Current track

Title

Artist

Current show

Current show


Stadt ohne Meer Gießen 2025 – Ein Nachbericht

Written by , on 2. August 2025

Musikredakteurinnen Merit Kloppenburg und Emma Hülsey haben für Radio Q das Stadt ohne Meer-Festival im hessischen Gießen besucht. Leicht sonnengebräunt und mit einer vollen SD-Karte sind wir mittlerweile wieder zurück im verregneten Münster. Und damit ist es nun an der Zeit, von unserer Festivalerfahrung zu berichten.

Freitag

Foto: Emma Hülsey

Das Stadt ohne Meer-Festival begann am Freitag mit einem Willkommensgruß von der Band OK KID. Das Festival ist ein langjähriges Herzensprojekt der Popband aus Gießen. Kurz nach Beginn des Einlasses verteilte die Band im Schatten einiger Sonnenschirme kostenlosen Aperol Spritz an die Besucher*innen. Sänger Jonas Schubert wünschte den Besucher*innen viel Spaß bei den folgenden Acts und bedankte sich sichtlich gerührt für den Ticketkauf (warum der Ticketkauf für das Festival dieses Jahr von besonderer Bedeutung gewesen ist, könnt ihr in unserem Vorbericht nachlesen)

Foto: Emma Hülsey

Bei gefühlten 60 Grad eröffnete die Künstlerin Akryl im Anschluss die Hauptbühne. Trotz der Tatsache, dass alle, die nicht in den ersten drei Reihe standen, die warme Nachmittagssonne auf der Haut zu spüren bekamen, füllte sich der Platz vor der Bühne rasend schnell. Da sie zu dem Zeitpunkt nur einen Song released hatte, war es besonders schön, viele neue Songs zu erleben. Vor allem ihre Single „Wachstumsschmerzen“, die ein paar Wochen später rauskam, überzeugte dort schon live.

Danach weihte Musiker Tape Head gemeinsam mit seinem Produzenten NONI die etwas kleinere Nebenbühne ein. Die Menge wippte begeistert zum Indie-Rock Sound mit Texten über die verlorenen Zwanziger und über die Angst, Dinge und Momente zu verpassen (oder in kurz: FOMO). Bei dem Song „Zugzwang”, mit dem Tape Head im Herbst letzten Jahres vermutlich auf der ForYou-Page der ein oder anderen Person gelandet ist, waren die Besucher*innen besonders textsicher, sodass schon fast ein improvisierter Fan-Chor entstand.

Foto: Emma Hülsey

Paula Engels durfte Merit Anfang letzten Jahres in Münster als Voract von Provinz erleben. Doch wirkte sie damals noch etwas schüchtern auf der großen Bühne der Halle Münsterland, konnte man ihr beim Stadt ohne Meer keine Unsicherheiten mehr ansehen. Mit viel Gefühl besang sie auf den Punkt, was unsere Generation so bewegt – egal ob Liebe, Freundschaft oder das eigene Gefühlschaos. Auch dieses Mal war ihr Auftritt ein absoluter Höhepunkt und wir sind gespannt, wie sich Paula Engels Karriere weiter entwickelt.

Als Vorbereitung auf das Festival haben wir uns die Musik der Künstler*innen, die wir noch nicht kannten, angehört. Irgendwann waren wir dann auch bei OG LU angekommen. Ihr Song „Riot” lief auf Dauerschleife und es war klar, dass wir die Rapperin aus Frankfurt am Main auf keinen Fall verpassen wollen. Also standen wir am Freitag pünktlich um 18.45 Uhr vor der Bühne. Und tatsächlich – OG LU hat uns komplett abgeholt. Ihre Show war eine gute Mischung aus Texten mit politischen Zeilen und Tanzen zu Beats, die im Kopf bleiben. Wir sind davon überzeugt, dass Künstler*innen, die sich wie OG LU eindeutig politisch positionieren, in der Deutschrapszene fehlen und umso froher, ihre Musik durchs Stadt ohne Meer-Festival entdeckt zu haben.

