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Cannabis

Geschrieben von am 10. Februar 2017

Man nehme Genuss, Wissenschaft und ein bisschen Recht und schon hat man eine Diskussion rund um die beliebte Droge Cannabis. Dabei handelt es sich eben nicht nur um den viel diskutierten Rauschzustand, sondern es treffen Meinungen aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammen. Diese Ausgabe von IQ-Campusscience steigt mit ein in das Diskussionsgeschehen und bietet Euch einen Überblick über die verschiedenen Ansätze. Von der Frage “Was ist Cannabis eigentlich überhaupt?” über Vor- und Nachteile der Legalisierung, bis hin zum medizinischen Nutzen von Cannabis als Arzneipflanze, wird in dieser Ausgabe alles beleuchet.

Am 19.01.2017 wurde vom Bundestag ein Gesetz erlassen, das den medizinischen Einsatz von Cannabis erlauben soll.

Das ändert sich nun für die Betroffenen:

  • Cannabis wird nun von den Krankenkassen bezahlt. Das war bisher nicht der Fall.
  • Cannabis kann vom Arzt verschrieben werden. Das war bisher nur in Ausnahmefällen mit Sondergenehmigung möglich.
  • Ein Eigenanbau von Cannabis ist auch mit Sondergenehmigung nicht mehr möglich. Bisher gab es dafür ein paar Genehmigungen, die mit den hohen Kosten beim Kauf begründet waren. Da jetzt die Krankenkasse für die Kosten aufkommt, kann ein Eigenanbau nicht mehr begründet werden.

Eine neu gegründete Agentur soll die Produktion und den Vertrieb von Cannabisprodukten regeln.

Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit man für die medizinische Nutzung von Cannabis berechtigt ist:

  • Eine schwere Erkrankung muss vorliegen
  • Cannabis gilt als letzte Option. Erst wenn alle alternativen Therapien sich als unwirksam herausgestellt haben, darf der Arzt Cannabis verschreiben. Der Arzt soll allerdings gewisse Freiheiten bekommen, um Cannabis verschreiben zu können, wenn er es für notwendig und sinnvoll hält.

Wie geht es rund um das Thema Cannabislegalisierung nun weiter?

Alle Bundestagsfraktionen sind sich einig, dass die Legalisierung von Cannabis für den medizinischen Nutzen richtig war. Einige Parteien wollen jedoch noch weiter gehen. Frank Tempel von der Fraktion Die Linke möchte den Einsatz von Cannabis auch bei leichteren Erkrankungen möglich machen, und fordert Wahlfreiheit, anstatt auf chemische Medikamente auf das Naturprodukt Hanf zurückgreifen zu dürfen.

Hanf, Weed, Marihuana, Haschisch…

das ganze gefährliche Halbwissen, das unter Nicht-Experten über Cannabis im Umlauf ist, kann schon ganz schön verwirren. Sobald wir eins dieser Worte hören ,denken wir ans Kiffen, Joints und Bongs. Da gehört aber noch so viel mehr zu: Schon seit tausenden von Jahren bauen Menschen Hanf an. Vor allem als Kulturpflanze oder zu medizinischen Zwecken. 

Gerade in Deutschland brauchte man Hanf lange Zeit zur Herstellung von Textilien und Gebrauchsgegenständen wie Seilen oder Papier. Nice to know: Die Gutenbergbibel und die amerikanische Unabhängigkeitserklärung waren auf Hanfpapier gedruckt. Vor ca 250 Jahren haben die Europäer Cannabis als Rauschmittel für sich entdeckt. Zuerst wurde es nur gegessen und getrunken, heute ist das Rauchen der Pflanze die beliebteste Art der Nutzung.

Damit hier keine Verwirrung mit all den Namen aufkommt:

Marihuana, Gras oder Ganja sind Namen für die getrockneten Hanfblätter oder Blüten.

Die Blüten nennt man auch Buds.

Haschisch oder Dope sind getrocknete Platten oder Klumpen aus dem zusammengepressten Pflanzenharz. Diese Platten werden dann Piece genannt.

