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La Femme – Paradigmes

Rezensiert von am 5. April 2021

       

Schönen guten Abend meine Damen und Herren, ich darf sie zu unserer heutigen Revue begrüßen. Die Bühne ist hell erleuchtet und ich darf sie einladen, Zeuge einer Varieté Show sondergleichen zu werden. Musik, Tanz, ja gar Philosophie! Sie sind zurück mit ihrem lang erwarteten dritten Album – La Femme

Eine Varieté Show mit Musik von La Femme zu unterlegen wäre gar nicht so verkehrt. Die Elektro-Pop Virtuosen aus Biarritz in Frankreich verstehen es offensichtlich ein abwechslungsreiches, farbenfrohes Album mit dem gewissen Kitsch zu produzieren. Die Musik auf Paradigme zeigt vielfältige Einflüsse von Yé-Yé, dem französischen Pendant des 60er Rock´n´Rolls a lá Beatles, über dem Coldwave der 80er bis hin zu Punk und Big Beat Passagen. Der Opener und gleichzeitig Titelsong des Albums klingt nach einer modernen und elektronischen Interpretation von Swing. Nicht zu vergleichen mit dem eher mäßig spannenden Genre Electro-Swing. Ungewohnt aber keineswegs unpassend für La Femme sind die Trompeten und Hörner, die eine herrliche und volle akustische Kulisse aufbauen. Le Sang De Mon Prochain hat den Charme eines Chansons gesungen über einem Big Beat Song mit garniert seltsam spukvollen Elementen und einer angenehm faszinierenden Gänsehaut-Atmosphäre. Cool Colorado ist ein laidback Song über eine Sache, die in Colorado aktuell gut funktioniert: High werden. Foutre Le Bordel erinnert an eine Tirade im Stile von Plastic Bertrand mit etwas mehr Punk.

Es folgen psychedelische Ausflüge nach Nouvelle Orleans und anschließend geht es im instrumentalen Lacher de Chevaux weiter in den wilden Westen. Stellt euch vor jemand hätte Ennio Morricone LSD und einen Moog-Synthesizer gegeben. Passend zum Thema LSD folgt das absolut wahnsinnige Disconnexion, denn die geistige Vorarbeit des Spoken-Word Parts haben die Philosophen des französischen Existentialismus geleistet. Um zu unterstreichen wie absurd das Leben und die Welt an sich ist, wird der kurze Philosophie-Vortrag durch ein wildes Banjo begleitet und von Opern-Arien abgelöst. Auch das deutlich ruhigere Le Jardin schlägt philosophische Töne an. Der Song beschreibt das Leben aus einer optimistisch-nihilistischen und absurden Perspektive: „No temas la vida, o la locura porque todos estamos locos“ oder frei übersetzt „Fürchte dich nicht vor dem Leben oder der Verrücktheit, denn wir sind alle verrückt.“ So kann man das La Femme Album auch gut zusammenfassen. Fünfzehn verrückte Songs, die wenn man auf ihre Einflüsse schaut, willkürlich zusammengewürfelt scheinen. Aber der Eindruck täuscht, denn der einzigartige und unverkennbare Stil von La Femme zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Album. Ein gewisser Retrofuturismus zeigt sich immer wieder auf dem Album, ohne in irgendwelche Kopien abzudriften. La Femme holt die Vergangenheit gekonnt, nicht ins heute, sondern in die Zukunft. Paradigme klingt seltsamerweise nach alt und trotzdem neu. Ein musikalischer Fiebertraum, der dazu einlädt, die Absurdität des Lebens nicht zu hinterfragen, sondern sie mit Freude zu begrüßen. Michel Foucault wäre stolz.


Label: Disque Pointu
Veröffentlicht am: 02.04.2021
Interpret: La Femme
Name: Paradigmes
Online: Zur Seite des Interpreten.


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