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Fontaines D.C. – Romance

Rezensiert von on 27. August 2024

       

“Du hast dich verändert – alle sagen das” – kein Zitat passt an dieser Stelle so gut zum neuen Album Romance von Fontaines D.C. wie dieses. Seit 2019 dürfen wir nun den spannenden Weg der irischen Post-Punk-Band zu einer der erfolgreichsten Gruppen ihres Genres verfolgen. Da erschien ihr furioses Debütalbum “Dogrel”. Roher, treibender aber doch melodisch, melancholisch düsterer Post-Punk definierte die Band, auch noch auf ihren nachfolgenden Alben “A Heros Death” (2020) und “Skinty Fia” (2022). Jetzt folgte der wohl größte Soundshift in der Karriere der Band rund um Frontmann Grian Chatten. Auf Romance merkt man den Jungs an, dass sie eben nicht mehr die kleine schüchterne Band aus Dublin sind, sondern dass sie mittlerweile zu international erfolgreichen Rockstars herangereift sind. Der Post-Punk stellt zwar immernoch die musikalische Grundlage der Band, allerdings gesellt sich nun eine gehörige Portion Indie-Rock mit Stadioncharakter dazu. Alles wirkt eine Nummer poppiger und gigantischer, nicht mehr so spatig wie vorher, sondern ein etwas breiteres Publikum ansprechend. Man hört deutlich das Fontaines D.C zum einen das Label – von Partisan Records zur Beggars Tochter XL Recordings – gewechselt haben, zum anderen mit James Ford einen neuen Produzenten gewinnen konnten, der unter anderem ab “Favourite Worst Nightmares” alle Alben der Arctic Monkeys, die Foals, die Gorillaz oder zuletzt auch die Pet Shop Boys produziert hat. Auch wenn dieser Sound- und Imagewechsel für eingefleischte Fans der Band sicherlich ein wenig überraschend kommt, wirkt er dennoch organisch und ist wirklich gut gelungen. Was in diesem ganzen Prozess ein wenig verloren geht, ist die Irishness und der Kontakt zu den Wurzeln, worauf auf “Skinty Fia” – ein gälischer Albumtitel – ja noch viel Wert gelegt wurde. Das kann man der Band allerdings kaum vorwerfen, wenn man bedenkt, dass sich Gitarrist Carlos O’Connell für die Albumvorbereitungen in Spanien, Conor Deegan in Paris und Grian Chatten gar in Los Angeles niedergelassen haben. Auch wenn sich die Songthemen verändern, was bleibt, ist das gefühlvolle Songwriting der Band, wobei alle 11 Tracks auf dem neuen Album von dem losen Konzept des titelgebenden Themas Romance umspannt werden. 

Gleich der albentitelgebende Opener Romance liefert uns eine Kostprobe in den neuen Sound der Band. Die Gitarre klingt etwas heller als sonst. Es warten kleine glockenspielartige Synthiespielereien. Ansonsten wirkt der Track eher düster und stellt diesen perfekten mysteriösen Beginn dar. Kommt Chatten aber zum Refrain ist dieser auf einmal sehr hell und erinnert von der Akkordfolge her schon fast eher an die Beatles. Ein interessantes Zwischenspiel zwischen hell und dunkel, welches nach Aussagen der Band vom Film Charlie und die Schokoladenfabrik inspiriert worden ist. Mit Starbuster folgt die erste Singleauskopplung, die uns schon von einigen Monaten den ersten Einblick ins neue Album ermöglichte. Diese Single ist inspiriert von einer Panikattacke, die Frontman Grian Chatten im Londoner St. Pancras Bahnhof hatte. Akustisch schlägt sich das in dem Song etwa durch die Einbindung lauter Atemsounds dar. Das der Titel dabei nicht so recht zum Song passen will, liegt übrigens daran, dass es ein Arbeitstitel war, der den Prozess der Songverfeinerung überlebte. 

