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Wer steht auf der Todesliste von Audio88 & Yassin?

Geschrieben von am 22. Februar 2021

Audio88 & Yassin sind endlich zurück. Nachdem das Duo mehrere Jahre mit ihrem Vorgängeralbum Halleluja auf der gleichnamigen Tour waren haben sie nach 5 Jahren endlich den Nachfolger veröffentlicht. Todesliste ist gewohnt bissig und knöpft sich die gesamte Gesellschaft vor. Deutschlands Schlechtes Gewissen ist zurück und teilt gegen Nazis, Cottbus und Cottbusser Nazis aus. Außerdem kommen RTL2, Talkshows und Politiker auf ihre Kosten. Dabei ist das gemeinsame Album ungewohnt persönlich. Musikalisch hat das Duo die creme de la creme der deutschen Produzentenlandschaft versammelt u.A. Bazzazzian, Farhot, Drunken Masters und Ghanaian Stallion. Die Todesliste ist lang und es wird sicherlich noch etwas dauern, diese abzuarbeiten. Wir haben uns in der Zwischenzeit mit der selbsternannten Kultband Audio88 & Yassin unterhalten, um herauszufinden, ob wir auch auf der Liste stehen. Dabei haben wir nachgefragt, was auf ihrem Grabstein stehen sollte und wie wahrscheinlich ein Haftbefehl Feature ist. Außerdem haben wir über Rassismus, der deutschen Rap-Landschaft, Wikipedia und den nächsten Tour-Support gesprochen. Eine Album-Rezension zu Todesliste findet ihr hier. Das gesamte Interview findet ihr auch auf Soundcloud.

Das Interview führten Anna Girke, Mel Kinkel und Yunus Gündüz.


Mel: Yassin, erstmal alles gute nachträglich übrigens. 29.01. hattest du Geburtstag oder? Alles Gute!

Yassin: Ja Dankeschön, Danke, Danke.

Mel: Audio88 auch oder?

Audio88: Nicht am gleichen Tag, aber kurz zuvor, ja. Es ist JETZT zu lang her um nachträglich zu gratulieren, aber danke für den Versuch.

Mel: Noch kein Monat – ich find, dann geht’s immer.

Yunus: Wir kennen uns ja auch noch nicht so lange. Aber euer gut recherchierter Wikipedia Artikel: Wann ändert ihr den eigentlich? Thema Lo-Fi HipHop.

Audio88: Ist schwierig selbst… Man muss in Wikipedia so ein bisschen drin sein, um überhaupt Dinge zu editieren. Selbst wenn es dein eigener Wikipedia Artikel über dich ist, kannst du nicht einfach sagen: ‘Ne, das ist größtenteils Quatsch was da drin steht und ich würds gern korrigieren’, das ist ein bisschen kompliziert und zeigt uns aber auch immer wer Wikipedia für ‘ne seriöse Quelle hält und wer nicht. Von daher ist das ein ganz guter Test für Interviews.

Mel: Ich hab auch letztens noch irgendwo gehört, dass es komisch ist bei Wikipedia, mit diesen Machtstrukturen und wer da jetzt irgendwas bearbeiten darf und wer nicht. Also wenn man mal auf die Diskussionsseite der Wikipedia geht, sieht man auch, dass es richtig krank ist teilweise.

Audio88: Das wusst’ ich nicht, ich weiß nur, ich kann nicht – ich DARF nicht editieren. Man muss schon vorher mal was gekonnt haben auf Wikipedia und das kann ich nicht.

Yunus: Vogelkundler werden wahrscheinlich.

Audio88: Irgendwie sowas.

Yunus: Die Promophase bestand bei dir, Audio, hauptsächlich aus BossHoss und Merz. Angesichts dessen, finden beide nicht auf dem Album statt. Gerade bei Merz hätt ich vielleicht erwartet, dass er ein bisschen Raum einnimmt. Oder habt ihr das Thema ad acta gelegt, nachdem ihr ihn verhindert habt?

