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AURORA – What Happened To The Heart?

Rezensiert von on 18. Juni 2024

       

Ich habe das Gefühl, dass Menschen Angst vor Veränderung haben. Sie haben Angst davor, dass ich mich verändere. Sie haben Angst davor, dass sich die Welt und sie selbst verändern. Aber das ist doch die allerschönste Fähigkeit, die wir besitzen. Es ist so befreiend.

AURORA

Dieses Zitat von Aurora Aksnes kurz vor Release ihres fünften Studioalbums, zeigt ganz klar die Richtung auf, in die sich AURORA mit „What Happened To The Heart?“ begibt. Wer AURORAs Musik kennt, hat ihren Sound vielleicht als etwas elfengleiches, weiches und minimalistisches im Ohr. Wie sich das zusammen mit Techno und Glamrock anhört? Ziemlich außergewöhnlich! 

Schon in der Vergangenheit zeigt sich: Die norwegische Künstlerin versteht es, hymnenartige Songs mit spannenden Stimmungen zu kreieren („Running With The Wolves“, „Churchyard“, „Blood In The Wine“). Ihre Songs sind von Pop-, Folk- und Elektro- Elementen geprägt, dabei zeigt sie sich jedoch sehr wandelbar, was Rhythmen, Instrumente und das Storytelling angeht. Dies treibt sie nun jedoch in „What Happened To The Heart?“ zusammen mit großen Namen wie Tom Rowlands (The Chemical Brothers) und Chris Greatti (Willow Smith, Yungblud, uvm.) auf die Spitze. Wer versucht den Sound des Albums in eine Genrebox zu stecken, würde ihm damit wahrscheinlich nicht gerecht. Man könnte stattdessen versuchen, es etwas pragmatischer zu beschreiben: 

Mit „To Be Alright“, „My Blood“, „Some Type Of Skin“ und „Do You Feel?“ werden die Träume von anspruchsvollen Pop-Liebhaber*innen wahr.

Wer sich jedoch schon immer mal gefragt hat, wie sich ein Rave auf einem Wikingerschiff anhören könnte, dürfte mit „When The Dark Dresses Lightly“, „My Name“, „Starvation“ und „My Body Is Not Mine“ nicht enttäuscht werden. 

„Echo Of My Shadow“, „Earthly Delights“, „Dreams“, „The Conflict Of The Mind“ und „Invisible Wounds“ transportieren einen derweil direkt und ohne Umschweife in ganz andere Sphären (ganz weit weg von der Party auf dem Wikingerschiff). Hier darf auch mal geweint werden. 

Und dann hätten wir noch die Gruppe der Ausreißer um „The Essence“, „A Soul with no King“ und „The Blade“. Da sage ich einfach mal: Willkommen in AURORAs bunter Sound-Imagination, die hier irgendwo zwischen Bossa Nova, Mittelalter und Head Banging umher kreist. 

Diese Multidimensionalität in ihren Songs ist AURORA außerordentlich wichtig und wird spätestens mit diesem Album zu ihrem Markenzeichen. „I love being in touch with the rhythms“ sagt sie und das meint sie wörtlich, denn auf diesem Album greift sie auch selbst zu den Drumsticks und spielt Percussions ein. 

Rein nach den Instrumentals lässt sich dieses Album jedoch natürlich nicht bewerten. AURORA, die mit ihren Lyrics schon immer auf ernste Themen wie zum Beispiel mentale Gesundheit, den Klimawandel und die Benachteiligung von Minderheiten aufmerksam macht, nimmt sich auch in diesem Album wichtige Themen vor. Sie selbst sagt: „The whole album is about how detached we are spiritually and empathically in the modern world.“ Der aktuelle Zustand der digitalen Gesellschaft besorgt sie. In „Starvation“ fragt sie ganz direkt: „Will the virtual mind become stronger than mine?“ und übt damit klar Kritik an Ki-Technologien, die aktuell eine Bedrohung für Künstler*innen darstellen. Generell beschäftigt sie aber auch die Verletztheit, das Müde-Sein, Depression und die generelle Gleichgültigkeit der Menschen. Die Gleichgültigkeit sei der Feind von Fortschritt und sie habe das Gefühl, dass irgendetwas im Menschen ein bisschen kaputtgehen muss, damit es eine Besserung geben kann. Diese Brüche sind im Album klar zu erkennen und es scheint, als würde sich die Künstlerin auf Ihrer Reise zur Beantwortung der Frage „Was ist mit dem Herzen passiert?” durch einige Schlachten schlagen.

Inspiriert zu diesem Titel und dem Thema, welches über dem Gesamtwerk steht, wurde sie übrigens von der Geschichte der Symbolik des Herzens. Vor allem die Symbolkraft, die das Herz für indigene Völker besitzt. So hätten altertümliche Stämme, lange vor anatomischen Kenntnissen über den menschlichen Körper, die Kraft des Herzens erkannt. Es gilt dort seit langem als Tor zur Spiritualität und als zwischenmenschliche Verbindung. Thematiken rund um das Herz und die Seele ziehen sich durch das gesamte Album. So fragt AURORA ziemlich zu Beginn in „Some Type Of Skin“ „Should my heart reveal itself to be more than a muscle?“ und rein ihren Texten nach zu urteilen kann man sagen, ja, ihr Herz ist mehr als nur ein Muskel. Es schlägt für das Gute im Menschen und der Welt, aber es kennt auch die Schwächen des Menschlichen.

AURORA hat in „What Happened To The Heart?“ viel zu sagen und lässt dem Hörer gleichzeitig viel Spielraum für Interpretationen. Das kann schon mal überfordern, macht es, kombiniert mit außergewöhnlichen und komplexen Sounds, die man so nicht alle Tage hört, aber zu einem super spannenden Album. Mehrfach hören lohnt sich!

Autorin: Fee Briesemeister


Label: Universal
Veröffentlicht am: 07.06.2024
Interpret: AURORA
Name: What Happened To The Heart?
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