führende Person sein, wenn es Ärger zwischen uns gibt. Ich meine es nicht böse. Man muss anerkennen, dass man in dieser Partnerschaft ist und dass jeder eigene Gedanken hat. Nicht jeder ist im gleichen Zeitrahmen wie du. Manchmal vergesse ich das und ich muss mich selbst daran erinnern, verdammt noch mal langsamer zu machen.

Q: Gibt es diese Art von Dynamik auch in eurem Songwriting-Prozess?

Julia: Wir geraten oft aneinander, aber wir geraten aus sehr guten Gründen aneinander, weil wir das Beste für die Band, das Beste für den Song wollen. Deshalb ist es so, wie es ist. Ich denke, dass dies definitiv ein starker Indikator für eine Band ist, die Bestand haben wird.

Rob: Ich verwende in Beziehungen immer den Ausdruck: “Ich kämpfe nicht gegen dich, ich kämpfe für dich.” Das ist eine bessere Perspektive. Es wirkt so, als ob ich vielleicht gegen dich kämpfe, aber ich kämpfe für das, was besser für uns ist. Und das musst du im Hinterkopf behalten. Manchmal gerät es aus dem Gleichgewicht, aber wenn du das im Blick behältst, merkst du, dass das dumm ist. Aber es gibt so viele Momente, in denen wir einfach auf der anderen Seite sind, weg von Streit und all dem Kram. Wir haben so viel Spaß zusammen. Wir bringen uns gegenseitig wie verrückt zum Lachen.

Ich verwende in Beziehungen immer den Ausdruck: “Ich kämpfe nicht gegen dich, ich kämpfe für dich.” Das ist eine bessere Perspektive.

Rob Bodley
The Foxies-Sängerin Julia Lauren Bullock bei Rock am Ring 2023 (Foto: Sontje Mölders)

Q: Julia, wenn wir auf deine heutige Bühnenperformance zurückkommen. Du arbeitest stark mit dem Publikum und für uns wirkte es so, als würdest du eher mit den Frauen im Publikum interagieren. Ist das etwas, was du absichtlich tust oder wie kommt das?

Julia: Nein, es ist nicht absichtlich. Ich denke, es hängt wirklich davon ab, wer sich während der Show mehr zu uns hingezogen fühlt.

Jake: Ich denke, Frauen holt unsere Musik mehr ab.

Julia: Die Frauen verstehen mich irgendwie, weil ich dasselbe tue wie sie. Das tue ich immer noch. Ich gehe zu Shows und bin einfach voll dabei, weil ich da oben sein möchte. Ich glaube, dass sich bei bestimmten Shows mehr Männer von der Musik angezogen fühlen als Frauen. Aber hier in Deutschland sind es vor allem Frauen und ich denke mir nur: “Hey, ihr seid alle meine Schwestern. Lasst uns das gemeinsam tun. Ich werde mich in Deutschland auf euch konzentrieren.”

Q: Ist die Interaktion mit dem Publikum in Amerika anders?

Jake: In Deutschland und in anderen Teilen Europas gibt es auf Konzerten einfach mehr Wertschätzung und Präsenz. Die Leute sind wirklich im Hier und Jetzt, während in Amerika viele in ihre Handys vertieft sind und das Konzert aufnehmen. Nicht, dass wir das nicht schätzen würden. Aber ich fühle mich hier draußen mehr mit den Menschen verbunden, weil sie die Musik mehr zu mögen scheinen. Aber es variiert von Show zu Show.

Julia: Ich empfinde es auch so, dass hier die Leute nicht scheu sind zu zeigen, dass ihnen etwas gefällt. Sie haben keine Angst, sich zu bewegen, zu singen und zu tanzen, während es in Amerika schwieriger ist, dass die Leute sich fallen lassen. Ich finde jedes Mal ein paar Leute in der Menge, die wie ein sicherer Hafen für mich sind und ich singe die meiste Zeit für sie.

Die Leute sind wirklich im Hier und Jetzt, während in Amerika viele in ihre Handys vertieft sind und das Konzert aufnehmen.

Jake Ohlbaum

Q: Ihr habt gestern bereits bei Rock im Park gespielt. Was waren da die Unterschiede beim Publikum und welches Festival fandet ihr besser?

Rob: Beide Festivals waren auf ihre eigene Art und Weise großartig. Mir hat die Indoor-Bühne bei Rock im Park gefallen, denn die Lichtshow gestern Abend war der Wahnsinn. Aber ich mochte den Windhauch heute Abend, weil ich gestern Abend geschwitzt habe. Das Publikum war bei beiden Festivals großartig.

Jake: Obwohl ich beidem vollkommen zustimme, denke ich, dass die Leute heute vielleicht eine bessere Show bekommen haben. Gestern war unser erster Auftritt auf der Tour und wir mussten ein paar Equipment-Sachen vom Flughafen wiederbeschaffen. Daher waren wir gestern vielleicht etwas angespannt. Aber heute war es eher: „Lasst uns das aufbauen, Baby, los geht’s.“

Q: Welchen Unterschied gibt es für euch zwischen einer Festivalshow und einem eigenen Konzert?

Julia: Ich habe das Gefühl, bei Festivals müssen wir uns beweisen. Es ist ein Moment, in dem wir sagen wollen: „Hey, wir sind mit einigen großartigen Bands hier. Es ist Zeit, alles zu geben, denn das sind Bands, mit denen wir eines Tages auf Tour gehen können.“ Ich denke, der Einsatz ist etwas höher, wir leben uns wirklich in den Festival-Kreislauf ein und es macht viel Spaß. Es ist wie ein riesiger Adrenalinschub.

Jake: Es ist schwer, einen prägnanten, kurzen und knackigen Vergleich zu geben. Ich denke, bei Festivals gibt es so viel mehr Kameradschaft, weil es mehr Crewmitglieder, Zuschauer, Bands und Bühnen gibt. Ich mag auch die Intimität einer Show, bei der es nur um diese beiden Bands für ein oder zwei Monate geht. Aber ich liebe es auch hier zu sein. Denn wie ich es bereits über Deutschland gesagt habe, gibt es einfach einen solchen Rausch, bei einem Festival zu sein und es macht so viel Spaß, Teil dieser Energie zu sein.

Rob Bodley, Julia Lauren Bullock und Jake Ohlbaum im Interview mit Radio Q (Foto: Thomas Dahlmanns)

Q: Wir haben bei uns im Radio das Format „Platte für die Insel.“ Dabei fragen wir Leute, ohne welches Album sie auf einer einsamen Insel nicht leben könnten. Welches Album wäre das für euch?

Rob Bodley: Wir haben tatsächlich genau darüber gestern im Van gesprochen. Ich hasse es zwar, das zu sagen, aber ich muss es sagen: Make Yourself von Incubus. Und wir haben es heute gehört.

Julia Lauren Bullock: Ich würde Sam Cooke‘s Greatest Hits auswählen.

Jake Ohlbaum: Ich würde Abbey Road von The Beatles auswählen.