FOREVER – EKKSTACY
Rezensiert von Zoe Diekmann on 21. Mai 2025

Gute Nachrichten für alle melancholie-liebenden Musikfans: Der kanadische Musiker EKKSTACY, den GQ liebevoll als „Gen Z’s new king of sad punk songs“ bezeichnet, meldet sich mit einem neuen Album zurück. Sein Debüt-EP NEGATIVE veröffentlichte er im November 2021, wobei die Single i walk this earth all by myself zu seinem bekanntesten Song wurde. Im September 2022 folgte das Album misery, das mit seinen Einflüssen aus Rock und New Wave einen deutlichen Stilwechsel zu seinem vorherigen Werk markierte. Am 19. Januar 2024 erschien sein drittes Album EKKSTACY, das zwei namhafte Features von The Kid LAROI und Trippie Redd enthält. Musikalisch bewegt sich EKKSTACY zwischen New Wave, Post-Punk, Indie Rock, Gothic Rock und Punk Rock. Als Inspirationen nennt er sowohl Indie-Bands wie The Drums und Current Joys als auch 80er-Jahre-Rockgruppen wie The Misfits, The Cure und Christian Death. Seine Musik zeichnet sich durch eine Mischung aus düsterer Atmosphäre, emotionaler Verletzlichkeit und einer ehrlichen Auseinandersetzung mit Themen wie mentaler Gesundheit aus. Doch sein neuestes Album stellt einen besonderen Meilenstein dar: Es ist das erste, das vollständig in einem professionellen Studio aufgenommen wurde, was Klangqualität und Produktion auf ein neues Level hebt. Mit FOREVER schlägt er musikalisch ernstere Töne an und vertieft seinen charakteristischen Sound aus düsterem Indie, Post-Punk und rohem Emo-Pop. Wer sich gern in bittersüßen Gitarrenriffs verliert und in Songs schwelgt, die gleichzeitig wehtun und trösten, findet in FOREVER musikalische Zuflucht. Auch wenn FOREVER vor sad energy nur so strotzt, will EKKSTACY mehr sein als bloß der Soundtrack für gebrochene Herzen. Sein Album wirft einen intimen Blick auf die mentale Gesundheit des Musikers, erzählt von den Stolpersteinen des Erwachsenwerdens und greift dieses diffuse Gefühl von Unzufriedenheit auf, das wohl jede*r schon einmal, auf die eine oder andere Weise, erlebt hat. An dieser Stelle eine Triggerwarnung: Das folgende Album behandelt mentale Gesundheit und könnte belastend sein für Menschen, die sich damit aktuell nicht auseinandersetzen möchten oder können.
Mit if i had a gun als Opener setzt EKKSTACY offiziell den Ton des Albums. Der Song markiert schon früh einen musikalischen und emotionalen Tiefpunkt.
If I had a gun, if I had a gun, I’d use it
I’m not enough, I’m not enough, I’m used to it
Ab hier sollte jede Person, die sich noch nicht emotional auf den Abstieg in eine düstere Klangwelt vorbereitet hat, dies schleunigst tun oder lieber abschalten. Die aufwühlenden Zeilen sind eingebettet in hallenden Gitarrenriffs und langsamen Schlagzeugtakten, so als gäbe es kaum einen Funken Hoffnung. Das Gefühl gleicht einer bedrückenden Leere, die sich wie ein dichter Nebenschweif über alles legt. Was das Ganze noch intensiver macht: EKKSTACY verarbeitet hier sein eigenes Trauma, denn seine Jugend ist geprägt von einer drogeninduzierten Psychose und einem darauffolgenden Suizidversuch. Diese Erfahrungen durchziehen seine Musik und finden sich häufig zwischen den Zeilen wieder.
Ein Herzstück des Albums findet sich im 3. Song seventeen.