Audio88: Sowohl als auch, also zum einen war Master Abgabe, bevor diese Gefahr Friedrich Merz spürbar wurde. Deswegen war Social Media der Kompromiss zu Album verschieben. Sonst hätten wir einfach noch einen Song machen müssen, das Album nochmal verschieben müssen und dann hätt’ ich mir das auf Twitter sparen können, aber ich glaub mit dem Kompromiss konnten alle ganz gut leben. Und wenn wir ihm jetzt einen ganzen Song gewidmet hätten und in hoffentlich zwei Jahren gar keiner mehr weiß, wer der Typ überhaupt war, dann hätten wir auch nur so eine Archivleiche auf dem Album gehabt.

Yassin: Aber K.I.Z. haben ihn auf ihrem Album. Gibt ‘ne Line von Niko. Er hat mir erzählt, dass er nach dem Twittergrind Schiss hatte, dass wir vielleicht die gleichen Punchlines haben.

Audio88: (lacht) Ja, stimmt, der hatte den auf dem ersten Track vom Album. 

Yunus: Wir hatten ja schon Gelegenheit in das Album reinzuhören. Auf Kein Regen heißt es: Auf meinem Grabstein soll stehen: Ich muss euch nicht mehr sehen, Grüße von hier oben, das ist Pisse und kein Regen. Da haben wir uns gefragt: Was soll denn WIRKLICH auf euren Grabsteinen stehen?

Audio88: War nicht so gemeint. (lacht) Alles nur Spaß!

Yassin: Vielleicht auch einfach irgendwas behaupten, wie…

Audio88: Hat die Post-its erfunden!

Yassin: Ja sowas, oder mehrfach Platin ausgezeichnet, wir vermissen dich.

Audio88: Geliebter Freund. Vater von 12 Kindern.

Yunus: Ihr habt selbst gesagt, das Video zu Garten tut in den Augen weh, ist das analog zum Album so, dass die Hörenden deutlich öfter schlucken sollen oder müssen als bisher?

Yassin: Müsst ihr sagen.

Yunus: Also ich hab auf jeden Fall stellenweise gedacht “Oh, ist schon schwierig…”

Mel: Ich hab’s gestern in der WG angespielt und mein einer Mitbewohner meinte, es wäre auf jeden Fall nicht leicht zu hören. Also es ist schon anstrengend. 

Audio88: Wie bekifft war dein Mitbewohner?

[alle lachen]

Kann er sich ja nochmal nüchtern anhören. Und dann sein verschwommenes Urteil nochmal gegenchecken.

Yunus: Ich kann nur sagen, ich fands geil. Aber mal zu euren Visuals, ihr habt diesmal das komplette Artwork aus einem Guss, mit Valentin Hansen als Künstler – es ist ja schon ein Schritt jemandem so das komplette Ding zu überlassen. Was fandet ihr so geil an dem, dass ihr ihm so viel Vertrauen entgegen bringen konntet?

Yassin: Wir fanden Valentin so geil. 

Audio88: Voll.

Yassin: Der hat sich das Vertrauen vorher schon mühsam erspielt. Wir sind keine einfachen Kooperationspartner wenn man mit uns das erste Mal zusammenarbeitet. Ich würd jetzt lügen wenn ich sage wir wären nicht so ein bisschen Kontrollfetischisten, aber mit Valentin haben wir vorher schon gearbeitet: Zum ersten Mal bei meinem Soloalbum, da hat er zusammen mit Chehad Abdallah das ganze Artwork gemacht und auch so Merchandise Kram und dann haben wir immer mal wieder mit ihm gearbeitet und mit jedem Mal mehr war die Begeisterung größer für das was er macht so. Wir sind beide komplett vernarrt in diesen Jungspund. Der Typ ist einfach megatalentiert. Also es ist weniger so ein ‘wir haben das aus der Hand gegeben’, sondern wir waren eigentlich einfach mega glücklich und geehrt dass er alles machen wollte. Das war eigentlich das Geile, dass es dann letztendlich geklappt hat und er bei jedem Song und bei jedem Video gesagt hat ‘ja ok, komm, mach ich’. Da waren wir sehr glücklich und sind es auch heute noch.

Mel: Wir möchten gern noch auf die Produzenten der Tracks zu sprechen kommen. Neben altbekannten Gesichtern wie Torky Tork und Yannic, habt ihr dieses Mal neue Gesichter mit an Bord. Gerade Bazzazzian sticht heraus aber musikalisch harmoniert ihr wahnsinnig auf Lauf. Wie kam der Kontakt zustande und hattet ihr das schon länger in Planung?