Cannabis…

…ist übrigens eine zweigeschlechtliche Pflanze. Es gibt tatsächlich weibliche und demnach natürlich auch männliche Pflanzen. Das nennt der Botaniker Zweihäusigkeit. Der Züchter von Cannabispflanzen ist nur an den weiblichen Pflanzen interessiert, denn nur die haben einen hohen THC-Gehalt und bilden Blüten, die man am Ende erntet. THC steht für Tetrahydrocannabinol. Männliche werden daher einfach rausgerupft, auch um eine Bestäubung zu verhindern, die sonst die weiblichen Pflanzen ungenießbar macht. Heutzutage gibt es übrigens auch feminisierte Samen, die fast ausschließlich als Weibchen blühen. Ein anderer Trend sind Autoflowering Samen, die unabhängig von der Länge der Belichtung anfangen zu blühen.

Ein wichtiger Teil der Cannabispflanzen sind natürlich die psychoaktiven Wirkstoffe. Der klinische Pharmakologe Prof. Dr. Martin Smollich erklärt, dass THC und CBD (Cannabidiol) die beiden wichtigsten Cannabinoide sind. Sie unterscheiden sich in Wirkung und Vorkommnen.

Auch die vielen Sorten können für den Laien erst mal für Verwirrung sorgen. Wichtig ist zunächst, dass es Sorten gibt, die sich einfach als Nutzhanf oder Kulturhanf eignen. Diese haben einen geringen THC-Gehalt. Unter den eigentlichen Cannabis Sorten sollte man Cannabis Indica und Cannabis Sativa kennen. Sativa Sorten wirken eher anregend, wohingegen Indica eher beruhigend wirkt und sogar bei Schlafstörungen hilft. In den letzten Jahren hat die Züchtung und Kreuzung der Sorten eine unglaubliche Vielfalt mit verschiedenen Geschmäckern, Aussehen und verschiedenem THC-Gehalt ergeben.

Was ist erlaubt/verboten?

Einzig der Konsum von Cannabis ist in Deutschland nicht illegal: Anbau, Cannabis in den Verkehr bringen, Erwerb und Besitz von Cannabis sind laut Betäubungsmittelgesetz strafbar. Im Verhältnis zu anderen Substanzen vertritt Prof. Smollich die Meinung, dass Cannabis weitaus weniger gefährlich sei als die legalen Drogen Alkohol und Nikotin bzw. Tabak.

Cannabis – Arzneipflanze oder Genussdroge?

Abseits der Diskussion um die berauschende Wirkung der Cannabispflanze ist seit Hippokrates bekannt, dass Cannabis auch eine heilende und lindernde Wirkung haben soll. Trotzdem setzt sich die Beschäftigung mit Cannabis als möglicher Arzneipflanze in der westlichen Biomedizin nur langsam durch. Erst seit ca. 20 Jahren wird die Wirkung von Cannabinoiden erforscht. Cannabinoide sind die Hauptbestandteile von Cannabis. Das meist untersuchte Cannabinoid ist Tetra-Hydro-Cannabinol, kurz THC. Diese Substanz ist hauptverantwortlich für die psychoaktive Wirkung von Cannabis. Neben THC verfügt die Cannbispflanze über 80-90 weitere Substanzen. Allerdings wird nur zwei Cannabinoiden ein breites medizinisches Spektrum nachgesagt. THC ist das eine, das andere heißt Cannabidiol, abgekürzt CBD. In diesem Zusammenhang hat die Wissenschaft herausgefunden, dass der menschliche Körper über ein eigenes endogenes Cannabinoid-System verfügt. Das heißt, dass der menschliche Körper über Andockstationen für Cannabinoide verfügt, die Einfluss auf das Nervensystem haben. 

