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Rock am Ring – Nachbericht

Geschrieben von am 14. Juni 2023

Am vergangenen Wochenende (02.06.2023 – 04.06.2023) waren wir auf einem der größten Festivals Deutschlands unterwegs – Rock am Ring (Titelbild-Quelle: Marius Althof). Wie der Veranstalter in einer Pressemitteilung bekannt gab, rockten insgesamt 150.000 Besucher*innen beim Zwillingsfestival auf dem Nürburgring in der Eifel und auf dem Zeppelinfeld in Nürnberg. Damit blieb das Festival-Duo aus Rock am Ring und Rock im Park bei der Anzahl der Besucher*innen deutlich unter den eigentlichen Zielen der Veranstalter*innen zurück. Alleine bei Rock am Ring verkauften sich im Vergleich zum Jahr zuvor knapp 20.000 Wochenendtickets weniger. Die am häufigsten genannten Gründe für den verhaltenen Verkauf waren zum Einen die deutlich gestiegene Ticketpreise – so mussten die Besucher*innen knapp 300€ für ein Festivalticket mit Camping bezahlen. Zum anderen konnte das dargebotene Line-Up zu diesem hohen Preis nicht vollends überzeugen, weshalb auf dem Festivalgelände – insbesondere am Samstag – viel Platz vorhanden war. 

Endlich ein diverses Line-Up?

Der Veranstalter selbst sprach von einem „bis dato noch nie so vielseitigem und diversem Bühnenprogramm.” Mit der Vielseitigkeit des Line-Ups kann jedoch höchstens die Anzahl der Acts – insgesamt „rockten” 72 Acts am Wochenende auf drei Bühnen – und die Genrebreite der Darbietungen gemeint sein. Denn auch bei der diesjährigen Auflage von Rock am Ring konnte man weibliche Acts an wenigen Händen abzählen. Dies veranlasste die Indie-Pop-Band Blond am Samstag dazu, ihren Song Männer, in dem die Unterrepräsentation von Frauen auf Festivals thematisiert wird, dem Rock am Ring Festival zu widmen. 

Technische Probleme am ersten Festivaltag

Doch beginnen wir am Anfang des Festivals. Die irisch-US-amerikanische Folk-Punk-Rock-Band Flogging Molly eröffnete das Wochenende bei bestem Festivalwetter. Wie der Veranstalter mitteilte, war es sogar das beste Wetter seit 30 Jahren bei Rock am Ring. Doch nicht nur das Wetter sorgte dafür, dass die Menschen in Scharen zur Hauptbühne zu Flogging Molly pilgerten und die Band feierten. Die Band schaffte es mit ihren bekannten Songs wie Drunken Lullabies und Devil’s Dance Floor die Fans zum Tanzen zu bringen. 

Weiter ging es auf der Hauptbühne (Utopia-Stage) mit den Acts Jinjer, Fever 333, dem Special-Act Olaf der Flipper, Yungblud, Limp Bizkit und Rise Against. Über den ganzen Tag verteilt gab es technische Probleme auf der Hauptbühne. Davon waren insbesondere die Bands Jinjer und Limp Bizkit betroffen, die ihr Set sogar kurzzeitig unterbrechen mussten.

Emotional packender Auftritt der Foo Fighters

Den ersten Tag auf der Hauptbühne schloss der Headliner Foo Fighters ab. Die US-amerikanische Rockband um den Frontsänger und ehemaligen Nirvana Schlagzeuger Dave Grohl zog die Fans mit ihren Welthits Everlong, Learn to Fly oder Best of You, aber auch mit brandneuen Songs aus dem am gleichen Tag releasten Album But Here We Are, in ihren Bann. Besonders emotional war der Auftritt auch deshalb, da die Foo Fighters erstmals wieder nach dem plötzlichen und tragischen Tod ihres Schlagzeugers Taylor Hawkins, der im vergangenen Jahr während der Welttournee der Band in Kolumbien verstarb, in Deutschland spielten.

