Aktueller Song

Titel

Künstler

Aktuelle Sendung

Moebius

00:00 09:00

Aktuelle Sendung

Moebius

00:00 09:00


Little Simz – Drop 7

Rezensiert von am 19. Februar 2024

       

Autor: Steffen Hanning

Die neue Ära des Hip-Hop ist um eine Platte reicher: Mit Drop 7 veröffentlicht die britische Künstlerin Little Simz bereits den siebten Teil ihrer experimentellen EP-Reihe, in der sie diesmal musikalisch von brasilianischem Funk bis zu südafrikanischem Amapiano reist.

Little Simz, eine der mutigsten und konzeptionellsten Künstlerinnen des britischen Hip-Hop, begeistert seit nunmehr 10 Jahren mit ihren grenzüberschreitenden und einzigartigen Releases – Drop 7 ist ein weiteres Beispiel dafür. Vier Jahre nach Drop 6 und sogar zehn Jahre nach Drop 1 unterscheidet sich das Werk vor allem soundtechnisch von den anderen EPs der Reihe – denn Little Simz verleiht dem Ganzen eine etwas clubbigere Nuance. Produzent Jakwob, der bereits mit Künstler*innen wie Auroa und Shygirl zusammenarbeitete, unterstreicht die Rap-Lyrics mit Drum’n’Bass-Einflüssen, Trap-Beats und Amapianos. Das Ergebnis: Sieben knackige, auf den Punkt produzierte Songs, die so experimentierfreudig und facettenreich sind, dass man als Hörer*in nach der recht kurzen Spielzeit von knapp 15 Minuten völlig verblüfft zurückbleibt.

Die Dauer von lediglich einer Viertelstunde muss man sich erstmal bewusst machen, denn welchen Facettenreichtum Little Simz in dieser kurzen Spielzeit unterbringt, ist alles andere als Daily Business. Schon der Opener Mood Swings ist eine Kostprobe ihres Könnens. Eine Appetizer für das, was uns in den nächsten 15 Minuten erwartet. Mood Swings macht seinem Namen alle Ehre. Der Song pendelt zwischen luftigem und perkussivem Flow, während Simz fast magisch von flüsterndem zu frechem und selbstbewusstem Rap wechselt und nahezu perfekt zu Fever überleitet, in dem sich Simz zu Recht als das ultimative „coole Kind” präsentiert. Während des Songs wechselt sie mühelos den Flow, integriert nahtlos mehrere Sprachen und feiert selbstbewusst ihren Erfolg. Ihr Können auf dem Track erinnert an jene Naturtalente in der Schule, die nie zu lernen schienen, aber ihre Prüfungen immer mit Bravour bestanden. Folgerichtig vermittelt Torch eine Art Entschlossenheit, Selbstvertrauen und Durchhaltevermögen. Sie betont, wie wichtig es ist, sich selbst treu zu bleiben, Liebe und persönliches Wachstum trotz Herausforderungen zu verfolgen und einen bleibenden Einfluss auf andere zu hinterlassen.

SOS ist wohl das experimentellste Stück der EP. Atmosphärisch erinnert es stark an den südafrikanischen Amapiano. Lyrisch bewegt sich der Song trotz oder gerade wegen des musikalischen Bruchs irgendwo zwischen Dringlichkeit und Verzweiflung, symbolisiert durch den sich wiederholenden Refrain von „Go” und der Bitte um Aufmerksamkeit und Hilfe. Man spürt eine Art Sehnsucht nach Verbindung und Unterstützung, die durch die Wiederholung der Phrase „hear me out” unterstrichen wird.

Im Song I Ain’t Feelin It erzählt sie im Grunde die alte From-Rags-To-Riches-Geschichte. Wahrscheinlich schlürft jede*r lieber Tee in einem gut geheizten Schlösschen, als jeden Cent zweimal umdrehen zu müssen. Der Preis dafür ist, dass man sich nicht, wie es eigentlich der eigenen Natur entspräche, mit Stift und Papier zurückziehen kann, sondern den Leuten da draußen wieder und wieder erklären muss, dass die Musikerin Little Simz, die Shelley, die sie als Schauspielerin in der Netflix-Serie „Top Boy” verkörpert, und die Privatperson Simbi nur bedingt etwas miteinander zu tun haben.

„If I said that I’m the greatest then I mean it”, heißt es im Song Power – und hier ist der Name Programm. Nach nur 55 Sekunden ist das kurze, aber nicht minder knackige Werk schon wieder vorbei, aber die Botschaft scheint klar: Sie drückt ihr Selbstvertrauen und ihre Weigerung aus, sich den Erwartungen anderer anzupassen, und betont ihre Widerstandskraft inmitten von Prüfungen und Erfolgen.

Das abschließende Far Away ist in vielerlei Hinsicht ein poppigeres Stück, und Simz kommt dem Gesang so nahe wie selten zuvor. Die Chormelodien sind verschwunden, aber das tut der Seele des Songs keinen Abbruch. Simz tritt zwar stimmlich etwas in den Hintergrund, aber erst dadurch entsteht diese einzigartige Symbiose aus Sound und Gesang. Die Instrumentals haben die verträumte Qualität von I Ain’t Feeling It und beschließen Drop 7 mit einem nostalgisch warmen Rhythmus. Es ist ruhiger und wirkt dadurch intimer, als würde Simz uns ein wenig näher an sich als Künstlerin heranführen und uns zeigen, was ihre Prioritäten als Musikerin sind.

Foto: Karolina Wieloch

Drop 7 ist sicherlich eines der künstlerisch originellsten Werke von Little Simz. Die Rapperin überrascht immer wieder mit unerwarteten Wendungen und schafft es, ihren facettenreichen Musikstil gekonnt mit unterschiedlichsten Genres zu verschmelzen. Obwohl ein eher untypischer Release für sie, steht die EP ihren bisherigen Veröffentlichungen in nichts nach. Das Ergebnis ist ein vielschichtiger Sound, der ihre künstlerische Eigenständigkeit unterstreicht. Ihre Texte sind poetisch und nachdenklich, beleuchten persönliche Erfahrungen ebenso wie gesellschaftliche Themen und geben Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelt.


Label: Forever Living Originals
Veröffentlicht am: 09.02.2024
Interpret: Little Simz
Name: Drop 7
Online: Zur Seite des Interpreten.