Rechtliche Bedingungen 

In Deutschland kann man ausschließlich mit einer Sondergenehmigung Cannabis vom Arzt verschrieben bekommen. Diese Sondergenehmigung muss vom behandelnden Arzt angefordert werden und die Bundesopiumstelle muss die Gründe im Einzelfall prüfen. Darunter fallen vor allem Krankheitsbilder mit chronischen Schmerzen. Wirft man allerdings einen Blick auf die Forschung, lässt die Evidenz noch zu wünschen übrig. Prof. Theo Dingermann von der Uni Frankfurt sagt, dass lediglich die Studien zu Behandlung von chronischen Schmerzen und MS zu eindeutig positiven Ergebnissen geführt hätten. Bei allen anderen getesteten Indikationen hätten die Ergebnisse nicht ausgereicht, um zugelassen zu werden.

In Deutschland haben rund 1000 Patienten eine Sondergenehmigung für den medizinischen Konsum von Cannabis. Etwa 500 davon konsumieren die getrockneten Cannabisblüten, indem Sie sie rauchen. Das Rauchen als Art des Arzneimittelkonsums sei aus pharmazeutischer Sicht allerdings kritisch zu betrachten sagt Prof. Theo Dingermann. 

Derzeit wird die Behandlung mit Cannabinoiden in den meisten Fällen nicht von den Krankenkassen übernommen. Die Therapiekosten belaufen sich mit 15-25Euro pro Gramm auf zwischen 500 und 2000 Euro im Monat und stellen für viele Patienten ein ernsthaftes Versorgungsproblem dar. Aufgrund der finanziellen Hürde wurden einige wenige Lizenzen zum Eigenanbau verteilt. Im Jahr 2016 wurde ein neuer Gesetzesentwurf geschrieben, der heute Morgen (19.01.2017) verabschiedet wurde. Dieses Gesetz befasst sich unter anderem auch mit dem Eigenanbau. In dem neuen Gesetz heißt es:

„Dieses Gesetz dient dazu, die Verkehrs- und Verschreibungsfähigkeit von weiteren Cannabisarzneimitteln herzustellen, wie z. B. von getrockneten Cannabisblüten und Cannabisextrakten in standardisierter Qualität. Damit soll Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen nach entsprechender Indikationsstellung und bei fehlenden Therapiealternativen ermöglicht werden, diese Arzneimittel zu therapeutischen Zwecken in standardisierter Qualität durch Abgabe in Apotheken zu erhalten.“

Das Gesetz würde vor allem dazu dienen den bürokratischen Aufwand zu verringern der bislang noch nötig ist, um Cannabis vom Arzt verschrieben zu bekommen sagt der Vorstand der Hanffreunde Münster e.V. Micha Greif im Radio Q-Interview. Außerdem werde mit dem neuen Gesetz der Eigenanbau wieder verboten, zum Ausgleich dazu, dass in Zukunft die Krankenkassen verpflichtet sind die Kosten für eine Behandlung mit Cannabis zu übernehmen. 

Die allgemeinen Legalisierungsbestrebungen um die Genussdroge Cannabis sind von den Bestrebungen Cannabis als Medizin voranzubringen, kaum zu trennen. Das zeigt, dass es sich bei Cannabis trotz all der vermeintlichen Vorteil immer noch um eine Droge handelt. Das dürfe man nicht vergessen, betont der pharmazeutische Biologe Prof. Theo Dingermann.

Zukunft

Die Zukunft von Cannabis als Arzneipflanze hängt von so vielen Faktoren ab, dass es schwer vorauszusagen ist, ob es zu einer allgemeinen Legalisierung kommen wird. Zumindest im Bereich der Medizin gibt es immer mehr politische Bewegungen dahingehend, Cannabis als Arzneipflanze zu behandeln und sie zur medizinischen Anwendung zu bringen.  

Immer mehr Regierungen denken darüber nach, Cannabis als Genussmittel zu legalisieren. In Ecuador beispielsweise oder in Uruguay ist es bereits legal, so wie auch in einigen US-Bundesstaaten. Auch in Deutschland gibt es immer mehr Befürworter einer Legalisierung. Als Grund wird hier vor allem gesagt, dass es nicht funktioniert, den Cannabiskonsum zu kontrollieren. Jeder der Lust hat, einen Joint zu rauchen, würde auch mit Leichtigkeit an Gras kommen. Außerdem wird gesagt, dass jeder selber die Entscheidung treffen solle, ob er kiffen möchte oder eben auch nicht.

