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c/o Pop 2023 Nachbericht

Written by on 23. Mai 2023

Wir waren für euch vom 26. bis 30. April auf dem 20. c/o Pop-Festival in Köln Ehrenfeld unterwegs und haben die Top-Artists von morgen ausgecheckt.

Das c/o Pop Festival ist kein typisches Festival, denn es gibt kein Festivalgelände. Alle Musikacts, Talks und sonstigen Angebote sind in ganz Ehrenfeld verteilt. Teilweise treten Artists in mittelgroßen Clubs, in großen Venues, die um die 300 Leute fassen, aber auch in Cafés, in die nur 80 Leute passen, auf. 

Wie jedes Jahr ging es beim c/o Pop nicht nur um Musik als solche, sondern auch um die Musikindustrie und andere popkulturell wichtige Themen, wie z.B. mentale Gesundheit. Diese Inhalte wurden im Rahmen der c/o Pop Convention genauer betrachtet. Es gab beispielsweise Panels zum Thema #socialwashing oder Gleichberechtigung in der Musikszene. Es gab Live-Podcast Aufnahmen von Podcasts wie “Danke, gut” oder “GAG” und auch die Nominierungen für den Grimme Online Award wurden im Rahmen der Convention bekannt gegeben. Außerdem wurden Workshops zu kreativem Schreiben oder verschiedene Tänzen und weitere Freizeitaktivitäten veranstaltet. Am Samstag und Sonntag wurde ein großer Teil der Venloerstraße, auf der sich viele Bars und Geschäfte befinden, gesperrt und dekoriert. In, über die ganze Straße verteilten, Pavillons konnten die Besucher*innen sich über verschiedene Themen (z.B. Organspende)  informieren, DJ-Sessions lauschen oder spontan wen auch immer man will heiraten. Zu diesem Teil des Festivals, sowie zu einigen der Konzerte am Wochenende, war der Zugang auch ohne Ticket möglich. Das c/o Pop bietet also auch die Möglichkeit auf spontane, kostenlose Besuche. 

Die gesperrte Venloer Straße gefüllt mit Menschen
Foto: Jessika Gremme

Wir haben unseren Fokus beim c/o Pop voll auf die Musik gelegt und möchten hier einige unserer Highlights teilen.

Unsere musikalische Achterbahn der Konzerte startete am Donnerstagabend mit der Show von Domiziana. Domiziana macht massentauglichen Hyperpop. 2022 hatte sie mit dem Song ohne Benzin  bzw. mit dessen 1,1 Speed Version ihren Durchbruch auf Tik Tok und ist seitdem nicht mehr aus der deutschen Hyperpop-Szene wegzudenken.

Auf dem c/o Pop hat sie ihre erste längere Show gespielt. Nicht nur Domiziana, sondern auch ihre beiden Tänzer*innen waren umwerfend gekleidet und haben ab der ersten Sekunde die Live Music Hall zum Kochen gebracht. Da Domiziana bisher nur sechs Songs herausgebracht hat, waren auch einige unveröffentlichte Songs in der Setlist. Gerade wenn Artists schnell bekannt werden, ist die Fallhöhe groß und es stellt sich die Frage, ob es nach diesem einen viralen Hit so weitergehen kann. Bei Domiziana können wir mit Sicherheit sagen: Da kommt einiges auf uns zu! 

Ski Aggu und Domiziana gemeinsam auf der Bühne
Foto: Chiara Baluch

Wer Domiziana sagt, muss auch Ski Aggu sagen. Spätestens seit ihrem gemeinsamen Song Tour de Berlin ist klar: die beiden können zusammen nur abliefern. Nach einem kurzen Cameo in Domizianas Show, hatte Ski Aggu direkt im Anschluss sein eigenes Konzert in der Live Music Hall, bei dem ein Moshpit nach dem anderen eröffnet wurde. Ab und zu war Ski Aggu dabei selbst im Moshpit oder hat sich durch die Menge tragen lassen. Zwischendurch gab es eine kurze Session mit DJ Aggu in der Brutalismus 3000 abgefeuert wurde. Von Anfang bis Ende eine einzige Party.

Musikalisches Kontrastprogramm durften wir am nächsten Tag erleben. 

Am Freitag hatten alle Gefühle zwischen Herzschmerz und Lust auf den Sommer Platz in der Show von Indie-Pop Sänger ENNIO. Auf der vergangenen c/o Pop hatte er seine Bühnenpremiere und mit seiner Wiederkehr hat er gezeigt, wie sehr man sich in einem Jahr künstlerisch entwickeln und seinen eigenen Sound finden kann. Auf einem kleinen Podest stehend, sang er mal sanft, mal mit viel Kraft in der Stimme die deutschen Texte mit Identifikationspotential in die Menschenmenge und diese liegt sich in den Armen, schunkelt oder singt die Texte voller Inbrunst mit. Dem Münchener gelingt es, mit seinen seichten Texten Liebeskummer schön und Weltschmerz aushaltbar klingen zu lassen. Mit Feuerzeugen in der Luft und ENNIOS Silhouette auf der Bühne verbreitete sich für einen kurzen Moment ein Gefühl von Leichtigkeit in der ganzen Eventhalle. 