I kinda miss being seventeen
It’s the only time I fell in love
I think my friends liked me more back then
And maybe now I don’t like them
In diesen emotional aufgeladenen Zeilen verarbeitet EKKSTACY die Herausforderungen des Erwachsenwerdens. Die Nostalgie der Jugend überkommt ihn, eine Zeit, die unwiederbringlich vergangen ist. Wie er selbst in einem Interview erzählt, war er als Kind laut, nervig, voller Energie und hatte viele Freunde. Doch mit dem Übergang zur Highschool veränderte sich alles, er fühlte sich verloren, wusste nicht, was er tun soll und hatte keine Ahnung, wer er eigentlich war. „High school was really shitty for me. I don’t know. I just didn’t fit in. I didn’t feel like I belonged there whatsoever. Just in general, like in school or even in this city, I just don’t feel like I should be here.“ Genau diese Phase der Unsicherheit und Isolation spiegelt sich in seinen Texten wider. Die Spannung liegt darin, dass er nicht zurückkehren kann, aber auch keinen klaren Blick nach vorn hat. Gefangen zwischen Vergangenheit und Zukunft offenbart sich ein brüchiges Selbstwertgefühl, das Gefühl, sich selbst auf dem Weg verloren zu haben. Kein Rückweg, kein Ziel, nur das Jetzt, das sich leer anfühlt.

Komplett anders als in den vorherigen Tracks spielt EKKSTACY in sadness mit poppigen und lebensfroheren Sounds. Der Track gibt einem genau 1 Minute und 45 Sekunden Zeit zum Durchatmen, bevor man sich auf die emotionale Reise des restlichen Albums begibt. Auch der 6. Song des Albums she will be missed bietet soundtechnisch ein Gegenstück zu den melancholisch-ruhigeren Klängen der vorherigen Tracks. Hier fällt EKKSTACY auf seine punkigen Wurzeln zurück. Der Sound ist roh und direkt. Es ist, als würde sich aufgestaute Traurigkeit plötzlich in blanke Wut verwandeln. Der Song steht damit nicht nur klanglich, sondern auch emotional als Gegenpol im Raum, ein Ausbruch, der zeigt, dass Traurigkeit nicht immer leise ist.
Der wohl herzzerreißendste Moment des Albums findet sich in one day i’ll wake up from this. Ich muss zugeben, selbst für mich als chronische sad-music Hörerin ist der Track ziemlich heavy. Der extrem langsame Sound vermittelt das Gefühl, in eine depressive Welle hineingezogen zu werden, leise, aber eindringlich.
Blood in my veins, it’s like I can’t feel it
Walk around town, nobody can see me
Mit diesem Song trifft das Album den rock bottom. Die Leere breitet sich aus, und mit ihr das Gefühl, unsichtbar und bedeutungslos zu sein.
Wer jetzt dachte, der letzte Song rundet die Albumstory mit einem Happy End ab, wird spätestens beim Lesen des Titels enttäuscht. keep my head down handelt, passend zum Thema des Albums, von den Enttäuschungen des Erwachsenwerdens und von der Sehnsucht nach den Zeiten, in denen we’ve all smiled. Der Titel suggeriert, dass jegliche Hoffnung auf Besserung für EKKSTACY verblasst ist. Er lässt uns lediglich mit der eigenen Hoffnung zurück, dass irgendwann ein Tag kommt, an dem er, ganz im Sinne von one day I’ll wake up from this, aus diesem dunklen Zustand erwacht.
EKKSTACYs Album ist kein leichter Hördurchlauf. Es ist roh, tief und schmerzhaft ehrlich. Wer sich darauf einlässt, taucht ein in eine düstere Klangwelt voller innerer Konflikte, verlorener Jugend und mentaler Abgründe. Doch genau darin liegt seine Stärke: Es schafft Raum für Themen wie Depression, Selbstzweifel und emotionale Überforderung, ohne zu romantisieren, aber auch ohne zu beschönigen. Ein Soundtrack für späte Nächte, leere Straßen oder Momente, in denen man sich selbst wieder zusammensetzen muss.
Label: UnitedMasters LLC Veröffentlicht am: 16.05.2025 Interpret: EKKSTACY Name: FOREVER