Wir haben heute Frederik von Paepcke im Studio. Er ist Jurist und arbeitet auch als Journalist bei Perspective Daily, und er hat sich in einem Artikel damit beschäftigt, ob die deutschen Drogengesetze verfassungswidrig sind.

Frederik, in deinem Artikel erklärst du, warum sich das Bundesverfassungsgericht geirrt hat, als es das Cannabisverbot für verfassungsgemäß erklärt hat. Das Bundesverfassungsgericht verfolgt mit dem Verbot vor allem den Zweck, den Einzelnen vor negativen Folgen des Cannabiskonsums zu schützen. Jetzt frage ich mich, was ist denn daran jetzt verkehrt, und warum ist das nicht verfassungsgemäß?

von Paepcke: Gerade wenn es um politische Handlungsvorschläge geht, befürworten wir eine evidenzbasierte Politik und das heißt gerade im Zusammenhang mit Drogenpolitik, dass man vor großen Herausforderungen steht, weil Drogen unglaublich stigmatisiert sind, aufgrund ihrer Gefährlichkeit würde ich auch sagen nachvollziehbarerweise. Aber wenn man mal guckt, wie weit man heute ist in puncto Drogenpolitik, heute sprechen wir über Cannabis, bin ich der Überzeugung, dass zumindest aus heutiger Sicht das Urteil des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig ist.

Frage: Und aus welchen Gründen?

Von Paepcke: Am Ende geht es bei einer verfassungsgemäßen Prüfung um Vieles, aber ich beschränke mich mal auf die Verhältnismäßigkeit. Ich muss bei jedem Gesetz, wo ich als Staat eingreife und sage: Ich mache ein neues Strafgesetz, und das ist letztlich das schärfste Schwert, das ich als Staat habe, dort muss ich bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um ein Rechtsstaat zu sein. Das heißt, ich muss erstmal einen verfassungsgemäßen Zweck erfüllen, das Gesetz muss geeignet sein, um den verfolgten Zweck zu verfolgen. Es muss erforderlich sein, das heißt, es darf kein milderes Mittel geben, das ebenso geeignet ist, und es muss auch angemessen sein, das heißt am Ende guckt man nochmal, in welche Rechtsgüter des Einzelnen wird eingegriffen, welche werden geschützt, was wiegt mehr. Und meiner Meinung nach ist auf allen vier Ebenen eine Verfassungsmäßigkeit nicht gegeben.

Frage: So wie ich es gelesen habe, geht es auch viel um den Begriff Volksgesundheit, der vor das Wohl des Einzelnen gestellt wird. Was ist denn überhaupt mit dem Begriff Volksgesundheit gemeint?

Von Paepcke: Es geht um Zweierlei, ich fang mal mit dem Einfacheren an, das ist die eigene Gesundheit, also der Schutz des Menschen vor sich selbst. Und das ist aus juristischer Sicht, wenn man sich die liberale Natur unserer Verfassung anguckt, äußerst schwer nachzuvollziehen, das ist eine einmalige Erscheinung im deutschen Strafrecht, dass ich vor mir selbst geschützt werde, denn grundsätzlich ist der Verfassung zufolge jeder Mensch frei, zu tun und zu lassen was er möchte, auch wenn es unvernünftig ist, dafür gibt es viele Beispiele. Volksgesundheit ist zumindest aus heutiger Sicht ein sehr konstruierter Begriff, wo es vor allen Dingen um sowas geht wie Angst vor Rauschgiftwellen, dass Familienstrukturen zerstört werden, dass Gesundheitskassen unglaubliche Kosten zu tragen haben, als Folge dieser Heerschaaren von Menschen, die der Sucht verfallen. In den Neunzigerjahren möchte ich mir nicht anmaßen, beurteilen zu können, ob es damals so war, aber heute weiß man: Die Prohibition, wenn man sich das evidenzbasiert anschaut, verursacht mehr Schaden, als eine kontrollierte Legalisierung. Deswegen tue ich mich mit diesem Begriff so schwer, und nicht nur ich, sondern auch vierzig Prozent aller deutschen Strafrechtsprofessoren, deren Argumentation ich hier wiedergebe. Die haben einen Brief an den Bundestag geschrieben, haben dazu aufgerufen, eine Enquete-Kommission einzurichten, weil sie gesagt haben, die deutsche Drogengesetzgebung entspricht nicht unseren verfassungsgemäßen Standards. Das fängt an bei der Volksgesundheit, und da gibt es ganze Dissertationen, die sich damit beschäftigten, dass das konstruiert sei.