Ein weiteres Highlight, gerade was die Eingängigkeit eines Songs angeht, kommt dann mit Here’s The Thing. Der Song wurde geschrieben, als das Album eigentlich schon fertig war. Man sagte bereits Produzent James Ford, dass er nun mit seiner Arbeit loslegen könne. Als die Band dann auf ihren Produzenten warten musste, fingen sie an zu jammen und auf einmal war der Song binnen kürzester Zeit fertig. Der Song an sich ist laut Chatten ein “anxious tune between pain and numbness” und bleibt von der Melodie her im Kopf. Definitiv der Song mit dem größten Ohrwurmpotenzial auf dem Album. Es folgt mit Desire dann der erste von mehreren Songs, für den sich Fontaines D.C. ein Streichquartett ins Studio holten. Herausgekommen ist in diesem Fall ein etwas melancholischerer Track. Wobei Chatten betont, dass Desire, also das Begehren, auch immer Teil einer Romanze ist und damit natürlich auch auf dem Album Platz finden muss. Die Zusammenarbeit mit dem Streichquartett wird gleich auf dem nächsten Song In A Modern World fortgeführt. Diesen Song will die Band klingen lassen wie eine Liebesgeschichte aus dem Animefilm Robotic Angel (Im Original Metropolis) aus dem Jahr 2001, seines Zeichen ein dystopisches Cyberpunk Drama. So findet es Chatten faszinierend, dass sich Liebe selbst an dem dystopischen Ort durchsetzt. Dieser Song lebt vielfach auch von dem tollen gesanglichen Zusammenspiel zwischen Chatten und Backgroundsänger Conor Deegan und dem wahnsinnig tollen Aufbau.

Der Song Bug dagegen ist eine Mitgröhlhymne die vor allem bei Liveauftritten der Band für ordentlich Stimmung sorgen dürfte. Hierbei kann man auch noch ein wenig die irischen Wurzeln der Band hören, gerade was die sehr prägnante Akkkordfolge des Songs angeht. Hier handelt es sich definitiv um einen der fröhlichsten Songs auf dem Album.Da die Fröhlichkeit im Post-Punk ja aber eher die Ausnahme darstellen sollte, wird es bei Motorcycle Boy auch schon wieder etwas dunkler und verträumter. Der Songtitel bezieht sich auf einen Charakter aus dem Rumble Fish von Francis Ford Coppola. Chatten schrieb diesen Song für seinen jüngeren Bruder als eine Art Entschuldigung, als Vorbild häufig abwesend zu sein.

Mit Sundowner folgt dann ein Novum. Es ist nämlich der erste Song der Band, bei dem Grian Chatten nicht den Leadgesang übernimmt. Diese Rolle fällt hier Conor Curly zu, der den Song auch geschrieben hat. Der Song klingt ungewöhnlich stark nach Dream Pop, was allerdings auch Sinn macht, denn in dem Song geht es ums Träumen. Um das Träumen von geliebten Menschen, die nicht mehr präsent sind. Eine wunderschöne Ballade wartet auch mit Horseness is the Whatness – ein Zitat von James Joyce – der ja auch durchaus auf früheren Alben schon eine Inspirationsquelle für die Band gewesen ist. Hier zeigt die Band mal wieder bestens, dass sie auch langsam und gefühlvoll können. Bevor Fontaines D.C. Romance aber so beenden, geben sie nochmal richtig Feuer mit dem Track Death Kink. Hier geht es um die Dynamik in einer Beziehung, wobei die Verletzlichkeit einer Beziehungsperson zum Vorteil der anderen ausgenutzt wird. Wie Grian Chatten das Wort “Amazing” ins Mirkofon singt, hat etwas von Wahnsinn und Verletzlichkeit zugleich. Mit Favourite verabschieden sich Fontaines D.C. dann mit einem absoluten Indie Feelgood Track. Es handelt sich laut der Band tatsächlich auch um ihren Lieblingssong auf dem Album. Somit findet die aufreibende Reise der Romance mit Favourite einen versöhnlichen, fast schon niedlichen Abschluss. 

Auch wenn man sich erstmal an den neuen, sich ein wenig dem kommerziellen anpassenden Sound der Band gewöhnen muss, liefert Fontaines D.C. mal wieder ein großartiges Machwerk ab. Zugegeben, ganz an die Genialität der Vorgängeralben kommt es nicht heran. Aber es scheint auch absolut nicht gewollt. Die Band geht ihren organischen Weg und das ist gut so. Und letztendlich ist es auch hier wie bei jedem Album der Band. Je öfter man es hört, desto besser wird es einfach.


Label: XL Recordings
Veröffentlicht am: 23.08.2024
Interpret: Fontaines D.C.
Name: Romance
Online: Zur Seite des Interpreten.