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c/o pop Festival 2025 – Ein Nachbericht

Written by on 21. Mai 2025

Geschrieben von Fee Briesemeister und Linda Kurtenbach

Sonntag, 27. April 2025, 18:21 Uhr, Sparkasse KölnBonn Filiale Subbelrath, 50825 Köln, ein Atz*innen Geruch liegt in der Luft – irgendwas zwischen Schweiß, Sonnencreme und Bier

Nach fünf Tagen c/o pop, in denen Aktivitäten wie Einhorn-Rodeo, Drag Wrestling, Jumping Fitness und natürlich eine Menge an Konzerten zum normalen Tagesgeschehen gehörten, könnte man meinen, dass auch ein Rave in einer Sparkassenfiliale nichts Außergewöhnliches mehr darstellt. Eigentlich ein schönes Symbolbild für das Festival, das Ehrenfeld ein paar Tage lang in eine riesige Spielwiese für Musik und Popkultur verwandelt hat. Wo die Leute sich vielleicht Anfang der Woche noch über ihre Geldanlagen beraten ließen (was macht man in einer Bankfiliale??? Ich weiß es nicht #financiallyresponsible), erinnert jetzt höchstens noch das Sparkassenschild über dem Eingang und das dezente Flackern der bürotypischen Rasteranbauleuchten daran, dass das hier ein Ort des gewöhnlichen Alltags ist – und eigentlich kein Club. Das dürfte aber weder die DJs an diesem Tag – sarah4k, Bitschu Batschu und 2HOT2PLAY – noch die Besucher*innen gestört haben. 


Mittwoch, 23. April 2025, 21:30 Uhr, Schauspiel Köln, 51063 Köln

© Lenny Rothenberg

Eine etwas weniger – aber trotzdem immer noch eher – ungewöhnliche Location bespielte der Berliner Rapper Apsilon zum Auftakt des Festivals. Das Schauspielhaus Köln bot dem Künstler im wahrsten Sinne des Wortes eine Bühne, auf der seine gesellschaftskritische und politisch aufgeladene Musik eine neue Dimension gewann. Apsilon bewegte sich durch das eindrucksvolle Bühnenbild aus einer brutalistischen Kulisse, bestehend aus einem Sprungturm und ausufernden Betonelementen, wie eine Figur aus einem Berliner Coming-of-Age-Film. Bereits nach einem Song erhoben sich alle Zuschauer*innen von ihren roten Theatersesseln und sollten sich auch den Rest des Sets über nicht mehr setzen.


Zwischen diesen beiden Events liegen fünf Tage, 66.000 Schritte, 12 Konzerte, 28 Powerbank-Ladungen, das ein oder andere Kölsch und 172 Digitalkamera Fotos. Radio Q-Reporterinnen Fee Briesemeister und Linda Kurtenbach haben sich voller Motivation und Vorfreude in das bunte Treiben gestürzt und – soviel sei gesagt – sämtliche Erwartungen (den Vorbericht findet ihr hier) wurden übertroffen. 


(Musikalische) Highlights 

Wir haben versucht, uns kurzzufassen. EHRLICH.

© Christian Hendel

„Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung” war das Motto für den Einstieg des Musik-Programms am Donnerstagnachmittag. Wir haben uns vom strömenden Regen natürlich nicht abhalten lassen und sind schnurstracks zum ersten Act des Tages marschiert. Dabei handelte es sich um Roy Bianco, der als Surprise-Act mit einem seiner Abbrunzati Boys Hits wie „Bella Napoli” von einem kleinen Balkon unweit der Ehrenfelder Bahnhofsbögen-Clubs Yuca und dem Club Bahnhof Ehrenfeld in ein Regenschirm-Meer trällerte. Die Stimmung war trotz nasser Füße gut.

Am Donnerstag hat uns besonders Emma Rose überzeugt, die trotz leicht angeschlagener Stimme eine super authentische und bewegende Performance abgeliefert hat. Wir waren uns einig: wer krank noch so singt, braucht sich um die Zukunft erstmal keine Sorgen zu machen. Neben ihren bisher veröffentlichten Tracks hat sie uns auch mit neuer Musik überrascht („Liebe Süße Mädchen” ist mittlerweile draußen, hört doch mal rein). Über ihren Auftritt sagte sie in einem spontanen Interview treffend und natürlich frei von Ironie:

© Telja Riechel

Nachdem wir uns bei Falafel-König Ehrenfeld – dem Zitat „besten Falafel-Laden der Stadt” – für unglaubliche 5,50€ (!!!) gestärkt hatten, mussten wir uns auch schon zur nächsten Location aufmachen, denn kurz darauf stand im Club Bahnhof Ehrenfeld die Show des Deutschrap-Newcomers Jassin an. Davor standen ebenfalls viele Menschen an, die nur mit Ach und Krach in den Gewölbekeller passten. Die Show war mit Recht eine der nachgefragtesten des Tages. Mit Live-Schlagzeuger, kompromisslos ehrlichen Texten, Gesellschaftskritik und einer Prise Autotune hat hier einfach alles zusammengepasst. Die Crowd war ausgesprochen textsicher, was Jassin sichtbar glücklich machte.

