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Flying Moon In Space – Zwei

Rezensiert von am 4. Juli 2022

       

rezensiert von Moritz Meyer

Das Genre Krautrock ist an sich gar kein Genre. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Bezeichnung, um die musikalischen Strömungen von deutschen Bands ab den 1960er-Jahren zu kategorisieren. Unter Krautrock fielen damit Genres wie Psychedelic Rock (Agitation Free), Space Rock (Guru Guru), elektronische Musik (Kraftwerk) oder avantgardistische Musik (Can). Das einzige Gemeinsamkeit, die Krautrock auszeichnet, ist, dass es sich vielfach um experimentelle und improvisierte Musik handelt und das dessen VertreterInnen aus Deutschland kommen. Damit liefert die Genrebezeichnung Krautrock jedoch die perfekte Beschreibung für unser Album der Woche. 

Das stammt dieses Mal von der Leipziger Band Flying Moon in Space und trägt den Titel Zwei. Wie der Titel schon erahnen lässt, handelt es sich dabei um das zweite Album der sechsköpfigen Band. 2015 gründeten sich Flying Moon in Space aus verschiedenen bestehenden Musikprojekten aus dem Leipziger Raum und wurden schnell vom britischen Label Fuzz Club Records unter Vertrag genommen. Dort veröffentlichten sie im Jahr 2020 auch ihr self-titled Debütalbum. War dieses Album vor allem eine Aneinanderreihung von Improvisationen und gemeinsamen Gejamme, das anschließend auf Platte gebracht wurde, so konnte dieser Ansatz  für das jetzige Album nicht mehr verfolgt werden. Simpler Grund dafür war die Pandemie – durch den Lockdown war ein gemeinsames Jammen schlicht nicht mehr möglich. Dennoch wurde die Zeit des Stillstands von der Band zum Songwriting genutzt. Der Songwritingprozess sah dabei aus wie das beliebte Spiel “Stille Post”: Eine*r fängt mit einer Tonfolge oder einem Textpart an und die restlichen Bandmitglieder ergänzen und verändern und am Ende steht ein spannendes Produkt. Mit dem so entstandenen Demotape als Grundlage ging es dann für die Band in eine Kirche nach Tschechien, in der das Album komplettiert wurde. Herausgekommen ist so ein kleines Krautrock-Meisterwerk, welches Stile wie Psychedelic Rock, Space Rock, Elektro und Avangarde mit einem Hauch Indierock vereint. 

Gleich der Opener Traum für Alle scheint schon etwas Großes zu verheißen. So klingt es, als würde eine Art Helikopter seine Kreise in der Schwerelosigkeit ziehen. Nach diesem anderthalb minütigen Intro knallt dann plötzlich Indiepunk in den Song und mit der recht hohen Stimme des Frontman wird schon eine Art Hektik geschaffen. Nach gewisser Zeit fesselt einen diese leicht düstere musikalische Stimmung aber ungemein und lässt einen bis zum Ende des Songs nicht mehr los. Man hat das Gefühl, dass es immer weiter nach vorne geht und der Beat einen ungemein nach voran treibt, hinten raus auch mit diversen Gitarrenimprovisationen, die für die nötige Abwechslung sorgen. Um diese Stimmung aufzubauen, lässt sich der Song auch schöne 8 Minuten Zeit. Mit einem noch düsteren Beat, der schon fast an Industrial erinnert, wartet dann der zweite Song Optimist auf. Nach 1:40 min macht der Beat zunächst dem Gesang von Frontmann Adam Parks platz, ehe sich die beiden in der Mitte des Songs auf Gemeinsamkeit einigen. Passend zu dem Song Optimist lautet die Haupttextzeile des Songs “We’re Dying”. So einen positiven Optimismus hört man doch gerne.

Auch wenn man es nicht für möglich hält, versprüht der dritte Song This Exists einen noch düsteren Vibe als sein Vorgänger. Hier werden die Grundsatzfragen der Existenz angegangen, wobei der monotone schnelle Gesang schon fast eine Portion Rap mit in den Song einbringt. Bei dem Track Power werden zunächst ein paar musikalische Elemente eingesetzt, die auch im Genre des Horrorfilms große Beliebtheit haben. Der Song bekommt allerdings schnell die Kurve in eine eher seichte, poppigere Note. Der Gesang ist hier so mit Effekten belegt, dass er sich nicht in ein Vordergrund drängt, sondern zu einer unscheinbaren Melodiespur wird. Der Song The Day The Sun Was Made ist, gemessen an seiner Länge, im Vergleich zu den anderen Songs mit 2:55min schon fast eine Art Interlude. Musikalisch gesehen ist der Track aber alles andere. Hier geht es ordentlich ab. Über einen pulsierenden Elektropunk-Beat sind schon fast choralartige Gesänge zu hören. Das Ganze klingt wie eine sakrale intergalaktische Opferungszeremonie. Ill Ill Ill liefert den HörerInnen dagegen erstmal eine Pause. Zu diesen  elektronischen Indiepopklängen kann man seine Gedanken entspannt kreisen lassen. Mit Dissoziation liefern Flying Moon in Space dann auch ganz getreu ihrem Namen einen ruhigen melancholischen Space-Rock-Track, in den man sich doch glatt hineinlegen möchte, um ihn mit allen Sinnen zu erfahren. Eigentlich wäre dieser Song schon der perfekte Closer, aber einen letzten Track legt die Band mit Prophet noch nach. So verabschieden sich Flying Moon In Space mit einer Indiepopballade, die in sich einen schönen Aufbau hat, allerdings nicht unbedigt wirklich gut ans Ende ihres Albums passt, sondern an anderer Stelle mehr Sinn gemacht hätte. 

Insgesamt liefern Flying Moon in Space ein schönes Album, welches in den ersten Teilen vor allem treibend tanzbar ist und hinten raus zur puren Entspannung einlädt. Gerade die Songs mit über 5 Minuten Länge dienen ideal dazu, um sich von der Band auf eine musikalische Reise entführen zu lassen. Der breite stilistische Mix zwischen Indie Rock, Electronic, Space Rock und Psychedelic Rock sorgt durch geschickten Einsatz der Stile, dass das Album nie langweilig wird und liefert damit ein kleines epischer Krautrockwerk, wie man es von einer deutschen Band schon lange nicht mehr in dieser Art gewohnt ist.


Label: Fuzz Club Records
Veröffentlicht am: 24.06.2022
Interpret: Flying Moon In Space
Name: Zwei
Online: Zur Seite des Interpreten.


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