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Cari Cari – Welcome to Kookoo Island

Rezensiert von am 26. September 2022

       

Das müssen Cineasten sein! Gerade noch rittst du mit Ihnen durch die Prärie, dann kommst du mit Kaffee zurück und sie sonnen sich mit dir am Strand. Ist ja auch nicht ohne so ein Ritt, bei der Hitze und der ständigen Gefahr von Hyänen oder ähnlichem zerfleischt zu werden.  Aber ganz ehrlich: diese Freiheit! Die ist unbezahlbar. Habt ihr es einmal auf den Krokodil Berg geschafft, wollt ihr so schnell nicht mehr zurück!

…Willkommen auf Kookoo Island..

Kookoo Island – wo soll das sein? Eine Google Maps Suche ergab kein vernünftiges Ergebnis – haben Cari Cari uns also einen Kojoten aufgebunden??? So wie Wes Anderson oder Quentin Tarantino das gerne tun?

Nun zumindest haben sie ordentlich Staub aufgewirbelt. Damals. 2018. Mit “Anaana”. Ein Album so sympathisch wie seine Namensgeber. Alexander Köck und Stephanie Widmer erweckten darauf die Savanne (oder Outback) auf charmante Weise in dreiminütigen Indie-Hits zum Leben. Und dass, obwohl sie aus dem kakteenlosen Österreich stammen und es in London aufnahmen. Es folgten Auftritte auf dem spanischen Primavera Festival oder Melt!, Lobpreisungen des Rolling Stones Magazins und Preise im Heimatland. Mit Album Nr. 2. ist die Liebe zu Doppelnamen scheinbar erstmal passé, die abenteuerliche Klanglandschaft der mexikanischen Steppe aber, sie lebt wie nie zuvor – erstmal wird jedoch getaucht!

Auf Kookoo Island wimmelt es von umherschwirrenden Klängen die einen beim ersten Mal Hören vermutlich total entgehen dürften. Man kann es sich auf gern mal zur Aufgabe machen die vorkommenden Instrumente zu zählen – eine kleine Auswahl: Ratsche, Didgeridoo, Gitarre, Bongos, Schlagzeug, Synthesizer, Tambourine (das ganze Musikunterrichts-Instrumentarium!)…. Das Grandiose ist, das sie mit einer Finesse miteinander harmonieren, sodass sie mitunter erst bei mehrmaligem Hinhören auffallen. Ja, Cari Cari sind außerordentlich professionell und selbstreflektiert in dem was sie machen. Sie wissen genau wie lange sie ein Element einsetzen müssen, um so gut wie jedem Song den nötigen Pepp zu geben. Das führt dazu, dass man eigentlich nie gelangweilt ist von diesem Album. Der musikalische Autopilot ist von all den Reizen und Details so gefordert, dass Kookoo Island wirklich so eindringlich wie ein Besuch in einem fremden Land wirkt – oder eben einer verdammt, verdammt coolen Abenteuer-Insel.

So abwechslungsreich das Instrumentarium der 2! Bandmitglieder ist, so divers zeigt sich auch das stimmliche Repertoire: Es wird gehaucht, gebeatboxt und gehechelt (WTF?). Mal treiben die Stimmen in Cartoonartiger Höhe Schabernack, mal wird beinahe mongolischer Kehlgesang nachgeahmt, mal stimmt ein Chor feierlich ein. Cari Cari können zudem kindlich naiv und tiefgründig-ernst, wirken dabei jedoch nie aufgesetzt.

Besonders hervorzuheben sind hier “Around the Bend” oder “Belo Horizonte”. Die jazzig-warme Stimme Widmers gibt dem sonst so erdigen Album luftige Höhen, in träumerischer Psychedelik versprüht das Album nostalgische Ruhe, Zerbrechlichkeit und Coolness zugleich – PJ Harvey lässt grüßen. Allgemein ist Kookoo Island mit seiner Verträumtheit auch laut Gitarrist und Sänger Köck mehr Wes Anderson’s Moonrise Kingdom als Tarantinos Spaghetti-Western-Hommage.

Mit “No Proper Life” oder “Jelly Jelly” wirft Cari Cari aber auch erneute Tanz-Hymnen in den Ring. Hier prescht alles auf die Überholspur, die Reiter sind los und der Bass gallopiert mit Ihnen. “No proper Life” ist dazu noch ein so guter Ohrwurm wie die Tanzszene aus Pulp Fiction ein filmisches Gemälde für die Ewigkeit. Was zu einem wirklich runden Album da noch fehlt? Genau! Krokodile! Was sonst?

Auf “Enter Crocodile Mountain” wird der Spaß-Faktor hochgeschraubt und zu King Gizzard-esquen Gitarrenpirouetten umhergetanzt, sodass die Mischung aus Groove, Spaß und Coolness auch die letzten Zweifler zu überzeugen weiß. Das ebenso großartige “Last days on Earth” atmet hingegen sogar etwas elektronischere Metric-Vibes. Aber auch hier schimmert die äquatorial-raubeinige Handschrift der Band durch – Man kann Cari Cari gar nicht genug dafür bejubeln dass sie es schaffen die eigentlich ja dem europäischen Kulturkreis total fernen Klangelemente, Instrumente und Jaul-Tiraden sich so sehr zu eigen zu machen, dass man sie vollkommen als ihren Stil akzeptiert. Umso erstaunlicher wenn man bedenkt das das Album im heimischen Studio inmitten eines österreichischen Naturparks entstanden ist – es rundet aber auch den sympathischen Charme der Band ab, die alles in DIY Manie selbst macht – inklusive zauberhafter VHS-Retro Videos und Zeichentrick-Animationen.

“Welcome to Kookoo Island” baut gegenüber dem Debüt vieles aus was schon an Potenzial durchschimmerte.. Es gibt die ganze Palette an Savannen- und Insel-Zauber: treibend, traumwandlerisch, tiefgründig, testosterongeladen, verspielt, einfühlsam – es ist voller Zitate, Klangfarben, Stimmungen und lebhaften Bildern.

Sind Cari Cari also Cineasten? Nun, es ist immerhin erklärtes Ziel der Band einmal in einem Tarantino Film vorzukommen. Bei einem Auftritt vor 3 Jahren bei radioeins erklärte Sänger Köck dass die Kontaktdaten wohl bereits einmal nach einem Konzert zufällig bei ihnen landeten – nur mit dem Anruf wartet man noch bis man “genug Erpressmaterial gesammelt hat” – Vielleicht ist es also jetzt nach Welcome to Kookoo Island so langsam Zeit für den Anruf…


Label: perla nera
Veröffentlicht am: 16.09.2022
Interpret: Cari Cari
Name: Welcome to Kookoo Island
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