Aktueller Song

Titel

Künstler

Aktuelle Sendung

Moebius

00:00 18:00

Aktuelle Sendung

Moebius

00:00 18:00


Panda Bear, Sonic Boom & Adrian Sherwood – Reset In Dub

Rezensiert von am 20. August 2023

       

Im Jahr 1995 wagte der Dub-Pionier Mad Professor ein Experiment, das zwei der neuesten und angesagtesten Musikstile in Großbritannien zusammenführen sollte: Trip-Hop und Dub. Basis für das Experiment lieferte das 1994 erschienene Album “Protection” der Trip-Hop Formation Massive Attack aus Bristol. Mad Professor bearbeitete jeden Track des Albums in typischer Dub Manier, fügte Hall, Distortion und Hörner hinzu, verlangsamte die Vocals teilweise bis zur Unkenntlichkeit und hinterließ eine hochgiftige Mixtur, die außerhalb von Raum und Zeit daher zu schweben schien. “No Protection” machte Dub als Tool erkenntlich, mit dem es möglich ist, linear-strukturierte Musikstücke aufzusplitten, neu zu arrangieren und in eine düstere Schwerelosigkeit zu befördern.

Neben Mad Professor, Jah Wobble und weiteren Dub-Giftmischern im England der 90er Jahre, frickelt auch Adrian Sherwood an heimischen Modular-Systemen herum und kreiert Dub Remixversionen für Nine Inch Nails oder Primal Scream. So gelangt Dub aus der Nische an die Oberfläche und Sherwood wird zum gefragten Produzenten, zum Beispiel für die kürzlich verstorbene Sinéad O’Connor.

Wie sein Weggefährte Mad Professor einst mit seinen Dub-Bearbeitungen Massive Attacks “Protection” neu arrangierte, versucht sich Sherwood nun an einem zeitgenössischen Album zweier Größen der psychedelischen Musik – Panda Bear & Sonic BoomsReset” aus dem vergangenen Jahr. Sonic Boom, bekannt als eine Hälfte der spacigen, sedierten Psychedelic-Rock Formation Spacemen 3, trifft auf Panda Bear, den Gitarristen und Drummer der psychedelischen Folk-Pop Truppe Animal Collective. “Reset” versprüht mit seinen verspielten Gitarrensounds, Schellenkränzen und Choralen Passagen den Reiz der Beach Boys in ihrer “Pet Sounds” Ära. Sunshine Pop der feinsten Sorte.

Ein fröhlicher Clap-Along Song wird zu einem psychedelisch-dubbigem Sumpfgebiet, sodass die Apfelmännchen nur so vor den Augen verschwimmen.

Anders als der von Mad Professor ge-dubbte Trip-Hop, dessen düstere, verspulte Beats eine perfekte Grundlage für den Dub Sound liefern, scheint “Reset” mit seiner aktiven, psychedelischen Sunshine-Atmosphäre schwerer für die Verspultheit des Dubs zugänglich zu sein. Es braucht schon einen kreativen Produzenten wie Adrian Sherwood, der das Genre und die Produktionsherausforderungen kennt wie kaum ein Anderer, um dem Album eine neue, aufregende Interpretation hinzuzufügen. Und bereits der Opener “Gettin To The Point Dub” zeigt Sherwoods Raffinesse. Die Schnelligkeit und Aktivität des Songs wird zugunsten eines langsam treibenden Grundbeats heruntergefahren. Später baut Sherwood Conga-Sounds ein sowie ein Saxophon, dessen langgezogene Töne in alle möglichen Schichten und Richtungen moduliert werden. Der Stereo-Effekt kommt voll zur Geltung und spätestens wenn der mit Hall bearbeitete Gesang Panda Bears einsetzt, zündet der Dub-Effekt. Ein fröhlicher Clap-Along Song wird zu einem psychedelisch-dubbigem Sumpfgebiet, sodass die Apfelmännchen nur so vor den Augen verschwimmen.

Letztendlich sind jene Versionen am Stärksten, die einem “analogen” Instrument durch Dub-Bearbeitung ein ganz neues Klang-Spektrum verschaffen. Seien es die “gespiegelten” Streicher im “Whirlpool Dub” oder die leicht neben der Spur verhallenden Klavieranschläge im “Livin’ In The After Dub”. Teilweise ist nicht mehr ersichtlich, welche Instrumente überhaupt den jeweiligen Song begleiten. Zu verschraubt, zu verzerrt sind die jeweiligen Sounds. Und das sind die wahrhaftig psychedelischen Momente – das Aufgehen in einem Sound, der nicht greifbar oder zu klassifizieren ist. 

Mit “Reset” hat sich Sherwood ein Album vorgenommen, dessen Bandbreite an eingesetzten Instrumenten und Sounds außergewöhnlich hoch ist. Für einen Klang-Artisten seiner Liga der geeignete Spielplatz, um sich jede Schicht einzeln vorzunehmen und an ihr herumzuschrauben. Während “No Protection” als Meilenstein einer Dub-Albumbearbeitung eher die düsteren, blubbernden und zischenden Sounds aus dem Dub-Giftschrank hervorholt, ist SherwoodsReset Dub” eine Dub-Blumenwiese, die durch ein LSD-getränktes Hirn wahrgenommen wird. Eine einzigartige Massage für die Synapsen.


Label: Domino Records
Veröffentlicht am: 18.08.2023
Interpret: Panda Bear, Sonic Boom & Adrian Sherwood
Name: Reset In Dub
Online: Zur Seite des Interpreten.


Weiterlesen

Nächster Beitrag

Supershy – Happy Music


Thumbnail
Vorheriger Beitrag

Jungle – “Volcano”


Thumbnail