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King Gizzard & The Lizard Wizard – Butterfly 3000

Rezensiert von am 13. Juni 2021

       

“Es ist eine unserer leichtesten Platten, und sie ist aus dieser wirklich schwierigen Zeit heraus entstanden. Wir haben uns mit diesem Album selbst herausgefordert, etwas zu machen, was wir noch nie zuvor gemacht haben, nämlich eine positive, erhebende Platte in großen Tonarten.”

Stu Mackenzie

Wenn Stu Mackenzie, Sänger von King Gizzard & The Lizard Wizard, vier Monate nach dem letzten Album solche Töne in den Mund nimmt, dann muss das ja was heißen. Diese sieben, in meinen Augen entweder komplett alltagslosen oder einfach wahnsinnigen Musiker aus Australien kommen wieder mit ihrem Running Gag um die Ecke: ein neues Album nach absurd kurzer Zeit. Ein neues Album, dass schon wieder weder Gähnen noch Überdruss in mir hervorruft. Und allen voran ein Album, dass wieder hingeht zum wilden Psychedelic Rock der Band und dabei komplett positiv gestimmt ist.

Im wahrsten Sinne des Wortes, denn KGLW haben es sich zur Verpflichtung gemacht, auf “Butterfly 3000” jeden einzelnen Song in Dur-Tonarten zu schreiben. Das bringt den mittlerweile 18. (!?!) Longplayer der Band sowohl weg von den mikrotonalen Experimenten  aber auch von dem doomigen Metal-Sound der letzten Konzeptalben. Da kommt erstmal dieses Acid-freundliche Artwork von Jason Galae mit, natürlich, 3000 Schmetterlingen, die in verschiedenen Farben angeordnet eine optische Täuschung bilden. Allein schon beim Betrachten davon kann ich die melodisch-farbenfrohe Upbeat-Tanzmusik, die mich auf diesem Album erwarten wird, schon regelrecht schmecken und mich auf ein Bad in akustischen Wiederholungen vorbereiten.

Der Opener Yours kommt direkt aus so einem Loop angewabert und ergießt sich dann in einem sehr tanzbaren Drive. Mit einem durchweg positiven und hoffnungsvollen Appell an die Liebe und Freundschaft geht es nahtlos weiter in Richtung Shanghai, einem meiner liebsten Tracks auf “Butterfly 3000”, wo es etwas ruhiger zugeht. Nach einer durchzechten Nacht in der Großstadt schlüpfen die Schmetterlinge mit Hilfe von kleinen Glöckchen und Xylophonschlägen aus ihrem Kokon und tanzen auf einer pentatonischen Skala über den Himmel. 

Bye Bye, Shanghai, I’ve become a butterfly, born again overnight.

“Shanghai” von King Gizzard & The Lizard Wizard.

Shanghai ist aber in meinen Augen auch ein Abschied an die Mikrotöne der letzten Schaffensphase, die hier nochmal zelebriert werden. Mit Dreams folgt dann das komplette Commitment an den bekannten hypnotischen Sound der Band: Geloopte absteigende Melodie-Abfolgen und die ständige Wiederholung der Textzeile I only wanna wake up in my dream versetzten mich in einen trance-artigen Zustand. Bis die Lyrics dann irgendwann verschwimmen und ein bisschen ins alptraumhafte abdriften, als wäre man fast an dieser Möglichkeit des Träumens vorbei geschrammt. Aber kurz darauf wendet sich der Song, Glück gehabt,  davon auch wieder ab und fließt zurück ins fröhliche Dur-Land  … ab zu Blue Morpho, der auf dem gleichen Synth-Ton in einem ähnlichen drive weitergeht. Die Melodiefolge aus Dreams wird nur minimal verändert und ein paar pentatonische Skalen werden ergänzt.  

Im Grunde ist es Avantgarde, aber ein Sechsjähriger könnte es genießen

Stu Mackenzie, Sänger von KGLW.

“Butterfly 3000” zeigt sich hier schon als ein musikalisch anspruchsvolles Album mit komplexen Schichtungen aus Synthesizern und Motiven und aufgebrochenen Akkorden, dass einem diese Komplexität aber nicht aufdrängt. Zwischen den Strophen von Interior People brechen auch weiter fernöstliche Einflüsse durchm, werden aber immer dominiert von dem Original- King Gizzard & The Lizard Wizard Psych-Rock. In einer wieder entspannteren Phase reflektiert die Band hier den Lockdown, in dem sie merkwürdige Gewohnheiten im Homeoffice auseinander nehmen, der wohl generischste Song auf diesem Album. Während Catching Smoke und Black Out Soup mit Lyrics über Trips mit verschiedensten Drogen (es wird besser, wenn du diese Suppe trinkst!) und wilden Ritten durchs Nachtleben wieder Fahrt aufnehmen, plätschern 2.02 Killer Year und Ya Love zu einer Prise Harfe wie ein Tag am Strand auf das Ende des Albums zu. Besonders letzterer ist ein wunderschönes Liebeslied im King Gizzard Style, immer noch tanzbar und mit ständiger, fast anpreisener Wiederholung an “your Love”. 


Dieser Sommertag endet mit einem gedämpften Herzschlag, versteckt unter Loops im Übergang zum selbstbetitelten Closer von “Butterfly 3000”. Und da fliegen kurz vorm Ende die tausend kleinen Synthesizer-Schmetterlinge los, auf zum nächsten Album, bei dem diese nimmersatte Band bestimmt wieder in der Lage ist, mich zu überraschen, sich aus einem alten Kokon zu schälen und neu zu entdecken.


Label: KGLW
Veröffentlicht am: 11.06.2021
Interpret: King Gizzard & The Lizard Wizard
Name: Butterfly 3000
Online: Zur Seite des Interpreten.


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