Nach diesen zahlreichen Acts mussten wir dringend unsere Energie aufladen und checkten die Vielzahl an Essensmöglichkeiten aus. Während Merit sich etwas regional-untypisch für handgemachte Käsespätzle entschied, bestellte Emma eine Pizza. Das war nicht die beste Entscheidung, wie sich herausstellte, denn während Merit lange ihr Essen verputzt hatte, wartete Emma noch fast eine Stunde auf ihre Pizza. Ein kleiner Tiefpunkt, der aber sogleich von den nächsten Liveacts verdrängt wurde.

Abbildung ähnlich, Berq durfte leider nicht von Pressemenschen fotografiert werden (Foto: Kurt Müller)

Berq stellte sich als einer der beliebtesten Acts heraus. Schon lange bevor er selbst auf der Bühne stand, war der Bereich davor mehr als gut gefüllt. Obwohl wir ihn schon Anfang des Jahres in Münster live erleben durften, war seine Performance dennoch ein Highlight. Eine umwerfende Lichtshow samt Nebel und eine Aura, mit der der Anfang Zwanzigjährige die gesamte (und wirklich ziemlich große) Bühne einnahm.

Auf Berq folgte Kasi, der zusammen mit seinem Produzenten Antonius die Bühne abriss. Egal, ob ältere Songs oder gerade erst erschienene – die beiden wussten, wie man die Menge mitreißt. Auch als sie den Pophit „I don‘t care“ einspielten, konnte keine*r mehr ruhig stehen bleiben und die Menge wurde zu einer einzigen Party. Doch die beiden können auch anders. Mit ihrem Cover von „Nur ein Wort“ berührten sie die Crowd. Antonius, der auch selbst eigene Musik rausbringt, sang sogar allein einen seiner Songs („17″), denn – wie Kasi betonte – ohne Antonius gäbe es keinen Kasi. Der Auftritt gipfelte natürlich in dem wahrscheinlich bekanntesten Song „meinen die uns“, der sich großer Beliebtheit live, aber auch online, erfreut. Während Emma zum Wohl ihrer Kameras am Rand blieb, konnte Merit nicht widerstehen und schloss sich deshalb einem letzten großen Moshpit an. Erst im nächsten Fotograben sollten wir uns wiedersehen.

Foto: Emma Hülsey
Foto: Emma Hülsey

Abgerundet wurde der Freitag von Headliner Clueso mit Bangern wie „Cello” (jap, der Song mit Udo Lindenberg!) oder dem Lied „Zusammen”, das 2018 der offizielle ARD-WM-Song gewesen ist. Die Setlist war mit einer Abwechslung von Tanzsongs und melancholischen Balladen genau das Richtige für den warmen Sommerabend. Die Menge war so textsicher, dass Clueso das Mikrofon für kurze Passagen immer wieder in Richtung Publikum hielt. Dass die Technik langsam müde wurde und nicht mehr so ganz mitspielen wollte, war für den 45-Jährigen übrigens auch kein Problem: Clueso fing kurzerhand an, einen Song zu improvisieren und unterhielt damit die Zuschauer*innen so lange, bis das Technikproblem behoben war.

Samstag

Foto: Emma Hülsey

Der Samstag ging für uns direkt um 15.15 Uhr mit der Gießener Indie-Pop-Band woanders los. Obwohl es am Samstag mit über 35 Grad noch wärmer als am Vortag war, saßen die ersten woanders-Fans direkt nach dem Einlass um 14 Uhr wartend vor der Barrikade. Das ist wahre Hingabe! woanders erklärten, dass es für sie eine riesige Ehre sei, auf dem Stadt ohne Meer-Festival auftreten zu dürfen. Sie seien in den letzten Jahren immer als Besucher auf dem Gelände gewesen und hätten davon geträumt, einmal selbst auf einer der beiden Bühnen stehen zu dürfen. Klanglich erinnern woanders ein wenig an Kaffkiez und dennoch haben ihre Songs eine ganz eigene Signatur. Die Festivalbesucher*innen waren so begeistert von der Gießener Band, dass diese ihren geplanten Zeitslot ein wenig überziehen durfte.