© Lenny Rothenberg

In die Kategorie „Das haben wir so auch noch nicht gesehen” fiel danach definitiv auch die Show von Kabeaushé. Das rund einstündige Set bot einen wilden Mix aus Strobo-Extase, aufgeheizten Raps untermalt mit extrem überfahrender elektronischer Musik und einem Artist, der sich auch als Drill Instructor einer Cycling-Class super geschlagen hätte. Wir haben selten bei einem Workout so viel geschwitzt und dabei Spaß empfunden. 


Der Freitag startete für uns mit einem zu diesem Zeitpunkt bereits fest etablierten Bestandteil eines guten Festivaltages: Iced Latte im Ain Café direkt an der Venloer Straße. Von da aus wurde dann der letzte Feinschliff am Plan, welche Live-Performances wir an diesem Tag sehen wollten, getätigt und es wurde schnell klar, dass der Freitag ganz im Zeichen von FLINTA*-Artists stehen sollte.

Zsá Zsá © Chiara Baluch
fyne © Chiara Baluch

Den Auftakt machte Zsá Zsá im Club Bahnhof Ehrenfeld und lieferte eine souveräne Performance, inklusive einiger unreleased Songs. Auch die deutsch-australische Multinstrumentalistin und Produzentin Hachiku und ihre Band überzeugten im artheater Keller in intimer Atmosphäre mit ihrem dreamy Indie-Pop. Weiter ging es im gleichen Genre, allerdings nochmal in einem anderen Vibe, mit der deutschen Indie-Newcomerin fyne. Auch sie hat die Erwartungen alles andere als enttäuscht, sowohl mit ihren eigenen Songs, als auch mit einem Cover von „White Ferrari”. Da mussten wir dann einmal kurz innehalten, weil Frank Oceans Songs live zu hören einfach immer was Besonderes ist und fynes Version ging definitiv nicht spurlos an uns vorbei – auf jeden Fall ein Highlight an dem Tag. Den krönenden Abschluss lieferte dann Alli Neumann in der Live Music Hall. Wenn man Alli Neumann schonmal live gesehen hat, dann weiß man eigentlich, dass das nur gut werden konnte. Und tatsächlich hat sie die Live Music Hall für eine gute Stunde in einen bunten Raum voller guter Laune und ganz viel Tanzenergie verwandelt. Neben altbekannten Songs hat sie dabei auch neue Musik angekündigt und einige unreleased Tracks gespielt. Wir freuen uns auf jeden Fall auf neue Musik von ihr und können euch nur empfehlen, wenn ihr mal die Chance dazu habt, auf ein Konzert von ihr zu gehen!


Nach einem durchgetakteten Freitag stand der Samstag unter dem Motto: „Mal schauen, wo uns der Wind hinträgt.” Der Wind kann an diesem Tag allerdings allerhöchstens als eine laue Brise definiert werden, weil sich Regen und Wolken netterweise verzogen hatten und stattdessen endlich mal die Sonne zum Vorschein kam. Nichtsdestotrotz haben wir uns an dem Tag einfach mal treiben lassen, an Programmpunkten hat es definitiv nicht gemangelt. Hier einfach mal eine lose Auflistung an Events, die wir an diesem Tag besucht haben (eine logische Kausalität in diese Liste zu bringen wäre genauso aussichtslos, wie unser gescheiterter Versuch am Freitagabend den Einlassstopp bei der Ballroom Performance zu umgehen):

  • Einhorn-Rodeo,
  • Mathea im Club Bahnhof Ehrenfeld,
  • Ski Aggu look-alike Contest,
  • Jumping Fitness von SACHSENTRANCE,
  • Streetfood Festival,
  • Bekkaa im YUCA,
  • ein Surprise Auftritt von Paraçek,
  • und bangerfabrique, die ebenfalls im YUCA aufgetreten sind.
Paraçek in der Live Music Hall © Lenny Rothenberg

Ihr merkt vielleicht schon, das bunte Programm ließ keine Wünsche offen und so war der Samstag auch der Tag, an dem wir die meisten Schritte gemacht haben (26.738, um genau zu sein). Nach vier Tagen Festival kennt man sich allerdings dann auch irgendwann ganz gut in Ehrenfeld aus. Mit dem guten Wetter und damit einhergehend auch einer Menge an Leuten auf den Straßen hat sich der Stadtteil gerade an diesem Tag von seiner besten Seite gezeigt. Viele der Programmpunkte waren am Samstag – und auch am Sonntag – gratis, also falls ihr Lust habt, nächstes Jahr ein wenig c/o pop Luft zu schnuppern, aber vielleicht nur am Wochenende Zeit habt, lohnt sich ein Kurztrip nach Köln auf jeden Fall. 

