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Fcukers – Baggy$$

Rezensiert von on 11. September 2024

       

Da ist noch nicht mal ein richtiges Album draußen und trotzdem gilt die Band Fcukers (ich denke wir alle wissen, wie das wirklich ausgesprochen wird ;)) als eine der versprechendsten Newcomerbands am amerikanischen Musikhimmel. Mit der Baggy$$ EP liefert das Trio bestehend aus Shanny Wise (Gesang), Ben Scharf (Schlagzeug) und Jackson Walker Lewis (Bass, Keys, Production) nun das erste Mal etwas mehr ab als nur einzelne Singles. Zugegeben, als ganzes Album lässt sich das noch nicht wirklich bezeichnen, aber es ist ein toller Vorgeschmack auf das, was uns zukünftig noch von der Band erwarten lässt. Das ist tatsächlich außergewöhnlich, da man von den Fcukers fast schon von einer Mirkowellenband reden kann. Nichts was die Band uns musikalisch präsentiert hat es nicht schon gegeben. Alles wirkt irgendwie aufgewärmt – wie eben in der Mikrowelle. Häufig meint man sogar Songs, die man aus ganz anderen Ecken kennt, in der Musik wiederzuerkennen. Was die Band allerdings so einzigartig macht, ist die Neukombination des Bekannten. Es handelt sich eben nicht um das fertig gewürzte Mikrowellengericht, dass man aufwärmen muss und fertig ist die Sache. Man kann sich die Musik eher so vorstellen, als würde man Apfeltaschen, Kartoffelbrei und Sriracha-Sauce in der Mikrowelle erwärmen und dann das Ganze dann kombiniert servieren. Zugegeben, die Kombination wirkt erstmal ungewöhnlich und schmeckt sicher nicht jeder Person – so hat auch die Band im Netz auf X  schon starken Hate bekommen. Aber wenn man bereit ist, sich auf ungewöhnliche Kombinationen einzulassen, die mit bekannten Dingen spielen, dann ist man bei den Fcukers genau an der richtigen Stelle. 

Der beste Beweis ist gleich der Opener der EP Bon Bon. Erst erwartet uns ein Sample mit verzerrten Stimmen, ehe wir dann in einen Track starten, der dem UK-Garage doch sehr nahe steht. Spätestens wenn die Bassline einsetzt, kann man nicht mehr ignorieren, dass man ziemlich genau die gleiche Line schon mal im Groove Armada Klassiker “Superstylin’” gehört hat. Wenn dann allerdings die Stimme von Shanny Wise anfängt zu singen, muss man ziemlich schnell an die leicht desinteressierte, ein bisschen Riot Grrrl angehauchte Stimme von Wet Leg-Frontfrau Rhian Teasdale denken. Aus viel mehr Elementen besteht der Song dann eigentlich auch schon nicht mehr. Aber diese Kombination geleitet einen auf dermaßen catchige Weise durch den Song, dass man gar nicht anders kann, als dem Flow komplett zu verfallen. Beim zweiten Track Heart Dub spoiliert der Titel schon ein wenig in welche Richtung es geht. Dubelemente treffen auf einen knackigen Breakbeat und je länger der Song dauert, desto weniger dubby wird er. Die Stimme von Wise klingt hier etwas gefühlvoller und zarter als etwa noch im Vorgänger und berichtet davon, sich nicht leichtfertig in eine Person zu verlieben, sondern auf die richtige Person zu warten. Es entsteht eher eine verträumte Atmosphäre, die aber immer wieder geschickt vom Breakbeat durchbrochen wird. Der dritte Track Homie Don’t Shake kann dagegen schon als absolutes Highlight der EP gelten. Hier startet der Song erstmal mit einem klassischen House Beat – wie wir ihn aus diesem Gerne kennen und lieben. Ergänzend kommt ein Rockgitarrensample hinzu, sehr ähnlich wie in dem The Prodigy Track “Voodoo Peolpe”, welcher Nirvana sampled. Auch die Bassline erinnert ein wenig an The Prodigy. Zwischendrin machen sich immer mal wieder Synthies bemerkbar, die an Robin S. “Show Me Love” erinnern. Dann knallt eine Cowbell in den Song. Und das alles wieder zu dem leicht ignoranten Gesang. Einflüsse aus allen Ecken der Musikgeschichte und in Kombination einfach nur ein wahnsinniger Banger.

Mit UMPA folgt ein Song, der erstmal eine Art Soundmix und aus Clapbeat und Wasserflasche schütteln darstellt. Der Backgroundgesang erklärt dann auch den Titel des Songs, der an dieser Stelle hier eindeutig onomatopoetisch zu verstehen ist. Inhaltlich scheint es um ein reiches Luxus-Girl zu gehen, das aber gekonnt ignoriert wird. Hier erinnert der Track nicht sofort an einen anderen bekannten Song und stellt damit eigentlich die größte Eigeninnovation der Band auf dem Album dar. Bei I Don’t Wanna handelt es sich schon fast um einen Soulbeat, wie ihn James Brown auch gut und gerne hätte verwenden können oder wie er in der gesampleten Version die Grundlage für die meisten 90er Jahre Hip-Hop-Tracks ist. Auch wenn die Band den Song kaum kennen dürfte, fühlt man sich musikalisch in der Mitte des Songs doch stark an “Tag am Meer” von den Fantastischen Vier erinnert, was vor allem an den zwei Offbeat-Schägen im Takt liegen dürfte. Irgendwann kommt ein Piano in den Song, was scheinbar nicht so recht zum Rest des Songs passt und eher sein eigenes Ding macht. Hier wird bewusst auch mal  die eine oder andere kleine Disharmonie angewendet. Im Albumkontext auf jeden Fall sehr erfrischend und auch ein wenig überraschend. Den Abschluss der EP bildet dann der Track Tommy. Hier warten zunächst wieder ein paar verzerrte, tiefer gezogene Stimmen, ehe ein klassischer Funk-Beat den Track erweitert, der ein wenig an den C&C Music Factory Klassiker “Make You Sweat (Everybody Dance Now)” erinnert, gekonnt gepaart mit der hier eher höheren Stimme von Wise. Das Ganze baut sich so lange auf, bis wir einen Drop erleben. Der wohl krasseste Drop des ganzen Albums. Danach wird es nochmal etwas elektronisch düsterer, bis die ganze EP dann langsam ausklingt und wir auch schon am Ende angekommen sind. 

Insgesamt ist “Baggy$$” eine EP, die unglaublich viele Stile und die verschiedensten Einflüsse aus unterschiedlichen Genres durchblicken lässt. Vielleicht ist es genau das, was diese EP so gelungen macht. Irgendwie kennt man das Ganze schon und bewusst werden bereits vorhandene musikalische Hörgewohnheiten getriggert – gottseindank nie so offensichtlich wie bei so vielen Chartsongs heutzutage –  irgendwie ist das Ganze was einem präsentiert wird aber auch neu und unbekannt. Damit schaffen Fcukers eine starke Debüt EP, die Lust auf mehr macht. Manchmal ist Mikrowellenessen also doch ganz gut. 


Label: Technicolour
Veröffentlicht am: 06.09.2024
Interpret: Fcuckers
Name: Baggy$$
Online: Zur Seite des Interpreten.