Frage: Also kann man nicht sagen, dass die Volksgesundheit, wenn das auf dem Papier so ist durch das Verbot, auch tatsächlich gewährleistet wird.

Von Paepcke: Man hat eigentlich zwei Probleme. Also erstmal hat man ein Universalrechtsgut, also eigentlich geht es beim Strafrecht um Schutz anderen Lebens, also ich darf niemanden umbringen. Dann gibt es aber auch Universalrechtsgüter, die sind die Ausnahme, das ist die öffentliche Sicherheit, also zum Beispiel: Der Staat zerfällt. Da ist die Latte recht hoch. Das muss immer am Ende auf Individualrechtsgüter zurückgeführt werden. Wer wird hier eigentlich individuell geschützt. Und ich sage mal, wenn man belegbarerweise sagen könnte, hier bewahrt man das Volk vor massivem Schaden, weil man wirklich apokalyptische Zustände hätte, wenn man sowas erlaubt, dann wäre es durchaus möglich, sowas juristisch zu konstruieren und auch durchzusetzen. Nur wenn man sich den Cannabiskonsum anguckt, sind nur etwa 0,5 Prozent aller Konsumenten abhängig, eine so erfreulich niedrige Quote hat sonst kaum ein anderes Suchtmittel.

Frage: Dann kommen wir jetzt mal wieder zu konkreteren Dingen, zum Cannabis und zu der Cannabiskonferenz, die im Dezember stattgefunden hat. Da hat Polizeipräsident Hans-Joachim Kuhlisch gesagt, dass Probleme, es würde zum Beispiel nicht mehr ein Stoff verkauft, der vielleicht gemischt ist, durch eine Legalisierung gar nicht gelöst werden würden. Wie stehst du jetzt dazu?

Von Paepcke: Das hängt so ein bisschen davon ab, wovon der Polizeipräsident da redet. Das Thema Verunreinigung: Ich tue mich immer schwer, ich kenne keine Zahlen, wie viel „Straßengras“ verunreinigt ist, denn ich sehe auch den wirtschaftlichen Anreiz eines Drogendealers. Der Gewinn kommt ja hauptsächlich durch diese unglaublichen Margen, dadurch, dass es illegal ist und man steuerfrei einfach durch diesen Risikozuschlag dick verdient. Ich sehe da gar nicht die Motivation für einen Drogendealer, dort noch Blei beizumischen, damit es ein bisschen schwerer ist. Ich kann grundsätzlich mit der Argumentation wenig anfangen, denn wenn ich in ein Geschäft gehe und dort von einem Verkäufer beraten werde, und sagen kann: Wie viel THC ist da drin, wie wirkt das? Das ist ja teilweise wie bei Weinsorten, dass da nicht nur Geschmack, sondern auch Wirkung sich erheblich unterscheiden, im Gegensatz zu Wein. Außerdem geht es natürlich auch darum, den Bürger zu Drogenmündigkeit zu erziehen, und zur Drogenmündigkeit gehört dazu, dass man davor warnt, das muss ein Baustein einer guten Drogenpolitik sein. Indem man ein Thema total tabuisiert erzeugt man keine aufgeklärte Drogenmündigkeit, und die wäre erforderlich.

