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Nachbericht TRAUMZEIT-Festival 2021

Written by on 2021-10-01

Das Traumzeit-Festival im Landschaftspark Duisburg-Nord – eiserne Kulisse trifft auf herzerwärmende Kunst, die dem Festivalnamen alle Ehre erweist. Radio Q war vor Ort und hat über Festivalstimmung, menschliche Nähe und post-pandemischen Lebensgenuss berichtet.

Das Festival TRAUMZEIT findet jährlich in der Kulisse des Industriedenkmals Landschaftspark Duisburg-Nord statt und wird von beeindruckenden Lichtinstallationen von Jonathan Park untermalt. Auch wenn es weder von der Größe noch vom Bekanntheitsgrad mit Festivals wie dem Tomorrowland mithalten kann – es ist wohl eines der außergewöhnlichsten Festivals in Europa.

Zwischen Schornsteinen und Stahlkonstruktionen bietet das ehemalige Hüttenwerk Duisburg-Meiderich – ein einstiges Moloch aus Dampf, Lärm, Hektik und Eisen – jede Menge Kunst, Freude und Ekstase. Die Kulisse zieht sicher jede*n Besucher*in in ihren Bann und gehört auch ohne das Festival zu den meistbesuchten Orten in NRW.Stress hat an dem Festival-Wochenende keine Chance. Bands spielen niemals gleichzeitig und auch das Camping-Areal befindet sich im Schatten der Hochöfen neben der Venue. Dazu kommt eine Gastro-Meile, welche alles andere als 0815 ist – die Auswahl reicht von vegan, vegetarisch, fleischig bis süß und auch kulturell-kulinarisch kann man sich durch einiges probieren.

Selbst Festival-Hasser*innen – ja, sowas soll es geben – kommen hier voll auf ihre Kosten. Es gibt weder Dixiklo-Tsunamis, noch hyperventilierende Megafans. Dafür aber reichlich Ruhrpott-Romantik statt Fanmeilen-Flair. Auch die Künstler*innen lassen sich auf dem Festival-Gelände gerne blicken und lauschen Kolleg*innen. Und da wir unsere Lieblingsbands doch sowieso viel lieber in intimer Clubatmosphäre statt auf unpersönlichen Superduper-Megabühnen sehen, werden diese auf der TRAUMZEIT gar nicht erst aufgebaut. 

Auf drei Bühnen im Schatten stillgelegter Hochöfen bietet das Traumzeit-Festival jedes Jahr ein kontrastreiches Programm aus Indie-Rock, Singer/Songwriter, Neo Folk und Elektro in der buntesten Mischung, sodass für jeden was dabei ist.

Das Festivalgelände betreten wir am Samstagnachmittag, dem zweiten Tag des Festivals, bei strahlendem Sonnenschein. Die ersten Minuten zwischen maskenlosen Gesichtern, Food-Trucks und Live-Musik-Klängen wirken auf uns nach zwei Jahren ohne Festivals fast unwirklich. Zum Aufwärmen machen wir es uns erstmal an der Bühne der Giesshalle gemütlich und lauschen den melancholisch-jazzigen Sounds von Sarah McCoy. Die Power in der Stimme der New Yorker Künstlerin überträgt sich augenblicklich auf uns und wir machen uns auf den Weg, die Atmosphäre des Landschaftsparks in uns aufzusaugen.

Nächste Station ist die Cowperbühne, so etwas wie die “Main-Stage” der TRAUMZEIT. Hier spielen in wenigen Minuten “Sir Simon & Burkini Beach”. Noch ist es angenehm leer. Als die fünfköpfige Band sich selbst als “depressive Singer-Songwriter vorstellt” und mit ihrem Song “Sad Songs” einsteigt, füllt es sich doch schnell um uns herum. Dann steht plötzlich Sarah McCoy neben uns, von der Bühne direkt ins Publikum. Beispielhaft für die familiäre Atmosphäre der TRAUMZEIT. 

Wir lösen uns aus der Menge und hören uns auf dem Gelände etwas um. Wie fühlt es sich an, endlich wieder auf einem Festival zu sein? Die Menschen sind gut gelaunt, freuen sich auf spontane Begegnungen und nach der langen Zeit endlich wieder zu tanzen. 

Leider mussten sowohl Swutscher als auch Pabst krankheitsbedingt absagen. Spontan ist das Alternative/Electropop Duo Jason Pollux eingesprungen, die mit ihren Synthi-Klängen definitiv zum träumen einladen. 

Jetzt aber schnell zurück zur Cowperbühne. Es wird Zeit zu tanzen, denn um 19 Uhr spielen Rikas. Frisch gestärkt wandern wir also von den Foodtrucks in Richtung Bühne und sind ab der ersten Sekunde, in der die Rikas anfangen, begeistert. Die Jungs haben den Aufbau, ihre Klamotten und auch ihre Show vollkommen im Stil der 80er Jahre gehalten und dem Publikum mit ihrer Performance ordentlich eingeheizt. Wer die Rikas vorher nicht kannte, die zählt sich spätestens nach diesem Erlebnis zu den Fans. Unser Glück war perfekt, als wir danach noch die Chance hatten, mit den Jungs an ihrem Merch-Stand zu quatschen – den sie natürlich auch komplett selbst geschmissen haben.

Rikas nach dem Auftritt

Da es so langsam dunkel wurde, kamen wir endlich in den Genuss der wunderschönen Lichtinstallationen. Also sind wir, begleitet von den entfernten Klängen von Gaye Su Akyol aus der Giesshalle, über das Gelände spaziert und haben das beeindruckende Lichtspiel auf uns wirken lassen. Zu unserer Überraschung waren zu dieser späten Stunde immer noch Kletterer in den luftigen Höhen der Kletterhalle unterwegs. Vielleicht ein Weg, wie man dieses Festival in den nächsten Jahren günstig besuchen kann? Wer Drahtseiltanz beherrscht, für den ist das bestimmt einzigartig! 

Zum Ausruhen der mittlerweile müden Füße haben wir uns danach in der Traumzeit-Lounge niedergelassen. Dabei konnten wir mit der Annie Taylor Band auch in das Genre des Country Rock reinschnuppern, welches uns beiden bis dato völlig unbekannt war – und auch bestimmt nicht jedermanns Geschmack trifft.

Den grandiosen Abend beendeten für uns dann die Giant Rooks, und der Platz vor der Cowperbühne war randvoll. Anders hatten wir es auch nicht erwartet und waren heilfroh, dem Spektakel aus der dritten Reihe beiwohnen zu dürfen. In dieser wundervollen Kulisse und so nah an der Band wollten wir gar nicht mehr aufhören zu tanzen. Nach der langen Pandemie-Zeit war es für uns unbegreiflich, Arm an Arm mit Fremden zu hüpfen, lauthals zu singen und Moshpits zu sehen. So voller Adrenalin wie die Giant Rooks haben auch wir diese unwirklichen Szenen bis auf das Maximum genossen und sind in den Wellen der Euphorie und Glück mitgeschwommen.

Giant Rooks rocken die Bühne

Da wir beide noch einen langen Heimweg und – Shame on us – kein Camping gebucht hatten, haben wir uns dann wehmütig von der TRAUMZEIT 2021 verabschieden.

Wir hoffen, auch nächstes Jahr wieder mit dabei sein zu dürfen und freuen uns schon auf die TRAUMZEIT 2022 im Landschaftspark Duisburg-Nord, welche vom 17.-19.06.2022 stattfindet. Informationen findet ihr unter www.traumzeit-festival.de

Ein Nachbericht von Neele Hoyer und Marie Schwesinger.