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Tigermilch im Interview

Geschrieben von am 18. August 2023

Auf dem Watt en Schlick Fest 2023 war die Kölner Band Tigermilch zu Gast. Musikredakteurin Frieda Krukenkamp hat die Vier nach ihrem Auftritt an der Nordsee getroffen. Es ging um Wunschfeatures, Sonnenuntergänge und Saunas auf Festivals und über eine Spotify-Alternative.

Radio Q: Ich sitze hier mit der Band Tigermilch. Möchtet ihr euch vielleicht zuallererst mal kurz vorstellen?

Philipp: Hallo, Ich bin der Philipp, ich spiele Schlagzeug.

Tamim: Hallo, ich bin der Tamim. Ich bin Gitarrist.

Ben: Ich bin der Ben und ich singe und spiele Keyboard.

Eric: Hi, ich bin Eric und ich spiele Bass.

Ben, Tamim, Philipp und Eric (v.l.n.r.)

Radio Q: Wie hat euch denn euer Auftritt auf dem Floß gefallen?

Philipp: Hat Bock gemacht. Die Leute hatten Spaß, wie wir gesehen haben. Und wir haben auch schön gespielt, glaube ich. Die Sonne kam raus in unserem Set. Das war auch sehr schön.

Radio Q: Ihr habt euer Album “Gelaber” letztes Jahr released und nach der ganzen Corona Sache tretet ihr jetzt endlich wieder mehr auf. Heute war das hier eine ziemlich außergewöhnliche Location. Wie waren eure Auftritte bisher?  

Philipp: Die Gigs sind immer unterschiedlich. Letzte Woche waren wir in einem Hotel. Das war sehr schön, weil wir da einen Wellnessbereich hatten und da konnte man schon so ein bisschen Urlaub machen. Auf so einem Festival wie hier ist das Publikum wesentlich anders. Das macht schon Bock, wenn die Leute auch gut drauf sind und ein bisschen ausflippen.

Radio Q: Ich hab eure Playlist “Tigerbalm” auf Spotify ein bisschen durchforstet. Von D’Angelo, Alice Phoebe Lou, Omar Apollo, Daniel Caesar bis hin zu Travis Scott und Frank Ocean findet man dort einiges. Wenn ihr euch ein Traumfeature aussuchen dürft, egal ob tot oder lebendig, wer wäre es?

Ben: Wir haben uns letztens Gedanken darüber gemacht, mit wem wir gerne ein Feature machen würden. Und da wäre bei mir auf jeden Fall Dominik Hartz dabei. Die Produktionen und Texte sind echt geil. Ich glaube, dass es schon eine schöne Erfahrung wäre, irgendwie mal mit Daniel Caesar oder Omar Apollo im Studio zu sein. Aber ich muss auch sagen, dass deutschsprachige Musik das ist, wo man sich wohl drin fühlt und das, was wir uns ausgesucht haben.

Ich glaube, dass es schon eine schöne Erfahrung wäre, irgendwie mal mit Daniel Caesar oder Omar Apollo im Studio zu sein. Aber ich muss auch sagen, dass deutschsprachige Musik das ist, wo man sich wohl drin fühlt und das, was wir uns ausgesucht haben.

Ben von Tigermilch

Radio Q: Apropos deutschsprachige Musik: Mir kommt es manchmal so vor, als wäre der deutsche Indie-Pop oft sehr einheitsbreiig.  Ihr stecht aber etwas heraus, vermischt viele Genres, arbeitet mit verschiedenen Instrumenten. Ein Beispiel ist auch die außergewöhnliche Single Liane W. Denkt ihr irgendwie viel darüber nach, herauszustechen oder passiert das irgendwie automatisch?

