Moonlight Breakfast – Go Big Or Go Home
Rezensiert von Redaktion on 26. Juni 2024
Wer sein Album Go Big or Go Home nennt, setzt sich eine hohe Messlatte. Dabei ist es gar nicht so einfach, diese Floskel richtig zu interpretieren. Was bedeutet überhaupt “Go Big” in der Musikwelt? Laute Töne schonmal nicht, denn das Duo „Moonlight Breakfast” verspricht in ihrem mittlerweile vierten Studioalbum einen Indie-Pop-Sound, der sowohl etwas Vertrautes als auch etwas Unerwartetes bietet.
Das Intro geht nahtlos in den Aufmacher Private Airplanes über, der die Stimmung angibt. Innerhalb der ersten Minute wird der Sound immer lauter, und während Sängerin Christie sich vorstellt, wie der große Erfolg ihr Leben verändern könnte, wird die Musik immer “bigger” und übertönt sie irgendwann, bevor es zurück zum seichten Synth-Pop geht. Dabei kann sie sich einen sarkastischen Kommentar über diesen eher oberflächlichen Lebensstil der High Society nicht verkneifen.
All das passt zu dem, was das rumänische Duo erfolgreich gemacht hat. Christie und Bazooka beschreiben ihre Musik als Retro-Electro, die dermaßen viele Sounds miteinander vereinen möchte, dass etwas Neumodisches, aber auch Nostalgisches dabei herauskommt. Das Ganze darf sich dann auch Dream Pop oder Cosmic Disco nennen, was die Musik überraschend gut beschreibt.
Vielleicht beschäftigt sich das Album deshalb auch mit Themen, die nie an Relevanz verlieren. In Big Girl singt Christie über grenzenloses Selbstbewusstsein und wie es sich anfühlt, seine eigene Persönlichkeit nicht für ein Gesellschaftskonstrukt zu verbiegen. Das geht nahtlos in den Song Electric über, der die Perspektiven verdreht und von der Faszination handelt, jemanden zu sehen, der sein Leben authentisch lebt – und sich in diesen Menschen zu verlieben.
Weniger philosophisch wird es dann in Laid-back Living: Sich zurücklehnen und das Leben genießen, wenn einfach mal alles genauso läuft, wie man es sich wünscht. Passender lässt sich ein perfekter Sommer gar nicht beschreiben. Im Anschluss ein Déjà-vu: Wir wechseln erneut die Perspektiven und stellen uns dem Problem, diesem Hoch hinterherzujagen. Go Big or Go Home ist dann plötzlich keine Hymne mehr, sondern wird zum Zwang, um über sich selbst hinauszuwachsen. Was genau das nun bedeutet? „There’s nothing more to say”.
Ehe wir uns verhören, wird es in We’re Done dann doch lauter, auch von einer lyrischen Perspektive aus. Hier geht eine extreme Beziehung zwischen zwei gegensätzlichen Persönlichkeiten zu Ende und obwohl es das Beste für beide sein sollte, bleibt trotzdem Schmerz zurück. Passend dazu gibt es einen intensiven Beat, der durch Synth-Sounds bereichert wird. Dass es auch anders geht, zeigt This is, in dem die manchmal chaotische Natur der Liebe thematisiert wird, die vielleicht sogar zu langweilig wäre, wenn sie immer harmonisch verläuft. Anschließend setzt das schwungvolle Rosy Cheeks ein Fazit: “You don’t know what you have ‘till it’s gone”. Deshalb sollten wir vielleicht alle einmal loslassen und uns fallen lassen, uns öffnen und “Dancing like Nobody’s Watching”. Die Flöten im Hintergrund dürfen dabei natürlich nicht fehlen.
Auf der Zielgeraden fühlt sich 100% dann wie eine Erweiterung von Big Girl an, denn auch hier geht es um große Persönlichkeiten – und wie authentische Selbstliebe wirklich aussieht. In Rain Drops singt Christie dann davon, wie es sich anfühlt, an den nostalgischen Gefühlen einer Beziehung festzuhalten: Passend mit poppenden Blasen, einem akzentuierten Hall und sogar Modem-Geräuschen. Plötzlich sind wir auf Cloud 9 angekommen.
Go Big or Go Home ist stellenweise verwirrend. Unterschiedliche Perspektiven wechseln sich mit ironischen Untertönen und einer gesunden Portion Nostalgie ab, ohne dass jemals die träumerische, nahezu surreale Blase verlassen wird. Ein paar Akzente hätten dem Album sicherlich gut getan – Moonlight Breakfast haben in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass sie das können. „Go Bigger” lautet an dieser Stelle mein Wunsch! Trotzdem behält das Album seinen hypnotischen Charakter, von dem man sich gerne einnehmen lässt und die Symbiose aus nostalgischen Texten und ebenso nostalgischen Sounds im Sommer genießt.
Wer sich also in die heiße Jahreszeit fallen lassen will und dabei eine musikalische Begleitung sucht, ist bei Go Big or Go Home bestens aufgehoben. Egal ob im privaten Flugzeug, als Diva in der Münsteraner Innenstadt oder beim Tanzen am Aasee, die meditativen und gleichzeitig stimmungsvollen Songs sorgen für das beste Album der Woche. Und seien wir mal ehrlich: Manchmal tut es auch gut, wenn ein Album die schönen Dinge des Lebens in den Mittelpunkt stellt.
Autor: Marco Lipke
Label: Independent Veröffentlicht am: 21.06.2024 Interpret: Moonlight Breakfast Name: Go Big Or Go Home Online: Zur Seite des Interpreten.