Frage: Was müsste denn politisch deiner Ansicht nach passieren, damit eine Legalisierung erfolgt?

Von Paepcke: Ich hab mich im Nachgang an meinen Artikel zum Beispiel auch gefragt: Was sagt denn der Bundesjustizminister dazu, und ihm auch angeboten, eine Gegendarstellung zu veröffentlichen, denn mir fehlen die sachlichen Gegenargumente so ein bisschen. Das einzige ist der Jugendschutz.

Wenn man einfach nur sagt: Alles soll gleich bleiben, nur Cannabis wird legal, dann wird der Drogenkonsum steigen, aber so eine Form der Legalisierung meine ich nicht. Wo die Hürden sind, ich bin kein Experte dafür, da kann ich nur meine eigene Meinung wiedergeben, und da hat es viel mit der Psychologie zu tun. Durch die Stigmatisierung von Drogen fällt es unglaublich schwer, darüber zu reden. Ich habe im Rahmen dieser Recherche auch viele Vorurteile gegenüber Drogen abgelegt.

Wenn ich in einer Diskussion ein Bild von einem drogentoten Kind zeige – und sowas kann es bei Cannabis nicht geben, weil es keine Drogentoten gibt – aber wenn ich so ein Bild zeige und sage: Das ist es, was ihr unseren Kindern antuen wollt, dann ist so viel Emotionalität in dem Thema, dass man kaum noch darüber reden kann. Für Politiker heißt das: Wenn man sich so ein Thema auf die Agenda setzt, läuft man Gefahr, viele Wähler zu verprellen, ohne dass man die Chance hat, viele dazuzugewinnen.

Frage: Du meinst also, es gibt auf jeden Fall derzeit politische Hindernisse aufgrund der Emotionalität. Gäbe es sonst noch medizinische Hindernisse, die du anfügen könntest, warum das noch nicht soweit ist mit der Legalisierung?

Von Paepcke: Wenn man sich die Statistiken ansieht, zum Beispiel die Mortalität, wie gesagt, die liegt bei null, oder auch das Risiko der Abhängigkeit, schneidet Cannabis im Vergleich sehr gut ab. Es gibt allerdings, das muss man auch sagen, bei Cannabis noch sehr viele unerforschte Sachen, der Zusammenhang zwischen Psychosen und Depressionen und Cannabis, der ist noch nicht ganz klar. Was aber klar ist, ist, dass in einer Depression Cannabis noch verstärkend ist. Also ohne Frage gibt es Risiken, weswegen man vor Cannabiskonsum warnen sollte, nur das widerspricht, wie gesagt, nicht dem Ansinnen, Cannabis zu legalisieren, weil es in Summe zu weniger Schaden führt.

Das sagt Frederik von Paepcke, er ist Jurist und Journalist, arbeitet bei Perspective Daily und hat sich kritisch mit dem Verbot von Cannabis auseinandergesetzt. Danke, dass du bei uns im Studio warst.

Wir haben außerdem mit Peter Raiser, Referent für Grundfragen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), über die Folgen von illegalem Cannabisbesitz gesprochen und darüber, was die DHS zum Thema Cannabis-Legalisierung zu sagen hat. Bevor man über Lösungen wie einer Regulierung oder Legalisierung von Cannabis diskutiere, müsse in Form einer Enquete-Kommission ein Dialog zwischen Politik und Wissenschaft stattfinden, um verschiedene Perspektiven zum Thema Cannabis-Konsum an einen Tisch zu bekommen. Erst dann könne man eine Entscheidung treffen, wie gegen die aktuellen Probleme, die das Verbot von Cannabisbesitz und -verkauf mit sich bringen, vorgegangen werden soll.

*Richtigstellung: In diesem Beitrag fällt díe Aussage, dass Cannabis-Konsum in Deutschland strafbar sei. Diese Aussage ist falsch. Vielmehr kann der Besitz und der Verkauf von Cannabis strafrechtlich verfolgt werden.