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Quadrophonie – das Plattenquartett im April 2020

Geschrieben von am 26. April 2020

The Garden – „Kiss My Super Bowl Ring” (mitgebracht von Jan-David Wiegmann)

Die Zwillinge Wyatt und Fletcher Shears alias The Garden haben mit „Kiss My Super Bowl Ring“ das spannendste Album ihrer Karriere veröffentlicht: generell das spannendste Album, das dieses Jahr erschienen ist und erscheinen wird! „Spannend“ heißt hier, dass die Songs alle musikalischen Grenzen sprengen, die wir bisher gewohnt sind. Die Kalifornier liefern den radikalen Gegenentwurf zu belangloser Musik, die den*die gelangweilte Bürger*in doch bitte unterhalten soll und bloß nicht von gängigen Normen abweicht – ja am Besten noch Retro Charakter besitzt um mit reaktionären Begierden jegliche kritische Meinungsbildung und Zeitgeistkritik zu unterbinden.

Wo The Garden auf ihren ersten Alben noch bekömmlichen Indie-Rock gespielt haben, hat sich ihre Musik zunehmend radikalisiert – nicht umsonst haben die beiden sich The Garden genannt, um zu verdeutlichen, dass ihre Musik wie ein Garten zunehmend aufblüht. Auf „Kiss My Super Bowl Ring“ ist kein Song mehr bekömmlich. Für die Produktion haben sie dazu mit den experimentellsten, futuristischsten (Anti-)Pop Produzenten Dylan Brady von 100Gecs und Jamie Bulled von Kero Kero Bonito zusammengearbeitet. Die Songs öffnen teilweise mit Grindcore Geschrei und verwandeln sich schließlich zu Slacker Hymnen im Stile Mac DeMarcos. Andere Songs wirken als würden die Jungs alte Red Hot Chilli Peppers CDs durch den Fleischwolf drehen oder Slipknot dazu knechten nun DnB zu spielen. Das alles klingt ungewohnt und definitiv gewöhnungsbedürftig – doch niemals leicht, locker oder verstaubt.

The Garden brechen mit jeglicher kapitalistischer Verwertungslogik, da kein Song gängigen Hörgewohnheiten entspricht. Die Songs wirken in einer Zeit in der Pop-Musik als Subversionsmodell ausgedient hat, aufregend rebellisch, gar anarchisch. Das ist nicht mal allein auf die Texte bezogen, sondern geschieht viel mehr aufgrund der wahnsinnigen musikalischen Strukturen.

Vielleicht ist das Jahr 2020 noch nicht bereit für die radikalen musikalischen Experimente auf „Kiss My Super Bowl Ring“, The Garden haben ihr Album trotzdem bereits jetzt veröffentlicht – Pech gehabt!

Songs:

  1. A Struggle

Kann man als Band einen innerlichen „Struggle“ musikalisch darstellen? The Garden geben mit „A Struggle“ die Antwort und lassen musikalische Teufelchen (Grindcore) und Engelchen (sommerlicher Slacker Indie-Rock) miteinander tanzen.

→ Moritz: Tolle Kombination von Grindcore, 80s Synth und Indie-Rock. Ich finde die Mischung richtig geil, hätte mir aber noch eine bessere Verknüpfung des Stile gewünscht.”

→ Yunus: Ein abgefahrener Genre-Mix. Gemixt wird primär Zeug, mit dem ich überhaupt nichts anfangen kann. Sorry JD, hier bin ich raus!”

→ Carlotta: Den Einstieg finde ich etwas anstrengend, aber der ist ja zum Glück nicht so lang. Der darauf folgende Stilmix von punkigen Gesang mit den Synthesizern, die den Song Richtung Electronic schubsen, gefällt mir aber ganz gut.”

  1. Sneaky Devil

Drum and Bass ist nicht tot! The Garden hüllen ihn auf „Sneaky Devil“ in ein rockiges Gewand und pöbeln gegen all die gesellschaftlichen Missstände von Klimawandel bis dem zu systemimmanenten Rassismus, die sie als „bastard ass fuck goblins“ bezeichnen.

→ Carlotta: Die Geschwindigkeit und der Rhythmus kriegen mich, der Gesang eher weniger. Ist aber auch einfach nicht mein Genre. Die Wut der Band kommt gut rüber und dieser dreckige Sound passt da natürlich.”

 → Yunus: Es geschehen noch Wunder! Ich kann The Garden was abgewinnen und in diesem Fall sogar sehr viel: Die Jungs ballern einem Drum&Bass der dreckigsten Sorte um die Ohren. Auf die Shouting-Passagen hätte ich persönlich verzichten können, aber trotzdem ist Sneaky Devil ein stabiles Brett.”

→ Moritz: Ich liebe diesen klassischen Drum ‘n Bass a la The Prodigy und als Mensch der sehr viel Metal hört, mag ich auch gerne Songs in denen geshoutet wird. Ich würde mir allerdings noch eine kleine Hook wünschen, die für mehr Eingängigkeit sorgen würde.”

  1. AMPM Truck

„AMPM Truck“ ist definitiv der eingängigste und lockerste Track auf „Kiss My Super Bowl Ring“. Zu einer zunächst treibenden, verspielten Melodie singen The Garden über die lebensbedrohliche Gefahr am Steuer einzuschlafen. Auch der Song nimmt musikalisch ordentlich an Fahrt auf.

→ Yunus: Vermutlich war das mal der Easy-Listening Song der Platte. Mittendrin hat man sich allerdings umentschieden und The Garden, allen voran der Drummer, drehen wieder richtig am Rad. Textlich unterhaltsam aber insgesamt ist der sprunghafte Stil nicht meine Welt.”

→ Moritz: “Dieser Song hat auf der einen Seite diesen Indiedisco-Vibe mit der eingängigen Hook auf der anderen Seite aber durchaus dieses richtig geile schnelle Schlagzeug, was man aus dem Hardcore kennt. Eine bessere Kombi gibt es nicht.” 

→ Carlotta: “Ich hab in der ersten Hälfte des Songs irgendwie abgeschaltet und wurde dann von den Drums wieder rausgerissen. Aber das war leider auch das Beste, was ich hierzu sagen kann. Generell ist mir der Song zu generisch, da waren die beiden anderen definitiv interessanter.”


Fazit Moritz: Ein super mutiges Album, was extrem viele meiner Lieblingsstile kombiniert. Man weiß nie, was für eine Art Musik beim nächsten Song kommt. Einzelne Stile hätten aber manchmal noch eleganter verknüpfen werden können. 8 von 10 Sternen 

Fazit Yunus: Einzelne Tracks wie Sneaky Devil stechen für mich raus, allerdings finde ich über weite Strecken den ständigen Genrewechsel eher anstrengend. Respekt an die Experimentierfreudigkeit und die technisch anspruchsvolle Umsetzung. Allerdings kann ich mit der Fülle und der Auswahl an Genres in diesem bunten Gitarren-Potpourri nicht viel anfangen. 5 von 10 Sternen

Fazit Carlotta: 

Diese wilden Sprünge durch alle möglichen Genres finde ich in manchen Songs interessant, in anderen dann wieder etwas anstrengend. Mir gefällt der grundlegende Grindcore einfach persönlich zu wenig, als das ich mir dieses Album öfter anhören wollen würde. Aber musikalische Umsetzung dieser sehr mutigen Platte ist wirklich bemerkenswert. 5 von 10 Sternen

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