Audio88: Geplant kann man nicht sagen. Gewünscht haben wir uns das schon lange, spätestens seit Russisch Roulette. Das erste Mal habe ich mit Bazzazzian gesprochen bei der Goldverleihung von KIZ für Hurra die Welt geht unter, weil er da auf dem Album auch mitgewirkt hat. (Glücklich und Satt – KIZ) Und da hab ich, nachdem ich mir ein bisschen Mut angetrunken habe, ihm meine Liebe gestanden und ihn ein bisschen vollgelabert. Dann ist man sich auch so noch mal über den Weg gelaufen. Wir hatten bspw. zusammen mal eine Show in Hamburg mit Die Achse also Bazzazzian und Farhot. Und dadurch, dass es auch schon mit Farhot zu Kontakt kam und die beiden sehr eng sind hatten wir vielleicht schon ein bisschen mehr den Fuß in der Tür. Das da jemand für uns eintreten konnte und sagen konnte “nee nee die sind cool.”

Yassin: (lacht)

Audio88: Ein bisschen anstrengend aber cool!

Yunus: Haftbefehl Feature ist jetzt damit bestätigt?

Audio88: Nee, nicht bestätigt aber möglich.

Mel: Dafür habt ihr diesmal gar keinen Track mit Dexter oder Doz9 gemacht.

Yassin: Ja, das haben wir in der Vergangenheit schon gemacht, ist jetzt nicht so dass wir sagen ‘nee, machen wir nie wieder’, aber es war jetzt nicht der Wunsch ‘ey, wir machen alle fünf Jahre ein Album, dann lass doch einfach auf dem Album noch mal das Gleiche machen, wie letztes mal’. Das ist dann keine mangelnde Anerkennung für die Leute oder so und auch nicht das wieder irgendwie freundschaftlich Probleme hätten sondern es ist einfach nicht passiert.

Audio88: Ich glaub es sind auch nur Yannic und Farhot auf nem alten Album gewesen, die jetzt auch auf dem neuen sind. Von daher gab’s eh Fluktuation.

Yunus: Die nächste Frage habt ihr uns so ein wenig vorweggenommen, da wollten wir eigentlich wissen, ob ihr zu Pandemiebeginn noch am Album gearbeitet habt, oder ob’s schon im Mastering war.

Audio88: Neenee, wir haben es während Corona fertiggestellt. Wir hatten schon viel Material davor und auch noch während Corona neue Songs gemacht und waren irgendwann im Herbst fast fertig und haben’ Master abgegeben.

Yunus: Welcher Song war denn neu, oder welche sind denn neu?

Yassin: Äh, Plus Eins z.B. ist in der Pandemie entstanden.

Audio88: Fließbandjob auch.

Mel: Ausgerechnet Fließbandjob? So, wenn man nicht arbeiten gehen kann…

Yassin: Naja für uns…

Audio88: Wir mussten ja genauso weitermachen wie bisher, nur von zu Hause. Was ist denn noch zu der Zeit?

Yassin: Textmäßig…

Audio88: Klingelton!

Yassin: Klingelton, stimmt, mein Solosong auch. Ende in Sicht.

Audio88: Ja ich glaube das ist es. Ein paar Songs, die wurden dann während Corona fertig. Da haben wir  z.b. dann die die Texte schon vorher geschrieben, aber haben dann erst während Corona den richtigen Beat dafür gefunden und das alles zusammengefügt und einen Song draus gemacht, aus der Idee oder so. Das gab es schon, dass generell sich so ein paar Skizzen auch länger gezogen haben und nicht Song an einem Abend entstanden ist und dann fertig war, sondern dass manchmal auch Baustellen waren die halt ein Jahr oder auch zwei lagen und noch mal neu überarbeitet wurden.

Mel: Ihr arbeitet euch auch diesmal wieder ziemlich an der Szene ab, in euren Worten “dieselben Disses wie vor fünf Jahren” bringen wolltet Ihr aber nicht – wie hat sich denn die Szene in den letzten Jahren seit 2015 weiterentwickelt?

Yunus: Oder überhaupt weiterentwickelt?

Weiterentwickelt – also kapitalistisch gesehen sozusagen – es ist immer lukrativer geworden Rap zu machen.

