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Superbloom 2025 – Nachbericht

Written by , on 26. September 2025

Was ergeben zwei Radio Q-Musikredakteurinnen, vier Tage in Bayern, knapp 50 Artists und unendlich viel Bratwurst? Richtig, das Superbloom Festival in München. Carlotta Aupke und Anika Hagen haben die 7-stündige Zugfahrt in den Süden Deutschlands auf sich genommen und München musikalisch vollends und kulinarisch mäßig für euch erkundet.

© Poster: Superbloom Festival

Das Festivalgelände erstreckte sich quer über den Olympiapark. Sammelpunkt war hier das Stadion, wo beide Main Stages für die Headliner*innen nebeneinander aufgebaut waren. Wer direkt im Anschluss zur nächstgrößeren Stage, der NeoNeoStage, wollte, musste einen kleinen Fußmarsch bis zum anderen Ufer des Olympiasees hinlegen. Dort fanden auch die Q-Favoritinnen Dilla und Ikkimel Platz. Die Kulisse rund um die Stage hat das Gefühl von einem großen Garten vermittelt, welcher durch ein paar Sitzgelegenheiten und den Blick aufs Wasser zwischen den Acts einen angenehmen Spot zum kurzen Ausruhen bot. Die Kapazitäten für die Crowd waren durch die inselhafte Lage der Bühne allerdings sehr begrenzt und für die meisten Künstler*innen, die dort aufgetreten sind, dementsprechend zu klein. Die Limitierung der Besucher*innen führte dazu, dass viele nur vom anderen Seeufer zuhören konnten, wenn man nicht schon einige Zeit vor den Auftritten auf den Einlass wartete. Ein ähnliches Problem fand sich auch bei den Main Stages im Stadion. Wer einen bestimmten Auftritt auf keinen Fall verpassen wollte, musste daher definitiv pünktlich sein, um noch passend einen Steh- oder Sitzplatz im Stadion zu ergattern. Der Einlass zum Stehbereich erfolgte außerdem vollständig über einen einzigen Eingang, was den regen Besucher*innenwechsel zwischen den Auftritten teilweise verzögerte. Dadurch, dass die Main Stages jeweils mit nur fünf Minuten Pause im Wechsel bespielt wurden, überschnitten sich der Ein- und Auslass mit den ersten Songs, was für etwas Unruhe im Stadion sorgte. Sobald aber erst mal ein Platz im Stadion gefunden wurde, konnte eine beeindruckende (Sound-)Kulisse bestaunt werden.   

Neben dem vollgepackten Musik Line-Up gab es noch ein ziemlich vielfältiges Rahmenprogramm, das von Dance Twerkouts über Kakaozeremonien bis hin zu DIY-Workshops ziemlich viel abgedeckt hat. Sehr beliebt war darunter auch die Karaoke Stage, auf der das ganze Wochenende sehr leidenschaftlich gesungen wurde. Wer sich außermusikalisches Entertainment wünschte, konnte sich zudem den Talk vom Podcast Mord auf Ex und die Zaubershow des Parodie-Duos Siegfried & Joy anschauen.

Das Superbloom überzeugte vor allem mit seinem abwechslungsreichen Line-Up. Headliner*innen waren Post Malone, Hozier, RAYE, Tiësto und Shawn Mendes. Ein Genre-Mix, der aber in den meisten Fällen die Grenzen des Pop streifte. Fragte man die Besucher*innen nach ihren Highlights, fielen die Antworten sehr unterschiedlich aus und es zeichnete sich keine klare Tendenz ab. So kam es immer wieder zu einem spannenden Kontrastprogramm, wie wenn Deutsch-Rapper Montez auf Indie-Pop-Sängerin Suki Waterhouse und Hyperpop-Ikone Ikkimel auf Folk-Artist Hozier folgte.

Auch das Schlager-Genre wurde nicht außen vor gelassen. Beim Auftritt der Italo-Schlager Gruppe Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys brannte nicht die Sonne, wie sie in ihrem Song „Baci“ singen, stattdessen fiel er genau in den Regenschauer. Vom schlechten Wetter ließen sich die Fans aber nicht die Laune verderben, im Regencape begaben sie sich zu „Bella Napoli“ mutig in den berühmt berüchtigten Schlagerstrudel. Im ganzen Stadion sprangen Menschen im Kreis umher, während sie lauthals mitsangen.

