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BĘÃTFÓØT – BEATFOOT

Rezensiert von am 20. September 2021

       

Das Genre Pop-Musik kennt wohl jede Person, selbst die, die mit Musik sonst nicht viel am Hut haben. Seit den 1950er Jahren ist darunter die Musik zu verstehen, die aus Rock’n’Roll und Beatmusik hervorgegangen ist, und die spätestens seit den 80er Jahren mit Elementen der elektronischen Musik aufgepeppt wurde und so auch heute noch das Formatradio oder die Charts dominiert. Merkmal dieser Musik ist, dass sie möglichst eingängig sein soll, die Texte sollen schnell mitgesungen werden können, die Musik ist extrem glatt produziert und die Songstruktur (Chrous- Refrain – Chorus – Refrain) ist immer schön dieselbe. Zudem müssen die SängerInnen von Pop-Songs heutzutage noch nicht mal mehr musikalisches Talent mitbringen, sondern können durch eine Reihe von Effekten, wie etwa Autotune, musikalisch gemacht werden. Um quasi gegen die moderne Form der Pop-Musik zu rebellieren, hat sich das Genre Hyperpop entwickelt. Ziel der Hyperpopbewegung ist es den Pop so zu übertreiben, etwa indem Effekte wie Autotune und Kompressoren oder fröhliche eingängige Melodien dermaßen ausstrapaziert werden, dass der Pop an seine Grenzen kommt und durch absolute Reizüberflutung zu einem schwer hörbaren Genre wird.

Foto: Jonatan Bubu Cohen.

Eine Band die sich genau dieser Hyperpop-Bewegung zurechnen lässt, ist die israelische Band BĘÃTFÓØT die sich mit ihrem Debütalbum BEATFOOT der Pop-Rebellion anschließen. Das Trio bestehend aus Schlagzeuger und Bandleader Udi Naor, Sängerin Adi Bronicki und Gitarrist Nimrod Goldfarb. Gemeinsam liefern sie ein Debütalbum ab, dass durch eine Vielzahl von Stileinflüssen wie Big Beat, Techno, Rave, Acid, Rap und ein bisschen Punk den Pop auf die Schippe nimmt und dabei teilweise Reizüberflutung pur liefert, aber gleichzeitig auch einen extrovertierten Sound kreiiert, der einfach nur zum abgehen einlädt. Auch schon an den Songtiteln, die kein Sonderzeichen auslassen, zeigt sich, dass eigensinnige Kunstempfinden der Band. 

Dabei ist das Ganze auch gerne mal mit etwas Humor gewürzt, wie sich unschwer bereits am Intro mit den schönen Titel [SKIP INTRO] erkennen lässt. Schon hier wird davor gewarnt, dass ein schwerer (musikalischer) Sturm aufziehen wird. Den echten Opener des Albums bildet dann der Song ☯ LĀŸF ☯. Zentriert um die Frage “Hey man, what you gonna do with your life?”, die sich wohl jeder Mensch mit Anfang 20 stellt, erwartet uns hier ein Track der vom Grundbeat mit ordentlich Acid angereichert ist und vor allem in den Strophen durch die Rapparts von Sängerin Adi glänzt. Ist dieser Auftakt aber sogar noch fast harmlos geht die wilde Fahrt auf ??? FUN ??? erst richtig los.

Hier startet der Song gleich mit einem spannenden Sprachsample, ehe nach einem Schrei die Hauptmelodie des Songs eingeführt wird, die stark an den 90er Erfolgshit Show Me Love von Robin S erinnert. Schließlich mündet der Song in einer Art Big Beat, ehe dann wieder die weiblichen Rapparts in den Song knallen und so wechseln sich diese Elemente über 3 Minuten lang in dem Song wild ab und auch hier steht wieder die Frage im Zentrum “How are we gonna have fun?”. Der Filler 21 GRAM ist nur 21 Sekunden lang, aber das reicht einer Roboterstimme über choralem Gesang um mit Instagram abzurechnen. Ein weiteres Highlight wartet im Anschluss mit ♛ KIŃG~TRÃSH ♛. Hier erleben wir wieder einen flotten Rave-Beat über den mit einer effektgeladenen Stimme gesungen wird. Ab ca. 1:20 wartet dann ein Drop der dann in einer Art “Who Let The Dogs Out”-Rhythmus endet. Gen Ende des Songs wird nochmal ein selbstironischer Blick auf den eigenen Song geworfen durch die dann immer wiederholte Textzeile “Everything is better when it’s faster”, was den Song eigentlich auch gut zusammenfasst. 