Ben: Ich glaube ein großer Aspekt dessen ist, dass viele andere Bands über ihr Label am Ende an einen Produzenten oder eine Produzentin vermittelt werden oder sich die aussuchen. Bei uns aber findet die Produktionsarbeit quasi im Haus statt, nämlich über Philipp, unserem Schlagzeuger, der produziert. Und die Krux dabei ist, dass man am Ende niemanden hat, der einem im Nacken sitzt und sagt: “Meine Zeit ist jetzt teuer, das ist der letzte Tag im Studio”. Da wird, glaube ich, mehr Musik schnell herausgebracht. Der große Vorteil bei uns ist, wenn man dann doch irgendwie noch mal zwei Monate an einem Song schraubt, dass man am Ende dann wirklich nicht mehr sagen kann, man hat jetzt nicht irgendwie alles reingegeben, was man reingeben wollte.

Radio Q: Ich habe euch ja jetzt auch live gehört und gesehen. Da gibt es viel Improvisation zu hören und ihr habt erwähnt, dass ihr diesmal eine andere Setlist habt. Kann man sich bei jedem Tigermilch-Gig auf ein anderes Konzert einstellen?

Tamim: Ich glaube, das ist immer so, wie wir uns bei den Proben fühlen. Wir haben nach dem Konzert manchmal das Gefühl, dass man da und da was ausbessern könnte und dann kommen spontane Ideen während der Proben. Und so entstehen dann irgendwie tatsächlich bei jedem Festival oder Konzert improvisierte Setlists, die sich unterschiedlich anfühlen.

Radio Q: Wir sind hier auf dem Watt en schlick Fest – ein ziemlich außergewöhnliches Festival am Wattenmeer. Wenn ihr jetzt so ein eigenes Festival designen könntet – ein Tigermilch Festival sozusagen, wie würde das aussehen? 

Philipp: Ich fände es irgendwie cool, wenn keine Acts gleichzeitig spielen würden.  Alle Festivalbesucher sind dann bei dem Act, der gerade spielt. In Münster war das so (Festival Live&in Farbe). Es hat allerdings nur so semi funktioniert, aber sowas finde ich trotzdem geil. Und eine Location am Meer mit Sonnenuntergang ist cool. Irgendwas in der Natur.

Ben: Wir waren zwei mal auf dem Zugvögel Festival und da gibt so ne improvisierte Sauna! Es ist schon geil eine Sauna auf dem Festivalgelände zu haben.

Radio Q: Sauna und Sonnenuntergang sind also eine gute Kombination. Wenn ihr von heute auf morgen ein Musikinstrument perfekt beherrschen könntet, ohne zu üben, was wäre das dann für euch?

Philipp: Gute Frage. Die Frage hat uns Ben letztens gestellt. In dem Fall würde ich glaube ich wieder Schlagzeug nehmen, weil es so viel Bock macht. Falls es was neues sein soll, wäre Gitarre schon geil.

Eric: Ich nehme Beatboxen. Das kann alles simulieren. Und man muss wenig schleppen.

Tamim: Ich würde Trompete nehmen. Das macht bestimmt Bock, richtig geil Trompete spielen zu können. So wie Chet Baker.

Ben: Ich sehe die Stimme auch als Instrument. Und ich glaube, bei mir wäre es das Singen.

Radio Q: Wenn ihr das Tourleben, das ihr bisher schon hattet, abwägt, was ist so das Geilste und was ist das absolut Nervigste?

Philipp: Ich würde sagen, das Nervigste ist auf jeden Fall die Fahrerei. Man muss die Zeit töten. Nach einer siebenstündigen Autofahrt ist man schon durchgeleiert. Und das Beste sind natürlich die ganzen Locations und die Menschen, die man trifft. Auch im Backstage die ganzen Künstler, mit denen man in Kontakt kommt.

Ben: Ich finde, das Geilste ist, wenn das Equipment schon gepackt ist. Ansonsten muss man erst mal von zu Hause aus alles packen und es ist schon geil, wenn quasi alles schon bereitliegt und man dann Tag für Tag zum nächsten Ziel fährt.

Das Nervigste ist auf jeden Fall die Fahrerei. Man muss die Zeit töten.

