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Appletree Garden Festival 2023 – Nachbericht

Geschrieben von am 20. September 2023

Ein Dorf in Aufruhr, Zehnjährige wurden Pfandmillionäre und nebenbei gab es unverschämt gute Acts. Das Appletree Garden Festival lässt sich von nichts und niemand stoppen – es konnte sich sogar zum zweiten Jahr in Folge erweitern.

Und zwar mit einer neuen Bühne. Nachdem letztes Jahr eine Schneise in das Holz geschlagen wurde, um die “tiefes Holz” Stage einzuweihen, die bis tief in die Nacht bespielt wird und auf der Nachts Tech- bis Deep House aufgelegt wird, kam dieses Jahr die “Oase” dazu. Hier hören wir im Gegensatz dazu eher Sounds, die wir auf einer Hausparty gerne mal mitsingen. Doch bevor es an die Musik geht, wollen wir uns zunächst mit dem Gelände vertraut machen. Ist das eine Feldstudie im wahrsten Sinne?

Das Appletree Garden Festival bot uns Festivalbesuchenden zum schlafen einen Platz auf dem Felde an. Dies liegt irgendwo zwischen dem Nährweg, dem Triftweg und dem Fladdermanns Busch gelegen und wird, wie man munkelt, den Rest des Jahres als Kuhweide genutzt. Für uns bedeutet das weicher Boden für die Zeltheringe und die realistische Chance am Donnerstag eine Tomatenpflanze in die Erde zu setzen, die dann am Sonntag bereits erste Früchte trägt.

Der Campingplatz war vom Platze auch in diesem Jahr gut bemessen. Es gab genügend Toiletten und “Dixies”. Und auch wenn sie nicht dort verortet waren, wo sie laut Plan stehen sollten, so gab es doch stets Toilettenpapier und vor allem eine regelmäßige Reinigung. Ausbaufähig sind die begrenzten Standorte für Frischwasser. Hier hätten es gerne doppelt so viele sein dürfen. Zudem fehlte uns eine Beschilderung, sodass wir auf dem Festivalgelände lange nach Trinkwasser suchen mussten und in der Camping Area an langen Warteschlangen vor den nur zwei Trinkwasserplätzen ausharren mussten.

Das war es auch mit der kleinen Kritik, denn ansonsten konnte uns dieses Jahr das Appletree vollkommen überzeugen und wir waren uns einig, dass wir es auf eines der schönsten Festivals der weiteren Region geschafft hatten!

Das Festivalgelände glänzte in bunten Lichterketten und farbiges Glas ließ bunte Sonnenstrahlen auf unsere Schultern fallen. Insgesamt war das Gelände außerordentlich kuschelig-süß-verträumt hergerichtet; an vielen Orten blieben wir staunend vor all dem mit viel Liebe platzierten Klimbim stehen.

Da fand sich beispielsweise eine riesige Discokugel im Wald, die uns mit ihrem Licht den Weg zu der dort gelegenen Bühne zeigte. Die neue Bühne “Oase”, an der wir in einer Art Schwimmbecken auf Rindenmulch tanzten und wo die DJs von ihrem Aussichtsturm als Bademeister*innen auf ihre tanzende Meute achtzugeben hatten.
Und schon der Eingang zum Festivalgelände, wurde glitzernd geschmückt von den zahllosen Lichterketten und bunten LED-Schläuchen.
Viele der Elemente waren aus Holz gezimmert und so ließ es sich gemütlich auf beispielsweise einer hölzernen Plattform sitzen und zwischen den Acts kurz verschnaufen.

Neben der Action auf dem Gelände selbst, waren auch in diesem Jahr wieder die Tore des Freibads in Diepholz geöffnet, in das wir für 2€ eintreten durften und dafür sogar mit einer dieser kleinen Straßenbimmelbahnen durch Diepholz gekarrt wurden. Choo-choo!
Auch hier wurde vor der guten Stimmung kein Halt gemacht und neben dem vom Schwimmbadpersonal inszenierten Strudel im Nichtschwimmerbecken – der dadurch entstand, dass hunderte Menschen im Becken im Kreis liefen – nahmen wir außerdem noch an einer improvisieren Wasseraerobic-Session teil. Plansch-plansch!

Am meisten waren wir, trotz allem was drumherum so gut gelungen war, dann aber doch von den Kunstschaffenden auf den Bühnen entzückt. Schon vor Beginn des Festivals schauten wir mit Vorfreude auf das Programm: Jeder Act ein Volltreffer. Für ein Festival dieser Größe ein unverschämt gutes Line-Up!

Wir waren bei so vielen Bands wie wir nur irgendwie konnten, selbst wenn wir dafür mal einen Mittag Hunger schieben mussten (jeden Tag 8€ für ein Handbrot oder ähnliches war dann doch außerhalb unsrer finanziellen Möglichkeiten). Deswegen sollen an dieser Stelle nur die Kirschen auf der Torte, die Spitze des Eisberges, die Sahne der Sahne genannt werden.

