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Moebius

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Briston Maroney – Jimmy

Rezensiert von on 12. Mai 2025

       

Selbstfindung zwischen Kirche und Krawall: Mit “Jimmy” reflektiert der Singer/ Songwriter sein eigenes Leben zwischen zwei Welten.

Briston Maroney nimmt sich für sein drittes gitarrenlastiges Alt-Rock-Album das zunächst sperrig wirkende Thema der Persönlichkeitsentwicklung vor. Das Schöne dabei: Es klingt nicht so kompliziert, wie es sich liest.

Maroneys Eltern trennten sich, als er noch ein Kind war. Somit wuchs er zum einen relativ privilegiert bei seinem Vater in Tennessee auf, wo er eine katholische Schule besuchte. Zum anderen verbrachte er einige Zeit bei seiner Mutter im ländlichen Norden Floridas. Dort erwartete ihn ein komplett gegenteiliger Way of Life. Statt von hohen akademischen Erwartungen wie denen aus Tennessee erdrückt zu werden, konzentrierte man sich lieber auf die Samstagabende mit den Jungs, die verkatert sonntags früh in der Kirche endeten. 

Irgendwo zwischen den konservativen Strukturen mit Angel-Ausflügen auf der einen und dem eher rücksichtslosen Lebensstil auf der anderen Seite fand sich Maroney wieder, der in keine dieser vorgegebenen Boxen so richtig zu passen schien und sich schon gar nichts vorschreiben lassen wollte. Passend dazu stellt die zweite Singleauskopplung Tomatoes den Peak der Verwirrung im frühen Erwachsenenalter dar, welche sich durch Prokrastination, Zukunftsangst und dem gleichzeitigen Drang nach Selbstbestimmung äußert (achso und natürlich dadurch, die Familie zu enttäuschen). 

Von Eifersucht und Selbstoptimierung

Auch bei Better Than You greift Maroney ein sehr persönliches Thema auf und offenbart eine Schwäche. Er setzt sich damit auseinander, besser sein zu wollen, als zumindest eine spezielle Person und sich dabei, von Eifersucht angetrieben, zu verrennen. Auf dem vermeintlichen Weg an die Spitze stellt sein jüngeres Ich fest: “Eigentlich kann ich nicht gewinnen und außerdem passt diese ganze Nummer auch gar nicht zu mir.” Zwar gibt es hier kein direktes Happy End, denn Maroney kapituliert vor sich selbst, aber vielleicht ist ja genau das am Ende des Tages der Weg, um Kräfte einzusparen #selfcare.

Der Song ist in Zusammenarbeit mit Dan Nigro entstanden, der aktuell zu einem der wichtigsten Produzenten und Co-Writer der Pop-Landschaft gehört. Er arbeitete bereits mit Caroline Polachek, Conan Gray, Olivia Rodrigo und Lorde zusammen und gründete 2023 sein Label Amusement Records, welches seither als einzige Künstlerin keine geringere als Chappell Roan unter Vertrag hat.

Keep It Real

Generell ist “Jimmy” eine sehr ehrliche Platte. Am deutlichsten wird das wohl beim Closer Be Yourself mit Zeilen wie Wasted days doing things that other kids said were cool/ Can’t tell if I’m scared or if I’m excited/ I just want to be myself, and I’m so tired of hiding, was sich nach einer nachvollziehbaren Krise in einer von Gruppenzwängen, Reizüberflutung und Trends geprägten Welt anhört.

Gegen Ende wird dann nochmal deutlich, dass Maroney nicht davor zurückschreckt, auch die sehr dunklen persönlichen Momente in seinen Texten zuzulassen: There’s a hand on my throat, and it’s stronger than God’s/ And some days, I’m ready to give up what I’ve got/ But right when I feel that hand start to tighten/ I remember all the birds I hear singing in the morning.

Neuer Sound

Diese schwerwiegenden, aber gleichzeitig Trost spendenden Texte gehen Hand in Hand mit den für Maroney deutlich dichteren Sound-Strukturen. “Jimmy” klingt durchaus grungier und aggressiver als der Vorgänger “Ultrapure”, welcher klanglich vermehrt an die ersten akustisch veranlagten EPs des Künstlers anknüpfte. Auf “Jimmy” sind selbst die ruhigeren Songs neben den charakteristischen Akustikgitarren auch mit Fuzz, Surf-Twang oder sogar Synthies ausgestattet. Das wirkt manchmal etwas überproduziert. Was zuvor in Form von nahbaren Texten und roher Singer/-Songwriter-Manier für Gänsehaut gesorgt hat, macht sich jetzt oft in Form von Gitarren-Energie Luft. Das gibt zwar nicht das gewohnte Briston-Maroney-Feeling, aber macht an einigen Stellen auch ziemlich Bock. 

Zum Albumtitel

Das Album richtet sich an Maroney selbst in Form der Persona Jimmy, welche sowohl sein Gegenüber, als auch sein Inneres darstellt und von Menschen aus seinem Umfeld inspiriert wurde:

„Ich habe diese Platte als ein Gespräch zwischen mir und mir selbst geschrieben, und viele der Antworten auf diese Fragen nahmen in Form von Jimmy Gestalt an. Er ist keine andere Person oder eine andere Version von mir, sondern ist, ähnlich wie unser geliebtes Kalifornien, ein Geisteszustand. Diese Platte ist eine Landkarte der Dialoge/Schritte, die man unternehmen kann, wenn man mit diesem Geisteszustand experimentieren möchte, und ich kann nur empfehlen, das mal auszuprobieren.“


Label: Atlantic Records
Veröffentlicht am: 02.05.2025
Interpret: Briston Maroney
Name: Jimmy
Coverbild: Apple Music


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