Yassin: Es gibt keine Szene mehr würd ich sagen. Gab es damals auch schon nicht so richtig, außer in irgendwelchen Backstages von Festivals oder so. Es gibt nicht mehr so die großen Jams, wo dann alle sind und im Publikum stehen, oder dass man sagt keine Ahnung, der und der macht eine Party und dann sind da alle. Weiterentwickelt – also kapitalistisch gesehen sozusagen – es ist immer lukrativer geworden Rap zu machen. Rap nimmt auch immer mehr in der Musiklandschaft an Platz ein und an Stellenwert; wird immer ernster genommen. Hat Einfluss auf die Popmusik und ich glaube so insgesamt kann auf jeden Fall sagen dass raptechnisch, produktionstechnisch einfach mittlerweile ein ganz anderer Standard ist als in 2015.

Mel: Das ist ja erstmal gut. Oder nicht?

Yassin: Ja, auf jeden Fall. Deswegen muss einem nicht alles gefallen und auch inhaltlich ist das nicht weniger bedenklich geworden seit 2015. Bisschen oberflächlicher vielleicht noch. Aber jetzt so rein von der handwerklichen Entwicklung wäre schon Trauer wenn das immer noch auf dem Stand von vor fünf oder zehn Jahren wäre.

Mel: Werdet ihr in Zukunft generell mehr auf Gesellschaftskritik gehen oder im Grunde einfach das was euch gerade mehr aufregt?

Audio88: Das machen wir von den Streaming Zahlen vom Album abhängig. Welche Songs da gut performen und wenn die Leute mehr Bock auf Kein Regen haben, dann gibt’s halt einfach nur noch Vater-Beleidigungen und wenn die Leute mehr Bock auf Lauf haben, dann gibt’s halt schwere Kost – nein, ich glaube, dass dieses Gleichgewicht, oder diese zwei Pole, die die uns zusammen auch so ein bisschen ausmachen, dass die mal mehr und mal weniger einfach im Gleichgewicht sein werden. Je nachdem wie sehr die Gesellschaft gerade im Gleichgewicht ist – und wir persönlich auch.

Yunus: Apropos persönlich – danke an der Stelle, für die Überleitung – wenn man Cottbus, Freunde nimmt ist das Album wesentlich persönlicher als die alten Audio88 & Yassin Alben. Man hatte vorher bisschen den Eindruck, dass ihr das auf eure beiden Soloalben auslagert. Woher kam die Entscheidung dieses gemeinsame Album persönlicher zu Gestalten als Normaler Samt, Halleluja oder die Gedecke?

Dass wir nicht mehr bei jedem Thema uns einfach nur auf eine Wolke setzen wollten und euch alle auslachen […] Gibt ja auch Themen, die uns tatsächlich emotional nah gehen, aufwühlen.

Audio88: Zum einen war Yassins Album ein ganz großes Momentum, weil er da, also er selber, direkt gezeigt hat, dass er das kann, und sehr gut machen kann und auch machen möchte. Das hat mich natürlich auch mit angefixt. Zum anderen ist es aber auch etwas, was die Zeit und die Umstände und die gesellschaftlichen Entwicklungen irgendwie von uns gefordert haben. Dass wir nicht mehr bei jedem Thema uns einfach nur auf eine Wolke setzen wollten und euch alle auslachen und halt wie blöd ihr seid und wir machen unsere Witze drüber. Gibt ja auch Themen, die uns tatsächlich emotional nah gehen, aufwühlen. Wir wollten diesen Themen auch irgendwie gerecht werden, in der Hoffnung, dass das Leuten ebenso etwas gibt, wie unsere humoristische Sicht auf diese Dinge. 

Yunus: 2016 auf dem Frauenfeld Festival habt ihr – ich bin mir nicht so ganz sicher – in einem Backspin Interview gesagt, ihr würdet die Situation zu der Zeit als “Beängstigend” bezeichnen, ist das noch immer so? Also wie habt ihr die Entwicklung der letzten Jahre beobachtet?

Als mein Album kam, wurde ich […] gefragt, ob ich denn nicht superpessimistisch wäre […] Ich glaube, sowas lässt sich immer leicht sagen, wenn man nicht betroffen ist.