ENNIO auf der Bühne
Foto: Lenny Rothenberg

Am Abend verwandelte sich dann dank Orbit der charmante kleine Club Bahnhof Ehrenfeld in einen einzigen Resonanzraum seiner musikalischen Klänge. Musiker Marcel Heym schuf live auf der Bühne gemeinsam mit einer Freundin an Gitarre und Keyboard Sounds, die in der Lage waren, den ganzen Körper einzunehmen. Leichte, sanfte elektronische Klänge mit atmosphärischen Melodien, die sich steigern, bis sie sich in tiefen Bässen entladen, sind eindeutig Orbits Spezialgebiet. Während des Konzerts haben wir uns angesehen und waren uns einig, etwas Vergleichbares noch nie zuvor erlebt zu haben. Besonders spannend war, dass es sich nicht angefühlt hat als würde das Duo auf der Bühne das Ziel verfolgen das Publikum zu unterhalten, sondern viel mehr als hätte man als Zuschauer*in die einmalige Chance einen kleinen Einblick in ihr künstlerisches Schaffen zu bekommen. Ein Konzert der ganz anderen Art, das uns merkwürdig ruhig und beseelt zurückgelassen hat.

Gleiche Location, komplett anderer Vibe! Am Samstag war Zeit für 45 Minuten voller purer guter Laune, trotz teilweise trauriger Lyrics. So könnte man die Show von Blumengarten  am nächsten Abend in einem Satz beschreiben. Das Duo aus dem Gitarre spielenden Produzent Sammy und Sänger Rayan war – man kann es nicht anders sagen – einfach süß. Mit ihrer authentischen Art brachten sie alle Anwesenden beim Spielen der Songs zum Mitgrölen und Mitwippen und dazwischen zum Lachen. Die Newcomer sind auf der Bühne und in der deutschsprachigen Indiebubble definitiv richtig am Platz. Noch nie hat Melancholie so leicht und fröhlich geklungen. 

Beim c/o Pop passiert es schnell, dass man in eine Art Achterbahn der verschiedenen Moods, die durch Musik ausgelöst werden können, gerät. Auf Hyperopop folgt Rap, folgt sphärischer Klang, folgt melancholische gute Laune. So auch an diesem Punkt des Wochenendes, denn nach Blumengarten kam das Konzert von Fuffifufzich. Fuffifufzich macht synthlastige Songs zu den Themen, Liebe Sehnsucht, Ferrari und natürlich Heartbreakerei. Teils sind die songs ruhig und melancholisch, teils extrem partytauglich! So zum Beispiel Schick Deluxe, der die Stimmung im Bürgerzentrum Ehrenfeld extrem einheizte. So absurd die Lyrics sind, gehört dieser Song in jede gute Partyplaylist! Die Musik von Fuffifufzich macht einfach extrem viel Spaß und die Atmosphäre in der Crowd war fantastisch!

Fuffifufzich auf der Bühne
Foto: Lenny Rothenberg

Ein eher unerwartetes Highlight war der Auftritt des Duos Negisa in Franky’s Bar. Die Venue war sehr klein und hatte die Atmosphäre eines Wohnzimmers: überall Sofas, helle Wände und bunte Lampions im Raum verteilt. Negisas Stil ist und ungefähr das genaue Gegenteil davon: dunkel, cineastisch bis zutiefst dystopisch. Trotz des Settings konnte uns Negisa durch ihre Performance komplett mitnehmen! Spätestens beim Einsetzen der tiefen Drums, die durch das komplette Sofa, auf dem wir saßen, strömten, waren wir in der Musik. Wer die Möglichkeit hat Negisa live zu sehen, sollte es auf jeden Fall tun. Es ist unglaublich!

Als letztes durften wir dann noch Paula Carolina sehen. Nur 80 Menschen passten in die Venue, in der sie aufgetreten ist, aber die Schlange vor dem Gebäude ging auch, als der Laden schon voll war, noch bis zum nächsten Block. Die Fanbase ist also schon jetzt da. Paula Carolina macht feministischen Pop, dessen Sound an Neue Deutsche Welle erinnert. Viele Messages, aber auch genügend Gelegenheiten zu springen und zu moshen! Auch Paula Carolina hatte einige unveröffentlichte Tracks dabei und auch hier kommt großes auf uns zu! Diesen Herbst wird sie durch Deutschland touren, also sichert euch die Tickets!

2024 findet das c/o Pop Festival vom 24.-28. April statt.

Ein ausführliches Gespräch über unsere Erlebnisse beim c/o Pop könnt ihr hier nachhören:

Dieser Bericht wurde von Ruby Rübsamen und Jessika Gremme verfasst.