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Little Simz – NO THANK YOU

Rezensiert von am 9. Januar 2023

       

“She might be the illest doin it right now!” So ist zumindest der Eindruck von Rap-Legende Kendrick Lamar von Little Simz. Und man könnte ihm an dieser Stelle durchaus guten Gewissens zustimmen. Die britisch-nigerianische Sängerin, die mit bürgerlichem Namen Simbiatu Ajikawo heißt, hat ein weiteres Album herausgebracht. Es reiht sich in eine lange Diskografie ein, die seit 2015 kaum Lücken zeigt und unmissverständlich klar macht: Simz hat eine Menge zu sagen! 

Da sie auf eine aufwändige Werbekampagne für das Album verzichtete, bescherte sie der Rapszene Ende Dezember 2022 mit 10 Tracks, die unter dem Albumtitel NO THANK YOU stehen, eine freudige Überraschung. Die Rapperin sagt Nein danke und zwar in Großbuchstaben. Die volle Ladung Klartext, für die sie bereits bekannt ist, scheint sie uns mit dem Titel vorzubereiten, bekommen wir auch auf diesem Werk geliefert. Nachdem es auf seinen Vorgängern bereits oft ehrlich und unverblümt und nicht selten mit aus Erfahrungen resultierenden Wut um Rassismus, den Auswirkungen von Messergewalt in der Metropole London, in der sie aufwuchs und ihrem Blickwinkel als Schwarze Frau auf die Gesellschaft ging, konzentriert sich NO THANK YOU an vielen Stellen vor allem auf letzteres im Kontext der Musikbranche. 

Und darauf müssen die Zuhörenden nicht lange warten. Die trügerisch engelsgleichen Loops von Gospel Chorgesang, mit denen der Song “Angels” das Album eröffnet, stehen in einem nahezu grotesken Kontrast zu dem darauffolgenden Inhalt. Ihre Worte malen sprachliche Bilder, die von ihrem bösen Erwachen in der Musikbranche erzählen. Sie rappt von gestohlenen Seelen für den Kommerz, über das Bereuen, die Kontrolle abgegeben zu haben, und über ihre eigenen mentalen Probleme, für deren Zuwendung im Business nie Platz gefunden wurde. Nach fast 6 Minuten beendet sie diesen ersten Track mit den Zeilen, die anderen können dieses Spiel ruhig weiterspielen, sie aber sehe den Sinn nicht mehr. Und wie sie dieser Aussage treu bleibt! Das Erscheinungsdatum war ein Montag, nicht wie allgemein etabliert ein Freitag und auch die Songs haben für aktuelle Trendentwicklungen eindeutig Überlänge. Ein besonders raffiniertes Detail ist das Nennen ihres Albumtitels auf dem Track “No Merci”, wobei sie jedoch davon absieht es französisch auszusprechen. Als zuhörende Person hört man sie daher “no mercy” sagen – Simz zeigt keine Gnade. Es ist nicht sonderlich schwer zu erraten, an wen diese Botschaft gerichtet ist.

Nach der Trennung von ihrem jahrelangen Management, ist die Neuerscheinung somit ohne jeden Zweifel eine Abrechnung mit der Musikindustrie, aus deren Fängen sie sich nun endgültig befreit zu haben scheint. Das hört man auch eindeutig am Sound, dessen Entwicklung über die Veröffentlichungen der letzten Jahre zu verfolgen war und der nun noch unverkennbarer nach Little Simz klingt. Sie begeistert mit geschickten Flowwechseln, die sie sich bereits als 9-jähriges Mädchen auf der kleinen Bühne eines Jugendclubs anzutrainieren begann, und meistert es, Komponenten von R&B, Soul, HipHop und klassischer Musik zu vereinen.

Bereits das mit dem Mercury Price ausgezeichnete Vorgängeralbum Sometimes I might be introvert konnte mit pompösen Orchester Fanfaren in Intros und Outros begeistern, doch nun gelingt es der 28-Jährigen mit einer beeindruckenden Mühelosigkeit, die so verschiedenen musikalischen Einflüsse zu einem in sich geschlossenen Werk zu vereinen. Da ist einfach für jede und jeden etwas dabei! Der Song “Gorilla” hat eindeutig Hitpotential, da bewegen sich die Beine fast von selbst. Auf der Soulnummer “Who even cares” hören wir Simz in mystischer Ferne und in ganz ruhig und auf “Control” schreibt sie untermalt vom Piano und erneut Chorgesängen das letzte Kapitel des kleinen musiktechnischen Meisterwerkes.

NO THANK YOU ist am Ende ein Album zum Mitnicken und zum Nachdenken, zum Wütend werden und zum Finden von Hoffnung in dieser Wut.

von Marie Rübsamen


Label: Forever Living Originals / AWAL
Veröffentlicht am: 12.12.2022
Interpret: Little Simz
Name: NO THANK YOU
Online: Zur Seite des Interpreten.


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