Yassin: Supercool, nee, total Entspannt! (lacht) Also nein. Als mein Album kam, wurde ich in ein paar Interviews gefragt, ob ich denn nicht superpessimistisch wäre, mit einem Song wie Abendland und ob ich denn gar nicht sehen würde dass sich auch Dinge zum Positiven verändern. Ich glaube, sowas lässt sich immer leicht sagen, wenn man nicht betroffen ist oder wenn man den Kontakt mit dieser Gefahr von Rechts nicht hatte. In unserem Fall ist es so, dass, also wir beide damit Kontakt hatten, beide wissen, dass das existiert und REAL existiert und nicht nur irgendwie in Twitter Kommentarspalten stattfindet. Man kann jetzt niemandem vorwerfen, dass er noch nie von Nazi vermöbelt wurde, oder sich im Einwohnermeldeamt blöd anmachen lassen musste, so wegen seinen Namen. Ist ja gut, wenn es vielen Leuten nicht passiert, aber glaube so der Respekt davor, dass andere Leute darunter leiden und das besser beurteilen können wie arg es darum steht – wenn der größer wäre, dann wären vielleicht die Leute nicht so überrascht von schlimmen Dingen, wie sie in Hanau beispielsweise passiert sind. Sondern würden mit einem klaren Blick sehen, dass das ein strukturelles Problem ist, welches nie weg war und größer wird.

So gesehen, also im Vergleich zu 2016, ist es noch viel besorgniserregender logischerweise und die Tatsache, dass es aber nicht so behandelt wird, wie es eigentlich behandelt werden sollte nämlich mit dem großen Aufschrei und eigentlich den großen Konsequenzen auch aus solchen Vorfällen wie in Hanau beispielsweise, zeigt ja dann erst recht, wie gefährlich das Ganze ist. 

Das man eigentlich nicht nur vereinzelte radikalisierte Individuen hat, sondern dass es auch ein Stück weit eine Akzeptanz gibt für diese Individuen – oder nicht nur ein Stück weit, sondern dass sie geduldet werden und relativiert wird was diese Individuen anrichten, ja und so gesehen, glaube ich, wird immer deutlicher, wie groß die Gefahr ist. Aber es wollen halt nicht alle so sehen. 

Mel: Würdest du da gern mehr politischen Aktivismus von den Leuten einfordern?

Yassin: Ich finde nicht mal dass es da politischen Aktivismus braucht, sondern einfach nur Empathie und ein Stück weit auch die die Bereitschaft auf eigene Privilegien zu verzichten und Gewohnheiten umzustellen und eben vor allem nicht dagegen zu halten. Ich glaube nicht, dass jeder, der in irgendwelchen Kommentarspalten, oder im Freundeskreis am Stammtisch, oder in seinem Betrieb, oder wo auch immer versucht diese Dinge zu verharmlosen, dass der automatisch befürwortet das sie passieren. Aber der Abstand zwischen dieser Relativierung und der Befürwortung ist sehr sehr klein. Da ist nicht so viel Platz dazwischen.

Ich glaube, wenn die Leute das wahrhaben würden, was da tatsächlich brodelt und was schon passiert ist und immer noch passiert, würde das schon viel verändern.

Mel: Also der Aktivismus fängt da schon an, wo man was sagt, gegen diese Meinung die da von Rechts irgendwo reinkommt?

[…] allein diese hufeisentheorie Scheiße die überall wiederholt wird, diskreditiert Leute, Menschen, die antifaschistische Arbeit leisten wollen. Gegen faschistische Strömungen gegen faschistische Tendenzen.

Yassin: Das auch. Man macht es Menschen, die wirklich aktivistisch arbeiten, die Widerstand leisten wollen, denen macht man es extrem schwer. Also allein diese hufeisentheorie Scheiße die überall wiederholt wird, diskreditiert Leute, Menschen, die antifaschistische Arbeit leisten wollen. Gegen faschistische Strömungen gegen faschistische Tendenzen.

Wenn man sich gegen diese Menschen stellt, ist man auf der Seite der Faschisten und das wird aber in der breiten Masse, sowohl Medial, als auch im politischen permanent getan so und das untergräbt die arbeit dieser Leute. Man muss ja nicht sofort sagen “Okay, ich halte jetzt Wachen vor Geflüchtetenheimen”, oder so und stell mich dann dazu und riskiere mein eigenes Leben, aber man kann auch einfach die Fresse halten wenn es andere machen und das entweder einfach passieren lassen und unkommentiert lassen, oder diesen Leuten eben den Rücken stärken und solidarisch sein.

