Best of erste Jahreshälfte
Rezensiert von Nicola Koch on 19. Juni 2022
Pünktlich zur ersten Jahreshälfte gibt es bei uns statt einem Album der Woche eine kleine, feine Auswahl beliebter Alben der Woche aus den vergangenen sechs Monaten.
Animal Collective – Time Skiffs (4. Februar 2022, Domino Recording)
Im kühlen Februar gab es da ein doch sehr tropisches Album, dass mit seinem kaleidoskopischen, psychedelischen Sound vollkommen begeisterte. Es handelt sich um Time Skiffs von Animal Collective, das mittlerweile 11. Studioalbum der Band aus Baltimore.
Das Album überzeugt mit einem Cluster-haften, kaleidoskopischen Sound, der zunächst kaum fassbar ist und dadurch ein ganz neues Beschreibungssystem verlangt, wie sie bereits die großartigen Animal Collective Alben “Sung Tongs”, “Feels” oder “Merriweather Post Pavillion” verlangten. Sprengt den Geist.
Francis Harris – Tresholds (25. Februar 2022, Scissor and Thread)
Die mit Abstand außergewöhnlichste Scheibe auf unserer Liste kam Ende Februar von Francis Harris. Auf “Tresholds” hüllt der Künstler aus Brooklyn Hörer*innen in breit gefächerte Klangstrukturen ein, die sich extrem minimalistisch aufbauen – ein typisches Merkmal für “Ambient” Musik.
“Thresholds” lebt von mal minimalistischen, mal breit aufgebauten Sounds, Instrumentensnippets aus der Ferne und immer wieder einem Hauch von Melancholie. Nach diesem Album ist man eingehüllt in Klang – und hat vielleicht darüber das Warten auf was auch immer vergessen.
ROSALÍA – MOTOMAMI (18. März 2022, Columbia Records)
Eine der bekannteren Künstlerinnen auf dieser Liste ist sicherlich Rosalía, die im März mit ihrer dritten Scheibe “Motomami” die gesamte Redaktion zum Tanzen brachte. Darauf verbindet sie klassische Flamenco- und Reggaeton-Elemente mit avantgardistischen elektronischen Ansätzen.
Stand Rosalía auf ihren ersten beiden Alben El Mal Querer (2018), das als Album des Jahres der Latin Grammy Awards ausgezeichnet wurde, und Los Ángeles (2017) vor allem für die Fusion traditioneller andalusischem Flamenco mit Reggeaton, reicht ihre dritte Platte von Bachata über elektronische Industrialbässe bis hin zu vokal absolut außergewöhnlichen Sopranballaden, die stimmlich an den Klang FKA Twigs‘ erinnern.
Fontaines D.C. – Skinty Fia (22. April 2022, Partisan Records)
Für Fans von Post Punk muss da eine Platte auf jeden Fall vertreten sein – es handelt sich um “Skinty Fia” von Fontaines D.C. aus Dublin. “Skinty Fia” bedeutet dabei übrigens so viel wie “Die Verdammnis des Rehs” – eine irisch-gälische Redewendung, die genutzt wird, wenn etwas richtig schief gegangen ist.
Insgesamt gelingt Fontaines D.C. mit Skinty Fia mal wieder ein Post-Punk Meisterwerk, dass vor allem durch viele repetitive Strukturen schnell im Ohr bleibt, aber auch nach dem 10mal hören nicht monoton und langweilig wird. Die einzigartige Stimme von Frontmann Grian Chatten sorgt dazu für richtige Gänsehautmomente auf dem Album und auch textlich lässt sich die leicht depressive Stimmung perfekt ausdrücken.
Vomit Heat – Second Skin (6. Mai 2022, Ana Ott)
Im April sorgte der Kölner Musiker Nils Herzogenrath aka “Vomit Heat” in unserer Redaktion für Frühlingsgefühle. Auf seinem zweiten Studioalbum “Second Skin” webt er ein dichtes Geflecht an Soundstrukturen, die an Shoegazebands wie “my bloody valentine” erinnern und verbindet diese mit emotionalen Lyrics.
Second Skin ist ein wahnsinniges gelungenes Album, auf dem Vomit Heat es in scheinbar spielender Art und Weise schafft, sämtliche musikalische Einflüsse mit intimen Lyrics und durchdacht produzierten Soundelementen zu kombinieren. In das dabei entstandene dichte Klangbett dürfen sich Hörer*innen sorglos fallen lassen – ein wirklich hörenswertes Projekt, für das es sich unbedingt lohnt, Vomit Heat und auch das dahinterstehende Independent-Label Ana Ott aus Mühlheim an der Ruhr zu unterstützen.
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