Die NeoNeoStage hinter dem Olympiasee hatte als drittgrößte Stage einiges zu bieten. Dort zog unter anderem Sänger und Schauspieler Omar Rudberg, den manche vielleicht aus der Netflix-Serie Young Royals kennen, ein großes Publikum an. Viele Fans hatten schon morgens in der ersten Reihe gewartet. Er überzeugte mit seiner Choreographie und dem Wechsel aus englisch- und spanischsprachigen Songs. Für Rudberg war es die letzte Show seines Festivalsommers und er präsentierte dort auch seine zu dem Zeitpunkt noch unveröffentlichte Single „Dying“. Statt Dance Tracks ertönten beim Geschwister-Duo Wasia Project sanfte Klänge von der Bühne. In den größtenteils ruhigen Songs kam besonders die Stimme von Sängerin Olivia Hardy zur Geltung. So wurde sie beim Song „ur so pretty“ nur von ihrem Bruder am Klavier begleitet und sorgte für einen Gänsehaut-Moment.

Nelly Furtado leitete den ersten Abend des Festivals mit einer Ladung 2000er-Nostalgie ein, was besonders für die 90s-Kids unter den Besucher*innen ein Highlight war. Ein Großteil der Setlist stammte von ihrem legendären Album „Loose“, das 2006 in Zusammenarbeit mit Timbaland veröffentlicht wurde. Neben Hits wie „Maneater“, „Say It Right“ oder „Promiscuous“ waren aber auch ihre aktuelleren Songs Teil der Sommertour-Setlist, was insgesamt eine runde Mischung ergab.

Auf sie folgte Sängerin RAYE, die das Publikum mit ihrer kraftvollen Stimme begeisterte. Sie kündigte direkt zu Beginn einen wilden Genre-Mix und ihren Hang zu ‚Dramatic Endings‘ an und führte uns bei Sonnenuntergang durch Jazz-Stücke über Pop-Songs bis hin zum Techno-Hit „Prada“. Die Künstlerin, die mittlerweile als Independent Artist ihre Songs veröffentlicht, beschrieb die Musik als ihre Medizin und verarbeitet in ihren Songs unter anderem das Thema sexualisierte Gewalt in der Musikbranche (siehe „Ice Cream Man“). Verewigt wurde der Superbloom-Auftritt auch in ihrem neuen Musikvideo für den Song „WHERE IS MY HUSBAND!“, für das sie ihr Set kurz unterbrach, um einen Ausschnitt mit der Crowd zu drehen. Dort werden wir auf jeden Fall reinschauen, denn RAYEs Performance hat uns nachhaltig beeindruckt.

Der erste Tag endete mit einem feurigen Set von Post Malone auf der Olympic Stage. Zuletzt hatte er ein Country-Album veröffentlicht und betrat passend dazu in Boots und Holzfällerhemd die Bühne, die plötzlich mehr an einen Saloon aus einem Western erinnerte. Sein Bud Light teilte er mit der ersten Reihe zum Song „Pour Me a Drink“. Zwischendurch baute er auch noch kurz ein paar Liegestütze ein, doch mit dieser hypermaskulinen Aufmachung brachen vor allem emotionale Songs wie „I Fall Apart“ und ermutigende Ansprachen, in denen er immer wieder betonte, dass seine Fans sich nicht davon abhalten lassen sollten, ihre Träume zu verwirklichen.

Nicht nur in der ersten Reihe bei Post Malone wurde reichlich Bier getrunken, auf dem Superbloom gab es ein umfangreiches Alkoholangebot. An der Aperol-Bühne konnten sich die Besucher*innen mit einem Aperitif eindecken und sogar im Front-Of-Stage-Bereich verkauften Mitarbeiter*innen Cocktails. Wie es sich in Bayern gehört, reihten sich außerhalb des Stadions auf dem Gelände die Bratwurst-Buden aneinander. Anlaufstelle für Veganer*innen war der Stand „Frisch, Gut und Anders“, an dem es eine vegane Version der deutschen Spezialität gab. Alternativ hatte der Stand zudem veganes Schnitzel im Angebot. Auch Pommes und Brezen-Fans kamen auf ihre Kosten. Sonst war die Dichte an Fleischgerichten überraschend hoch, während vegetarische und vegane Alternativen meist früh ausverkauft waren und auch eher provisorisch zusammengesetzt wirkten. Das für Festivals eigentlich typische breite Angebot an besonderen Köstlichkeiten blieb auf dem Superbloom leider aus.