Foto: Emma Hülsey

Neben woanders standen auch VAN HOLZEN auf dem Line-Up des Festivals. Emma durfte das Trio im März bei ihrer Tourshow in Münster schon einmal fotografieren und war dementsprechend gespannt, wie Festivalauftritte von VAN HOLZEN aussehen. Nach dem Stadt ohne Meer-Festival können wir euch ausschließlich nur Positives über die Ulmer Band berichten. Die Stimmung war, genau wie beim Konzert im Skaters Palace, einfach mega gut.

Nach VAN HOLZEN stand nun der Act an, auf den wir uns am allermeisten gefreut haben: Jassin. Kurz bevor der gebürtige Wittenberger auftrat, wurde es ganz schön kuschelig vor der Bühne. Jassin schien das Highlight viele Besucher*innen zu sein. Während seines Sets spielte er fast alle bisher veröffentlichten Songs und zur Freude der Fans auch zwei noch unveröffentlichte Lieder. „Bitte sei vorsichtig” hat der Rapper und Musiker im Vorfeld bereits ein paar Mal auf seiner ersten eigenen Tour im April und bei Supportshows in den letzten Wochen live gesungen. Dies führte dazu, dass auch bei diesem Song schon viele Zuschauer*innen mitsingen konnten. Stolz grinste Jassin quasi die gesamte Show durch (also wirklich jetzt, Emma hat nur 2 Fotos, auf denen er nicht lächelt).

Foto: Emma Hülsey

Mit Dilla folgte ein auch bei Radio Q gern gehörter Act. Mit einer großen Auswahl an Songs und zum Bühnenbild passenden Outfit zog sie alle in ihren Bann. Dabei wurde auch ihre neue EP angekündigt, sowie einige Songs davon schon angespielt. So viel soll gesagt sein, man kann sich definitiv darauf freuen. Ein erster Vorgeschmack auf die EP ist ihr neuer Song „Autopilot”, der auch in Gießen schon auf der Setlist stand.

Foto: Emma Hülsey

Ein weiteres großes Highlight war für Merit, dass sie zum ersten Mal Blumengarten live sehen konnte. Obwohl (oder vielleicht auch gerade weil) sie dann fast den ganzen Auftritt durchgeweint hat, war es für sie der krönende Abschluss eines unbeschreiblichen Festivalwochenendes.

Foto: Emma Hülsey

Zu guter Letzt durfte eine gebührende Afterparty nicht fehlen – und die wurde geliefert. Das DJ- und Produzenten-Duo Drunken Masters brachten eine Menge Songs mit, die sie (mit-)produziert haben. Von „Wie viel ist dein Outfit wert” von KUMMER, über „Zeit, dass sich was dreht” von $OHO BANI und Herbert Grönemeyer bis hin zu „Undertheker” von (Nico) K.I.Z war wirklich alles dabei. Natürlich legten die beiden aber auch Partyklassiker wie „I Love It” auf. Unserer Meinung nach war das der perfekte Abschluss für ein ereignisreiches und heißes Sommer-Wochenende.

Als Fazit würden wir sagen: 10/10, gerne wieder! Liebes Stadt ohne Meer, mach’s gut, halte durch und (hoffentlich) bis nächstes Jahr, es war sehr schön mit dir! Danke, dass wir da sein durften. Wir freuen uns auf ein (hoffentlich) weiteres Jahr, mit vielen tollen neuen Acts und guter Stimmung!

Foto: Emma Hülsey

Autoren


Continue reading