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RAH & The Ruffcats – Orile To Berlin

Rezensiert von on 14. Juli 2024

       

Manchmal gibt es sie eben – diese Alben, die einen schon beim ersten Hören aus den Socken blasen. Wobei das “blasen” hier tatsächlich wortwörtlich gemeint ist. Und um dem vorpubertären Kichern mancher Leser*innen direkt vorzubeugen – hier geht es natürlich um die gewaltigen Brass-Sections, die auf dem Album so richtig einheizen. Die in Kombination mit den Rhythmen und dem Soul des Afrobeats sorgen für eine einzigartige musikalische Sommerstimmung und sind der Grund, weshalb es RAH & The Ruffcats mit ihrem Debütalbum Orile To Berlin zu unserem Album der Woche geschafft haben. 

Eigentlich stecken hinter RAH & The Ruffcats zwei musikalische Acts. Zum einen haben wir da RAH. Er ist nigerianischer Rapper und auch unter dem Namen Rapturous Apollo Helios bekannt. Geboren in Lagos, Nigeria zog es ihn irgendwann nach Berlin. Dort veranstaltete er regelmäßig Jam-Sessions bei dem sein Können als talentierter Live MC und Songwriter schnell zum Vorschein kam. Auf der anderen Seite des Projektes haben wir The Ruffcats. Seit 2007 macht sich diese achtköpfige Band vor allem als Begleitband von Musiker*innen wie Flo Mega einen Namen oder bekam den Job als Begleitband der ersten The Voice Gewinnerin Ivy Quainoo. 2018 fanden die beiden Acts dann zusammen und veröffentlichten mit der Single “Shifting Sands” ihren ersten gemeinsamen Song. Nach und nach intensivierte sich dann die Zusammenarbeit, bis jetzt schließlich am 12.07.2024 das Debüt Oriole To Berlin erschien. Das Album beschreibt den Umzug von Rah von Lagos nach Berlin. Orile ist nämlich das Viertel in Lagos in dem Rah aufgewachsen ist. 

credit Jens P. Neumann
Credit Jens P. Neumann

Gleich der Opener Yeah, Yeah, Yeah gibt die musikalische Richtung des Albums vor. Nach einem kurzen Intro, bei dem nur Rap und Schlagzeug zu hören sind knallen die Bläser in den Song, die uns durchweg mit einer tollen Hook versorgen, bis wir schließlich komplett im Afrobeat versunken sind. Währenddessen rappt RAH über seine Motive, warum er Nigeria verlassen hat. Dabei singt er unter anderem, dass er seine Familie liebt, aber wegen des Geldes Nigeria seine Heimat verlassen hat. Auch dass ihm die Entscheidung nicht leicht gefallen ist und dass seine Familie für ihn beten soll. 

Es folgt der Track Agidi. Das ist Yoruba, eine der vier Hauptsprachen Nigerias, und beschreibt eine sehr starrköpfige Person. Er beschreibt eine Welt voller starrköpfiger Politiker aber auch, wie starrköpfig sich alle Menschen in ihem Alltag verhalten. Musikalisch erinnert das ganze an Afrobeat-Legende Fela Kuti. Ein Track mit hypnotischen Gitarren, psychedelischen Keys und den eindrucksvollen Bläsern. Ein bisschen entspannter kommt dann der Track MoonSun daher. Dabei darf sich die Band hier erstmal eine gute Minute eingrooven, bis der Gesang dazu kommt. Textlich geht es dabei um eine Liebesbeziehung voller Gegensätzlichkeiten: “I am the sun. You are the moon.” Der Song wirkt dabei ein bisschen verspielter als seine Vorgänger und lässt eine entspannte Stimmung aufkommen. Ide Osun (Mantra) geht dagegen gleich etwas mehr voran. Hier hört man nicht mehr nur RAH alleine, sondern eine Frauenstímme bereichert den Chorus des Songs. Der Song weist das Motiv für den Kampf für Gleichheit auf. So heißt es beispielsweise: “We should all seek equality. We should all stay postive. But it’s hard to stay positive, if you can’t get equality”. 

Rodeo hat dann eine etwas jazzigere Note und klingt schon fast ein bisschen lateinamerikanisch. Für den dann folgenden Track Wake Up (they are the people of the myths) haben sich RAH & The Ruffcats den kanadischen Musiker King Khan mit ins Boot geholt. Dabei kommt vor allem eine stabile Funk-Nummer raus, die schon fast ein bisschen an George Clinton oder Stevie Wonder erinnert und dabei Afrobeat und Funk geschickt kombiniert. Der Song Sorry klingt dagegen schon wieder eher wie tief im reinen Afrobeat verwurzelte Rootsmusik. Auch hier klingt wieder alles etwas verspielter, aber doch gleichzeitig etwas dramatischer und ernster als die bisherigen Songs. Kaya schließt perfekt an diese Stimmung an, geht im gesamten Albumkontext aber auch leider etwas unter. Ein absolutes Highlight ist aber noch mal der letzte Track Inside Out. Hier wartet wieder eine wunderschöne Bläserhook, die uns durch den ganzen Song begleitet. Dazu hat mal die Sängerin Melane in den Song integriert, die für angenehme stimmliche Abwechslung sorgt. Dazu ist der Song mal etwas länger und lässt es wunderbar zu in die hypnotischen Klänge für längere Zeit abzutauchen. Nachdem dieser Track vorbei ist, ist es fast etwas schade, dass das Album nicht länger ist. 

Insgesamt schaffen RAH & The Ruffcats mit Orile To Berlin ein tolles Afrobeat-Album mit unglaublich starken Bläserhooks. Hier und da hört man Soul und Jazz und auch Funk. Dazu die bewegende Geschichte von RAH, wie es war, das Heimatland zu verlassen und in Deutschland neu Fuß zu fassen. Eigentlich freut man sich nun darauf, die Band auch live sehen zu können. Und tatsächlich kommt die Band auf ihrer Tour im November auch in Münster vorbei und bespielt den Hot Jazz Club. Den 23.11.2024 sollte man sich im Kalender also schon mal dick anstreichen. 


Label: Sonar Kollektiv
Veröffentlicht am: 12.07.2024
Interpret: RAH & The Ruffcats
Name: Orile To Berlin
Online: Zur Seite des Interpreten.