Auch die Newcomer Friends Dont Lie können die Besucher*innen überzeugen

Aber auch auf den beiden anderen Bühnen des Festivals konnten die Besucher*innen am ersten Festivaltag spannende Acts sehen. So hatte die deutsche Rockband Friends Don’t Lie den mit Abstand größten Auftritt ihrer noch sehr jungen Karriere. Die drei Jungs aus der Nähe von Frankfurt konnten mit ihrem ersten Auftritt direkt einen Bandcontest gewinnen, wodurch sie die Möglichkeit hatten, bei Rock am Ring und Rock im Park vor tausenden Besucher*innen auftreten zu können. Die Band eröffnete mit ihrem erst vierten Auftritt ihrer Bandgeschichte also direkt eine der drei Bühnen auf einem der größten Festivals in Deutschland. Im Anschluss an den Auftritt haben wir uns mit den Jungs getroffen und unter anderem über ihren schnellen Aufstieg, dem Problem mit rechten Strukturen im Genre Rock und über die Unterrepräsentation von weiblichen Acts auf Festivals gesprochen. Das Interview gibt’s bald auf unserer Homepage zum Nachlesen.

Volles Haus bei Apache207

Besucher*innen des Festivals, die am liebsten etwas härtere Töne in der Musik bevorzugen, konnten dann direkt bei der Orbit-Stage verweilen. So spielten bekannte Post-Hardcore-Szenegrößen wie Touché Amoré, die Metalcore Band Motionless in White oder die Metalband Meshuggah auf dieser Bühne. Und auch Rap-Fans kamen am ersten Festivaltag auf ihre Kosten. Auf der dritten Bühne des Festivals, der Mandora-Stage, gaben sich die Rap-Acts Mehnersmoos, Juju, Badmómzjay, Finch und Apache 207 die Klinke in die Hand. Bereits an diesem Tag wurde auffällig, dass die Stimmung bei den Rap-Acts einen absoluten Höhepunkt erreichte. Finch versammelte tausende Menschen vor der Bühne – ein Ende der Crowd war nicht mehr erkennbar. Und das obwohl er gleichzeitig mit dem Headliner, den Foo Fighters, spielte. Bei Apache207 gab es für die meisten Fans dann kein Halten mehr. Der Ludwigshafener war selbst komplett begeistert von der Energie der Crowd und erklärte, dass er gerade selbst sehr gerne Besucher dieses Festivals wäre.

Männer-Party am zweiten Festivaltag

Der zweite Festivaltag begann mit der bereits beschriebenen Band Blond. Die Indie-Pop Band aus Chemnitz, die aus den Schwestern Nina (Gesang, Gitarre) und Lotta Kummer (Gesang, Schlagzeug) sowie Johann Bonitz (Gesang, Bass, Synthesizer) besteht, unterscheidete sich durch das Geschlecht von Nina und Lotta von den meisten anderen Bands und Acts des Festivals. Aus diesem Grund widmete die Band ihren Song Männer dem Festival und besang dabei die Unterrepräsentation von Frauen im Backstagebereich. Der Song ist Teil des vor kurzem erschienenen Albums Perlen. Am gleichen Tag sollte aus Sicht der Veranstalter*innen auch keine weibliche Künstlerin mehr die Hauptbühne des Festivals betreten.

So spielten nach Blond die britische Rockband Nothing But Thieves, die deutsche Indie-Pop Band Provinz, die US-amerikanische Rockband Incubus, die amerikanische komödiantische Rockband Tenacious D, die deutsche Hip-Hop-Formation KIZ, sowie die US-amerikanische Rockband Kings of Leon, die ausnahmslos alle aus (größtenteils weißen) Männern bestehen. Die von den Organisator*innen angepriesene Diversität kann in Bezug auf die Geschlechtergerechtigkeit zumindest auf der Hauptbühne auch nach langem Suchen im Line-Up nicht gefunden werden. Es stellt sich die Frage, was die Organisator*innen des Festivals unter Diversität erfassen.