Mel: Also meinst du es würde oft einfach schon reichen, wenn man sich damit solidarisch zeigt, oder auf großer gesellschaftlicher Ebene zeigt, dass es nicht mehr in Ordnung ist und wir mittlerweile in einer Zeit leben in der die Rechten einfach mal die Fresse halten und sich am besten direkt verpissen können.

Yassin: Das würd’ leider nicht reichen, aber es wäre auf jeden Fall schonmal eine Verbesserung. Ja, das auf jeden Fall.

Yunus: Jetzt sind wir auch schon so ein bisschen bei dem leidigen Thema Politik. Anfang des Jahres das Ding mit der Platzangst-Tour, die ihr Pandemie-Bedingt absagen musstet. Jetzt habt ihr ein bisschen Distanz davon und vor allem steckt ihr selbst, als Kulturschaffende da drin. Wie bewertet ihr denn die Coronapolitik und vorallem: Was läuft eurer Meinung nach falsch und was sollte besser laufen? Bezogen auf den Kultursektor.

Yassin: Wir sind zwar Betroffen, aber wir sind nicht unbedingt die besten Sprecher dafür. Da gibt es auf jeden Fall Leute, die es wesentlich besser machen. An der Stelle würde ich deshalb sehr gerne zum einen auf Alarmstufe Rot verweisen das ist ein Zusammenschluss aus Künstlern und Kulturschaffenden aber auch einfach Menschen wie Technikern oder Technikverleihen, venues also Konzert Locations, die sich da zusammengeschlossen haben und versuchen eine Lobbyarbeit für diese Branche zu betreiben. Zum anderen, auf der politischen Ebene – hoffe ich, spreche ich für uns beide – sollte man sich auf jeden Fall Zero Covid anschließen. Das ist ein Zusammenschluss aus unter anderem Wissenschaftlern, aber auch Journalisten und Politikern, die sich dafür einsetzen, dass wir eine andere Corona Politik bekommen und auch andere Maßnahmen ergriffen werden, die langfristig sinnvoller sind und die vor allem weniger Menschenleben kosten.

Also einen solidarischen Shutdown. Informiert euch da gerne auch auf zero-covid.org, folgt denen auf sozialen Medien, teilt die Petitionen, unterschreibt die Petitionen, damit das ganze hier vielleicht irgendwann mal ein Ende nimmt.

Yunus: Kann man sich auf jeden Fall mal anschauen, wenn man es nicht schon getan hat. Nochmal auf eure Konzerte zurückkommend: Die Bühnenshow selber, die von Hallelujah hab ich, glaub ich, schon dreimal oder zweimal miterleben dürfen,..

Yassin: Nur!?

Yunus: Ja, einmal in Düsseldorf, einmal in Münster, und es hat die Messlatte – Messe, witzig – ja schon ziemlich hoch gehängt. Könnt ihr uns schon verraten, was ihr so geplant habt, für die nächste Tour, oder dürft ihr schon verraten wer euch supportet?

Audio88: Ein guter Impfstoff wird uns supporten, hoffentlich (lacht) ein guter, sauberer und sicherer Impfstoff als Support auf der nächsten Audio88 & Yassin Tour – nee, soweit sind wir tatsächlich noch nicht. Wir sind sehr sehr intensiv damit beschäftigt die Daumen drücken, dass dieses Jahr überhaupt irgendwelche Konzerte stattfinden können. Wie die dann auszusehen haben, wissen wir hoffentlich dann. Das wird dann, weil wir ja auch Bock haben, werden die Ideen nur in uns rein hageln.

Yunus: Ich bin gespannt. Hat uns richtig gefreut, ich hätte hier am liebsten noch zwei Stunden rumgesessen und Nerdfragen zu Lord Scan (Rapper & Produzent) gestellt, aber wir wollen euch nicht länger aufhalten. Wir wünschen euch weiterhin viel Spaß, wir hatten auf jeden Fall sehr viel Spaß mit dem Album!

Beide: Dankeschön!

Yunus: Und hoffentlich geht die Promophase so schnell wie möglich vorbei.

Audio88: Nein! Sie soll zwei, drei Jahre laufen, so wie die letzte! Danke euch, war cool.

Yassin: Danke für das Gespräch


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