Der Filler (☞ ͡° ͜ʖ ͡°)☞ spielt dann auch nochmal auf seinen Vorgänger an. Was folgt, ist der durchaus eigensinnige Track ~BÂM~BÁM~BÄM~ , der sich selbst vom Grundbeat schon sehr passend beschreibt und stilistisch dieses mal die Anfänge des Techno in den Vordergrund rückt, gesanglich allerdings eher an Punk erinnert. Durch diese eigentlich fast unmögliche Stilkombination entsteht aber wieder ein wilder mitreißender Track der auch textlich voller Widersprüche steckt “I’m not the image, I’m the image”.

Der Song BÛLLDØWZER leitet dann tatsächlich in den ruhigeren Teil des Album über. Was man allein schon daran erkennt, dass in den Songtiteln nun wenigstens keine Symbole mehr verwendet werden. So startet der Song mit dem Sample eines Holzblasinstrumentkonzertes, ehe dann ein Beat auf uns wartet, dessen charakteristisches Element wohl das quietschen einer Gummiente ist. So entwickelt sich ein Elektropunksong, der allerdings für Bandverhältnisse recht zurückhaltend daherkommt. ÃDĮŃÅMØ der folgende Track greift nochmal tief in die Hip-Hop Kiste und dieses Mal darf Udi zeigen wie er so rappen kann. Ein letztes Highlight bietet nochmal der Song BLÓODFLØW, wobei es sich um ein Cover handelt. Das Orignal ist bereits 2000 vom amerikanischen Singer-Songwriter Bill Callahan als Folksong veröffentlicht worden. BĘÃTFÓØT transformieren diesen Song dagegen auf spannende Weise in eine treibende Clubhymne, sodass vom eher drögen Original nichts mehr übrig bleibt. 

Foto: Jonatan Bubu Cohen.

Der Track GRÜFFALØ liefert dann wahrscheinlich nochmal eine Hommage an das Lieblingskinderbuch der Band. Der Sound wird hier doch nochmal eine Nummer düsterer und erinnert vom Sound an eine Laserkanonenschlacht aus Star Wars. Wobei es textlich um die Macken verschiedener Teenager geht. Spannend zu beobachten ist, dass passenderweise bei dem Lied TOTALLY SOBER auf einmal alle Sonderzeichen in der Sprache verschwunden sind und so zeigt sich auch grafisch, dass auf dem Album langsam Normalität einkehrt. Der Song ist an sich zwar wieder etwas wilder und auch effektgeladener, aber dennoch scheint die Band demonstrieren zu wollen, dass der wilde Trip, auf den uns die Songs vorher mitgenommen haben, nun vorbei ist. Und so bringen sie die HörerInnen stimmungstechnisch mit dem letzten Song EXIT THROUGH THE GUILT SHOP mit einer reinen Akustiknummer, die aus Gesang und Klavier besteht und dabei viel Soul liefert nach einer wilden Reise wieder sicher nach Hause.

Insgesamt gelingt BĘÃTFÓØT mit ihrem Debütalbum BEATFOOT ein wilder musikalischer Ritt in der sie vor allem in der ersten Hälfte des Albums mit aufregendem Hyperpop sich an der Popmusik abarbeiten, ehe sie im Laufe des Albums dann leider einen Gang rausnehmen und etwas zahmere Tracks liefern. Dennoch sind die musikalischen Kombinationen so vielfältig und spannend arrangiert, dass man jederzeit gerne hinhört und auch häufig überrascht wird, was ein wirklich intensives Hörerlebnis liefert. 

rezensiert von Moritz Meyer.


Label: Life and Death Records
Veröffentlicht am: 17.09.2021
Interpret: BĘÃTFÓØT
Name: Beatfoot
Online: Zur Seite des Interpreten.