Die schönste Performance: Bilderbuch

Unglaubliche Energie einer Band, die seit mindestens 10 Jahren eine feste Größe in der Indie-Rock Landschaft ist. Mit ihrem letzten Jahr erschienenen Album Gelb ist das Feld, hat sich die vierköpfige Band inklusive Stilwechsel zurückgemeldet und das merkte man auf der Bühne. “Boys packen unsere Sexualität nicht”, sagte Sänger Maurice Ernst 2019 in einem Interview. Radio Q-Reporter Mel Kinkel hat es zum Glück gerade so ausgehalten, ohne sich vollkommen den Aufforderungen der Band, die Erde fruchtbar zu machen, hinzugeben. Aber ernsthaft, es war mitreißend diese Band zu erleben. Und das nicht wegen ihrem schieren “Fame-Status” (beide beim Festival anwesenden Reporter*innen würden sich nicht als Fans bezeichnen), sondern einzig und allein wegen der mitreißenden Performance, der tollen Akustik der Band und ihrer einzigartigen Art mit dem Publikum zu interagieren.

Die schönste Musik: Fuffifuffzich

Die Texte von Fuffifuffzich handeln von Love und Heartbreakerei. So schön ließ es sich nur bei ihr dahinträumen. Und das obwohl der Gitarristin Lordie gerade erst der Appendix entfernt wurde. Besonders wundervoll die Akustikversion von Ciao Amore Mio und Extrapunkte für die tolle Coverversion eines Herbert Grönemeyer Songs mit dem schlagenden Titel Alkohol.
Wie toll, dass wir sie auch im Interview haben durften <3 Da verriet uns Fuffifuffzich, dass ihre Songs eine Mischung aus “Innen ruhig und Außen laut” sind. Könnt ihr bald hier lesen.

Die schönsten Mixes: Alma Linda

Nicht nur ihr Bühnenoutfit war absolut bezaubernd, so war es auch ihre Musik. Sie bildete für uns den Abschluss eines wundervollen Festivals, indem sie am letzten Tag uns nahtlos von träumerischer Musik zum Träumen im Zelt brachte. Es war eine wahre Freude ihr zuzusehen, beide Radio Q Reporter*innen waren sich einig, noch nie eine Künstler*in gesehen zu haben, die auf der Bühne so voller Liebe zu ihrer eigenen Musik aufgeht.

Diese Geheimtipps haben uns aus den Socken gehauen: Erstens NNAMDÏ und zweitens QuinzeQuinze

Beide Bands bzw. Künstler bieten eine Mischung aus ruhigeren und sehr lauten/wilden Songs, der Stil jeweils schwer zu beschreiben.
Am ehesten mag man bei NNAMDÏ von einem Potpourri aus Math Rock, Synthies, Hip-Hop und Soul sprechen. Innerhalb von wenigen Songs stand dieser Künstler nicht mehr auf seiner Bühne, sondern im Publikum und hat mit uns gemeinsam die Lyrics seiner uns bis dahin unbekannten Songs gesungen. Passend zu seiner explosiven Energie, entstanden daraus Szenen, in denen Zuhörende und Artist sich gegenüberstehen und sich abwechselnd “IT’S DEDICATION!” zubrüllten.


QuinzeQuinze ist Musik, aber ist vor allem eine Erfahrung. Die Band bestehend aus fünf Leuten, interpretiert in ihrer Musik, die polynesische Legende von der Erschaffung der Welt. Das passiert mit vielen Drums, Synthies und einer Mischung aus Französisch und einer alten polynesischen Mundart. So vibriert die Performance zwischen uralt erscheinendem, predigendem und futuristisch-avantgardeistisch vorgetragenem Sprachteil. Der Sound bricht mit derart vielen Regeln der klassisch-westlichen Harmonielehre und ruft gleichzeitig das ursprünglichste Gefühl der Gruppen- und Naturverbundenheit hervor, dass man gar nicht anders kann, als sich im Fatalismus zu ergehen. Und so nicken wir bloß stumm, als einer der beiden Sänger behauptet, es fänge normalerweise stets an zu regnen, wenn sie ihren Song Muse spielen.

Zum Abschluss hier noch ein Tipp an die kleinen Jungs und Mädchen aus dem Dorf, die das Wochenende mit Pfandsammeln verbracht haben und nun Millionäre zu sein: Wenn ihr mit eurer ganzen Kohle nun das Appletree kauft, lasst es bitte weiterhin einen so tollen Ort sein, an den die Besucher*innen und Artists gerne kommen, aber subventioniert vllt die Handbrote ein bissl 😉

Übrigens sind nicht nur die Kinder, sondern alle Dorfbewohner*innen extrem emotional engagiert in das Festival und freuen sich augenscheinlich sehr über die 4 Tage im Jahr, an denen zwischen dem Nährweg, dem Triftweg und dem Fladdermanns Busch so richtig was los ist.

Habt ihr mitbekommen, dass der Sommer 2023 “durchwachsen”, “verregnet” oder “ausgefallen” ist? Auch wenn es auf dem Appletree Garden Festival dieses Jahr einen großen Regentag gab, können wir als Reporter*innen vom Festivalgelände, diese Aussagen nicht unterstützen. Denn was wir hier erlebt haben, reicht locker für drei Sommer im Herzen!