Philipp

Radio Q: Ben, du hast beim Auftritt eine andere Plattform als Spotify angesprochen. Kannst du mal kurz erklären, was das für eine ist und warum Spotify nicht so toll ist?

Ben: Überraschung: Immer wo Arbeit stattfindet, gibt es viele Menschen, die sich nicht wertgeschätzt fühlen für ihre Arbeit. Und ich glaube Künstler*innen geht es auch oft so. Und ich glaube Spotify kommt mit seinem Abrechnungsmodell eher größeren Künstlerinnen zugute. Denn wie es im Endeffekt funktioniert, ist das, wenn man bei Spotify seinen Beitrag bezahlt, der Beitrag mit allen anderen Streams in einen Pott geworfen und dann abgerechnet wird. Bedeutet: Wenn andere Künstler*innen von anderen Leuten mehr gehört werden, bekommt der/die das Geld. Wenn man bei Tidal streamt und 5 € im Monat zahlt und einen Song hört dann gehen diese 5 Euro voll und ganz an die Künstler*innen, die man gehört hat. Das scheint für mich das sinnvollere Modell. (Anmerkung der Redaktion: nach derzeitigem Stand erhält der/die meistgestreamte Künstler*in 10% des bezahlten Abogeldes)

Immer wo Arbeit stattfindet, gibt es viele Menschen, die sich nicht wertgeschätzt fühlen für ihre Arbeit. Ich glaube Künstler*innen geht es auch oft so. Und ich glaube Spotify kommt mit seinem Abrechnungsmodell eher größeren Künstlerinnen zugute.

Ben von Tigermilch

Radio Q: Seid ihr bezüglich der Zukunft der Musikindustrie eher optimistisch oder pessimistisch?

Ben: Ich habe vor kurzem ein Video von Adam Neely gesehen, wo es darum ging, dass es sehr viele Menschen gibt, die sich darüber beschweren, dass man sich selber promoten muss und als Künstler seine eigene Firma ist. Und er hat ganz gut dargelegt, wie man sich früher am Hof gut stellen musste. Und dass man im letzten Jahrhundert sich irgendwie den Plattenfirmen anbiedern musste und da diktiert bekommen hat, wie man zu funktionieren hat. Und jetzt kann man sich seinem Publikum direkt anbiedern bzw. muss sich selbst vermarkten. Ich glaube, alles bietet Chancen und Gefahren. Bei uns hat es auf jeden Fall ganz gut funktioniert, sodass wir im Endeffekt keine Promotion gemacht haben und unser Song einfach durch den Algorithmus den Leuten gefallen hat und dann so promotet wurde. Auf der anderen Seite muss man auch immer schauen, dass man am Ball bleibt.

Radio Q: Dann kommen wir zur letzten Frage: Ihr habt ganz oldschool einfach nur einen CD-Player dabei. Ihr seid gestrandet auf einer einsamen Insel und ihr dürft nur ein einziges Album mitnehmen. Welches wäre das für euch?

Tamim: Quém et Quém von Joao Donato. Find ich richtig, richtig geil!

Eric: Ich glaube, ich muss meinem 14 jährigen-Ich treu bleiben: Stadium Arcadium von den Red Hot Chili Peppers.

Ben: Ich glaube, bei mir wäre es ein Ambient Ocean Sound. Daran könnte ich mich immer wieder erfreuen.

Philipp: Mac deMarco: One Way G. Das hat 199 Songs, das kann man lange hören. 

Radio Q: Und ihr habt beim Auftritt erzählt, dass es neue Mucke geben wird. Worauf kann man sich einstellen?

Ben: Ich finde, es geht wieder in Richtung Bossa Nova.

Tamim: Ironisch: Na toll, jetzt hört’s keiner mehr.

Das Interview führte Frieda Krukenkamp, Juli 2023

Wie das Watt en Schlick Fest insgesamt war könnt ihr hier mit der passenden Mukke hören: