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Arlo Parks – My Soft Machine

Rezensiert von am 31. Mai 2023

       

Sie hat die Crème de la Creme weiblicher Songwriter der 2010er als Fans: Billie Eilish, Phoebe Bridgers und sogar Michele Obama (singt maximal mit Bruce Springsteen auf der Bühne). Die Lorbeeren die ihr Debüt „Collapsed in Sunbeams“ 2021 einfuhr kann man als ziemlich okayen Einstand feiern: Arlo Parks gelang es aus dem Stand den Mercury Prize, den Brit Award for Best New Artist und ganze zwei Grammy Nominierungen zu „ergattern“. Preise sind in der Musik ja irgendwo ein zweischneidiges Schwert, blickt man auf beispielsweise auf Deutschland und den aussagekräftigen Qualitäts-Preis namens Echo. Im Falle von Parks kann man aber wohl sagen: Sie hat’s wirklich drauf.


„My Soft Machine“ lebt wie auch schon Parks Debüt von radikaler Ehrlichkeit. War „Collapsed in Sunbeams“ noch eher eine klassische Verarbeitung vom Ankommen im Erwachsenensein (aka Coming of Age) ist es zwei Jahre später die Odyssee des sich Verliebens, des Nicht-Erwiderns, von der Verwirrung romantischer Gefühlen in Freundschaften und hab ich schon das Verlieben erwähnt? Also irgendwie die gesamte Farbpalette des schönsten (und schlimmsten?) Gefühls aller Gefühle. Parks Einflüsse überraschen wenig: Radiohead, Solange, Portishead oder Elliot Smith. Dieselbe radikale Gefühlsoffenbarung bringt sie mindestens genauso natürlich rüber. Ihre Stimme ist sanft, zerbrechlich und strahlt wahnsinnig viel Ruhe aus.

Das Besondere? Vielleicht die souligen Vibes von „Purple Phase“ oder die von My Bloody Valentine inspirierten Gitarrenwände auf „Devotion“. Nein Nein eher die extrem stimmigen Trip Hop Anleihen bei „Puppy“. Oder Vielleicht sind es die verhallten Jazz-Gitarren am Ende des pompösen „Room“.

Um es auf den Punkt zu bringen: Die Musik ist es nicht so ganz… Sie ist mal wirklich fantastisch, mal eher etwas nichtssagend, (fast) immer minimalistisch. Gut auf jeden Fall, aber mehr Kulisse für die wunderschöne, ätherische Stimme und für die poetischen Texte über Käse, Katzen und eben Liebe.

I thought you could tell by my awkward devotion to making you laugh
Your cat in my arms, Anaïs dancing to Enya hard,
Kicking out at your phone


My Soft Machine’s Albumtitel stammt vom Film “Souvenir” von Joanna Hogg, in dem von einer “soft machine” die Rede ist: „We don’t want to see life as it is played out, we want to see life as it is experienced in this soft machine.” Das Leben durch die Augen von Parks betrachtet ist gern mal schmerzhaft, wenn sie
beispielsweise im Opener mit vollster Awareness spricht: „Almost everyone that I love has been abused and I am included.” An anderer Stelle beschreibt sie die reinigende Wirkung von Freundschaften oder vielleicht, auch romantischer Liebe: “I radiate like a star, when you embrace all my impurities, And I feel clean again.“ (‚Impurities‘), Freundschaften mit unklarem Ausgang: „There was something strangely romantic in our friendship.” (‚Blades‘) Oder den Moment, wenn Klarheit da ist: „All Yours, Baby. Flood me with your nervous Love” (‚Devotion‘).

Das es nicht kitschig wird, oder man sich an die anderen zwölftausend Songs über Liebe erinnert fühlt, die es so gibt, liegt wohl auch daran, dass sie es immer
wieder schafft ihren eigenen originellen Blickwinkel auf die Dinge abzubilden: Da wird die Katze auf dem Baum Synonym für die Sehnsucht nach einem Menschen oder der Käse der nostalgische Anker einer Freundschaft. Das Parks uns als ihre eigene “Soft Machine“ so gekonnt in ihre Welt einlullt, hat sie sich womöglich auch von ihren Vorbildern abgeguckt:

The Music I Love is like that. When you listen to ‘Speed Trials’ by Elliot Smith, or you listen to A Tribe
Called Quest, or “Weird Fishes”. There is this sense of warmth to it. When you listen to it you feel like
you’re sat in it – you have a little chair and the band are playing around you.


Mittendrin fühlt man sich auch beim euphorischen Rausch der stürmenden Gitarren von „Devotion“ (sich jemandem Hingeben), dem funkigen 80er Jahre Wink von „Blades“ (Freundschaft, oder mehr?) oder die Bedrücktheit der quirligen Gitarren von „Purple Phase“ (unerfüllte Liebe) – alles fließt hier problemlos ineinander, als ob diese Genre-Kreuzungen das natürlichste auf der Welt wären.


Irgendwo beim Schreiben des Albums ist da dann vielleicht auch noch ein Traum in Erfüllung gegangen – wenn Phoebe Bridgers Parks mit minimalistischem Backgroundgesang supportet treffen Fan auf Fan – und das obwohl Parks gerade mal seit zwei Jahren einer Masse ein Begriff ist.

„Es ist schwierig von Leuten umgeben zu sein die mich inspiriert haben. Es ist schwierig sich
da als man selbst zu fühlen und als dazugehörig. Phoebe Bridgers höre ich seit ich 16 bin.

Wenn die 16-jährige Anaïs von damals geahnt hätte, das Bridgers 8 Jahre später ihre Musik hört, wär sie wohl aus dem Vogel Zeigen garnicht mehr rausgekommen! Ob sie jetzt dazugehört? Mit ‘My Soft Machines’ hat sie ein weiteres gutes Argument dafür.


Label: Transgressive
Veröffentlicht am: 26.05.2023
Interpret: Arlo Parks
Name: My Soft Machines
Online: Zur Seite des Interpreten.