Ekstase bei den Rap-Acts, halbleeres Gelände bei Kings of Leon

Was die Genres angeht, kann die Vielseitigkeit des Line-Ups dennoch hervorgehoben werden. Diese Vielseitigkeit wurde von den Besucher*innen auch größtenteils gewürdigt und gut angenommen. Stammtischdiskussionen in der Form: „Aber es heißt doch ROCK am Ring” sind wahrscheinlich älter als das Festival selbst und kommen häufig sogar von Menschen, die das Festival nicht mal besuchen. Denn alle Besucher*innen vor Ort konnten den eigentlichen Samstagsheadliner bereits in der Zeit von 21:20-22:30 genießen. Denn zu dieser Zeit standen die drei Berliner Maxim, Tarek und Nico (zusammen bekannt als KIZ) auf der Bühne und sorgten für völlige Ekstase auf dem Festivalgelände. Die drei Rapper schafften es mit ihren absoluten Klassikern wie Ein Affe und ein Pferd und Urlaub fürs Gehirn, aber auch mit Tracks aus ihrem 2021 erschienen Album Rap über Hass – die mittlerweile selbst schon zum Teil Kultstatus genießen – die Menge komplett zum Ausrasten zu bewegen. 

Eine Art Generationenwechsel bei Rock am Ring scheint sich demnach abzuzeichnen. Zwar war Rock am Ring nie ein reines Rockfestival, weshalb die Diskussion darum, ob bestimmte Acts überhaupt zum Festival passen, eher sinnlos erscheint. Doch insbesondere der Auftritt von KIZ machte deutlich, dass die Besucher*innen ein Festival wie Rock am Ring nicht zwingend aufgrund der künstlerisch hochwertig gemachten Livemusik besuchen, sondern weil sie Spaß haben und eine große Party feiern wollen. Dies wurde insbesondere auch dadurch deutlich, dass die Menschen in Massen von der Hauptbühne weg wanderten, als die drei Jungs von KIZ die Bühne verlassen hatten. Der Auftritt des eigentlichen Headliners Kings of Leon fand danach vor halb leerem Gelände statt und konnte bei kaum jemanden Begeisterung hervorrufen. Die Personen, die nicht schon nach KIZ zu einer andere Bühne oder auf den Campingplatz wechselten, machten dies in großer Anzahl spätestens nach wenigen, einschläfernden Songs.

Ein anderes Stimmungsbild zeigte sich auf der Mandora Stage. Dort spielte zur gleichen Zeit wie die Kings of Leon der Deutschrapper Kontra K und konnte – ebenso wie zuvor KIZ – die Festivalbesucher*innen in Ekstase versetzen. Auch hier war – ähnlich wie am Tag zuvor bei Finch und Apache207 – kein Ende der Menschenmasse zu erkennen. Den Tag beendete die amerikanische Alternative-Rock-Band Evanescence. Leider konnten auch diese den Spirit des Konzertes von Kontra K nicht fortführen. So konnte man überwiegend negative Meinungen zum (musikalisch guten!) Auftritt von Evanescence vernehmen. Viele empfanden den Auftritt für die späte Uhrzeit als langweilig und zu wenig animierend. Im Vergleich zum Vorjahres-Late-Night-Special Scooter und dem Auftritt von Apache207, einen Tag zuvor zu ähnlicher Uhrzeit, war ein deutlicher Stimmungsabfall zu spüren

Neben den Konzertbesucher*innen interviewten wir – zusätzlich zu der deutschen Rockband Friends Don’t Lie – außerdem die Bands Pabst, Die Nerven und The Foxies. Auch diese Interviews werden demnächst auf unserer Homepage veröffentlicht.

Würdiges Ende des Festivals durch BMTH und Die Toten Hosen

Den Sonntag und somit das Festival auf der Hauptbühne beendeten Die Toten Hosen mit ihrem bereits 9. Auftritt bei Rock am Ring. Die letzte Band, die auf dem Festival spielte, war die britische Band Bring Me The Horizon. Die Jungs aus Sheffield konnten mit einer headlinerwürdigen Show überzeugen. Denn nicht nur beliebte Songs wie Can You Feel My Heart, Throne oder Kingslayer führten zu Moshpit an Moshpit, auch das Bühnenbild und die Animationen auf den Leinwänden wussten zu überzeugen.

Insgesamt lässt sich sagen, dass auch das diesjährige Rock am Ring ein schönes Wochenende mit vielen tollen Auftritten war. Ob einem dieses Erlebnis den mittlerweile doch sehr hohen Preis wert ist, muss jede*r für sich selbst abwägen. Wenn dieser Bericht Lust darauf gemacht hat im nächsten Jahr selbst dabei zu sein: Die Tickets für das nächste Jahr können schon unter www.rock-am-ring.com erworben werden. Dann findet das Festival vom 07. – 09.06 am Nürburgring in der Eifel statt.