Ein Must-Have auf jedem guten Festival: der Ski Aggu look alike Contest © Lenny Rothenberger

Das musikalische Highlight an diesem Tag war für uns definitiv bangerfabrique. Die hatten wir bis kurz vor dem Festival noch nicht auf dem Radar. Mit ihrem Release „DUMM” sollte sich das allerdings (glücklicherweise) noch ändern und wir waren dann umso froher, die Möglichkeit zu kriegen, das Hip-Hop Kollektiv aus Hamburg live zu sehen. An diesem Punkt kommen wir an unsere Formulierungsgrenzen, weil was in diesen gut 45 Minuten im YUCA passiert ist, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Das YUCA wurde zu einem Raum voller queer and female Joy transformiert, mit einer – man kann es nicht anders sagen, auch wenn die Wortwahl auf der Hand liegt – bangermäßigen Performance von Nebou, Melle und ihrer DJ Roof. Es wurde auf jeden Fall GETANZT und versucht, den Tracks der Girlies so gut es ging gerecht zu werden. Tut euch selbst einen Gefallen und hört in die gerade erschienene EP von bangerfabrique rein.


Sonntag ist Markttag. Aus Spaß an der Freude wurde für das Wochenende ein großer Teil der zentral durch Ehrenfeld verlaufenden Venloerstraße abgesperrt und zu einer Mischung aus Straßenfest, Kreativmarkt und Open-Stage-Performances umfunktioniert. Hinzu kamen ein Streetfood-Festival sowie einige kostenlose Programmpunkte in umliegenden Cafés und Locations.

Natürlich wollten wir – getreu unserer Hands-On-Mentalität – auch selbst etwas ausprobieren: Da wir für den Kleidertausch nicht genug Material dabei hatten und uns der Wettbewerbscharakter des Hobby-Horsing-Turniers eher abgeschreckt hatte, haben wir uns schließlich der Roller-Dance-Disco im Hot Spot Tanzstudio gestellt. In unserem Fall handelte es sich wohl eher um Roller-Survival-Disco. Es wurde trotzdem im Rahmen unserer (begrenzten) Möglichkeiten abgerollt, was das Zeug hält und der ein oder andere (überlebenswichtige) Move erlernt. Darunter „Der Pinguin” und „Die Pizza”, sowie das korrekte Aufstehen nach dem Fall. Fazit: Wir würden es jederzeit wieder tun, nur dann vielleicht mit Knieschonern #wennsienichtgefallensinddannrollensienochheute


Was wir gelernt haben:

Wenn wir eins gelernt haben, dann sicherlich, dass bei der c/o pop alles kann, aber nichts muss: Du wolltest schon immer deine*n Lieblingsinfluencer*in auf offener Straße treffen? Kein Problem, ihn oder sie hier nicht zu sehen, ist quasi unmöglich. Du hast auf sowas gar keinen Bock? Okay, dann geh halt Rollschuh fahren und hab ne gute Zeit. Du wolltest schon immer tagsüber in einer Sparkasse abzappeln? c/o pop got you. Das wäre dein Alptraum, denn du liebst kleine verschrobene Venues mit funzeliger Beleuchtung? Auch ok, die gibt’s. Dein Konto lässt nach dem Ticketkauf keine großartigen Ausgaben für Streetfood-Festivals und Aperol-Stände zu? Gut, dann halt ein Kölsch vom Kiosk an der Ecke mit Falafel-Rolle für 5€.

© Christian Hedel

Eine Sache, die jedoch glücklicherweise allseits präsent ist und für die jegliche Alternativen ausgeschlossen sind, ist die wahnsinnig offene und tolerante Atmosphäre, die das Festival auf allen Ebenen vermittelt. Und wenn ihr jetzt Bock bekommen habt, nächstes Jahr das c/o pop Festival zu besuchen, haltet euch den 15. bis 19. April 2026 im Kalender frei. Wir sehen uns da!

Fotocredits: Beitragsbild © Christian Hedel / weitere Bilder © Lenny Rothenberg, Christian Hendel, Telja Riechel, Chiara Baluch / eigene Fotografien