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Paula Carolina – Heiß/ Kalt

Rezensiert von am 24. Juli 2023

       

Anfang des Jahres hatte sie noch um die 30.000 monatliche Hörer*innen auf Spotify, mittlerweile sind es über eine halbe Millionen und es gibt kaum ein Festival, auf dem sie diesen Sommer nicht aufgetreten ist. Paula Carolina hatte dieses Jahr definitiv ihren Durchbruch. Als kleine Kirsche auf dem Sahnehäubchen des ihres Tour Sommers hat sie letzten Freitag ihre EP Heiß/ Kalt veröffentlicht. Erschienen beim beim Label superpolrecords, mit insgesamt knapp 20 Minuten Musik zum herumspringen, beziehungsweise nein, der Titel der EP Heiß/ Kalt, trifft das ganze schon ganz gut, denn Paula Carolina kann nicht nur laute Gitarren und Moshpit-Material, sondern auch Gefühlschaos, Melancholie und Wehmut. 

Der erste Track der EP ist der Song, der Paula Carolina zum Durchbruch verholfen hat – Schreien!. Bereits im Februar wurde der Song als Single veröffentlicht (und natürlich direkt bei Radio Q in die Rotation aufgenommen) und im April von Marti Fischer als Turbo Remix released. Mit dem Remix gab es dann kein Zurück mehr, mittlerweile hat der Song über viereinhalb Millionen Streams und ist damit der erfolgreichste Song von Paula Carolina. Zwar ist der Remix erfolgreicher, allerdings ist das Original deutlich passender für diese EP, denn er spiegelt den Stil von Paula Carolina perfekt wider. Etwas neue deutsche Welle, etwas 80er, etwas Indie Pop und das alles verbunden mit Themen, mit denen sich junge Menschen identifizieren können. Die erste Zeile des Songs “Haben Sie ein bisschen Kleingeld für ‘nen Sechserträger Pepsi Light” hat Paula Carolina übrigens in einer Berliner U-Bahn aufgeschnappt, in ihr Handy getippt und darauf den Song aufgebaut, das hat sie Radio Q im Interview erzählt. Passend dazu, startet auch das Musikvideo in einer Berliner U-Bahn und verbildlicht die Energie des Songs auf den Punkt.

Paula Carolina hat zwar für die Musik ihr Lehramtsstudium abgebrochen, dennoch schafft sie es, ihrem Publikum so einiges beizubringen, denn ihre Songs haben ordentlich Inhalt. Der zweite Song auf der EP trägt den Titel Trophäe und zeigt sehr exemplarisch, welche Message Paula Carolina mit ihrer Musik rüberbringen möchte. Trophäe ist nur einer von vielen feministischen Songs, im Repertoire von Paula Carolina doch er trifft besonders gut den Zahn der Zeit:

Dein Netzwerk, immer nur dein Netzwerk

Würdest du denn merken, wenn ich plötzlich weg wär?

Deine Eltern wissen, dass sie Geld haben

Du sitzt in ihrem Porsche und holst mich ab vom Kellnern

Paula Carolina – Trophäe

Feministisch geht es weiter auf der EP mit Bitte Bitte und Wär’s ok?. Bitte Bitte legt hier den Fokus auf Situationen mit denen sich FLINTA* im Alltag rumschlagen müssen, wie die Reduktion auf das Äußere und auf generell ignorantes Verhalten wie SUV fahren und Billigflüge. Wär’s ok? hingegen zelebriert Consent und sexuelle Selbstbestimmtheit.

© Eric Joel Nagel

Der fünfte Track der EP ist der, der ihr ihren Namen verleiht und zwar Heiß/ Kalt. Dieser Song ist der einzige neue Song auf dieser EP und es geht um eine zwischenmenschliche Beziehung. Anders als bei den bisherigen Songs auf der EP, in denen es um Beziehungen geht, wird hier nicht das Verhalten von einer Person thematisiert, sondern die emotionale Ebene. Heiß/ Kalt beschreibt weniger konkrete Situationen, sondern eher ein Gefühlschaos. Der Song startet noch eher locker mit einer Zeile, die bereits am Wochenende auf dem Berliner CSD auf Plakate geschrieben wurde:

Es gibt Phasen, da bin ich wie dein Vater

Steh’ auf deine Mama, ich bin heiß-kalt

Paula Carolina – Heiß/ Kalt

Im weiteren Verlauf des Songs wird es allerdings deutlich dramatischer und das ohne jemals explizit zu beschreiben, was genau passiert. 

Kommst du mir nah, kann ich nicht mehr atmen

Erinnerst mich an damals

Dopamine rasen, mag nicht, dass du mich magst

Ich fahr’ uns an die Wand und alles steht in Flamm’n

Den Tränen nah, weil mir wieder klar wird

Dass ich grad versage

Paula Carolina – Heiß/ Kalt

Damit steht Heiß/ Kalt in Kontrast zu einem Großteil der anderen Songs von Paula Carolina, die meistens eher wenig Spielraum für Interpretation lässt, sondern Dinge klar ausspricht. Mit diesem Song ist es anders, er ist wahrscheinlich für viele Menschen, die in einer schwierigen emotionalen Lage sind, relatable und genau das macht ihn so schön. 

Mit tiefen Gefühlen geht es weiter. Der letzte Song der EP trägt passenderweise den Titel Das Ende, doch diesmal geht es nicht um zwischenmenschliche Beziehungen oder Gesellschaftskritik, sondern um kein geringeres Thema als das Ende der Welt. Paula Carolina schafft es in diesem Song Ruhe zu erzeugen und bleibt ihrem Stil dennoch treu. Das Ende baut sich musikalisch wunderschön auf und auch das Musikvideo spiegelt diese akustische Steigerung wider.

Paula Carolina schafft es mit Das Ende Wehmut auf eine positive, befreiende Art auszudrücken. Dieser Song sorgt, zumindest bei mir, immer wieder für Gänsehaut und Tränen in den Augen. 

Mit ihrer EP Heiß/ Kalt zeigt Paula Carolina ihre musikalische Vielfalt. Ob überdrehter Indiepop für das Moshpit, Gesellschaftskritik oder hochemotionale Gedanken zum Weltuntergang, Paula Carolina kann das alles und wir dürfen gespannt sein, was in Zukunft noch auf uns zukommt. Als nächstes auf jeden Fall einige Möglichkeiten sie live zu erleben auf ihrer ersten eigenen Tour Es zieht im Paradies, die Ende November startet. 


Label: superpolrecords
Veröffentlicht am: 21.07.2023
Interpret: Paula Carolina
Name: Heiß/ Kalt
Online: Zur Seite des Interpreten.

Coverbild: Sophie Löw