Der zweite Festivaltag hielt einige Highlights für uns bereit. Ein Q-Favorite auf der Main Stage war Suki Waterhouse, die am zweiten Tag in der Mittagssonne das Stadion füllte. Im Boho-Kleid mit Sonnenbrille betrat sie die Bühne, dessen Aufmachung sich der Ästhetik ihres letzten Albums „Memoir Of A Sparklemuffin“ bediente. Für “Johanna” holte sie einen Fan auf die Bühne und performte den Song Hand in Hand. Am Nachmittag spielte der US-amerikanische Sänger Conan Gray. Sein neuestes und viertes Album „Wishbone“, das knapp die Hälfte der Setlist ausmachte, wurde nur zwei Wochen vorher veröffentlicht. Conan performte ganz nach seiner neuen Album-Ästhetik als Schiffbrüchiger in Piraten-Optik und löste mit seinen nahbaren und oft traurigen Songs jegliche Emotionen in der Crowd aus.

© Foto: Anika Hagen – Hozier

Indie-Folk-Künstler Hozier, dessen Songs schon seit seiner Debütsingle „Take Me To Church“ nicht nur musikalisch, sondern auch textlich anspruchsvoll und vor allem politisch sind, war erster Headliner am Sonntag. Er nutzte seine Stage Time dafür, auf globale Konflikte und demokratische Werte aufmerksam zu machen und forderte das Publikum dazu auf, seine Stimme gegen Menschenrechtsverletzungen zu erheben. Während des Songs „Eat Your Young“ zeigte er auf seinem Bildschirm die steigenden Zahlen von wohnungslosen und hungernden Menschen im Verhältnis zu militärischen Ausgaben. Auch für LGBTQIA*-Rechte sprach er sich aus und hisste am Ende des Auftritts eine Pride Flag.

Während Headliner Tiësto als Abschluss des Festivals im Stadion den Bass aufdrehte, sorgte das Hyperpop-Phänomen Ikkimel auf der abgelegenen NeoNeoStage für Partystimmung. Schon nachmittags wurden Fans aufgefordert, früh vor Ort zu sein aufgrund der begrenzten Kapazität und wenig überraschend war die Stage-Area schon weit vor Beginn der Show geschlossen. So kamen die Fans, die sich nach dem Hozier-Set das Kontrastprogramm Ikkimel anschauen wollten, in Scharen auf die NeoNeoStage zu, um dann jedoch am anderen Ufer des Olympiasees mitfeiern zu müssen. Auch dort fanden Moshpits statt zu Hits wie „Keta und Krawall” und „WHO’S THAT“. Für den Song „Nachtschicht“ stand Paul von 01099 mit ihr auf der Bühne, die Band war ebenfalls am Nachmittag beim Festival aufgetreten. Einen Höhepunkt fand die Show mit einer klaren Ansage: Männer kommen bei Ikkimel nur mit Maske auf die Bühne (mit Ausnahme des 01099-Sängers) und so lud sie für ihren Song „BÖSER JUNGE“ einen männlichen Fan in ihren Zwinger ein und setzte ihm eine flauschige Hundemaske auf.

Nachdem wir uns bei Ikkimel verausgabt hatten, mussten wir die am Festival-Wochenende gesammelten Eindrücke erst einmal verarbeiten. Wir konnten an den beiden Tagen ein wirklich breit gefächertes Livemusik-Angebot bei wunderschöner Kulisse genießen. Besonders gefreut haben wir uns darüber, Artists live erleben zu können, die aktuell nicht in Europa auf Headlining-Tour sind. Zwar war der Timetable sehr eng getaktet und die Wege etwas länger, den Aufwand haben wir aber gern in Kauf genommen. Allerdings würden wir uns freuen, wenn das kulinarische Angebot im nächsten Jahr die Abwechslung bietet, die auf musikalischer Ebene geliefert wurde.

Titelbild: © Julius Hatt

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