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Liebevolle Albumankündigungen auf dem Appletree – Altın Gün im Radio Q Interview

Geschrieben von am 30. August 2022

Das Interview führten Yunus Gündüz, Carlotta Rölleke und Mel Kinkel

Altin Gün aus den Niederlanden überzeugen mit fulminanten Anadolu-Rock und psychedelischen Sounds aus der Türkei. Die Band ist international aufgestellt, singt allerdings auf türkisch. Du verstehst den Text nicht? Kein Problem! Altin Gün rocken Festivals und Konzerthallen auch ganz ohne Sprachkompetenz – der Vibe ist schließlich universell gut. Dieses Mal ist die Kombo über das Appletree Festival hinweggefegt. Das war definitiv ein Highlight der diesjährigen Ausgabe. Ein persönliches Highlight der drei RedakteurInnen, war das Interview mit Frontfrau Merve Daşdemir inklusive kurzem Intermezzo mit Drummer Daniel Smienk. Ach ja, und eine Albumankündigung hatten die beiden auch im Gepäck.

Ganz locker zum Einstieg: Was ist dein Lieblingsessen aus der türkischen Küche?

Merve: Shit, da gibt es so viel! Ich liebe Mom-Food, also die Hausküche. Gar nicht so sehr diese typischen Kebab-Gerichte, die oft in Zusammenhang mit türkischer Küche genannt werden. Eintopf aus grünen Bohnen, weißer Bohneneintopf mit Reis oder eingelegte Gürkchen. Im Grunde alles, was die türkische Küche mit Gemüse veranstalten kann.

Am Donnerstag spielten Los Bitchos auf der Großen Bühne. Radio Q hat sich im März mit Serra und Josefine über eure Zusammenarbeit unterhalten. Die beiden haben sich wahnsinnig gefreut, dass ihr die Band kontaktiert habt. Wie seid ihr auf Los Bitchos gekommen?

Das war tatsächlich meine Initiative. Wir haben mit Âlem ein elektronischeres Album produziert, wofür wir eine Menge Kollabos geplant haben. Am Ende hatten die einen keine Zeit und andere haben wegen der Pandemie nicht gearbeitet. Los Bitchos wiederum waren sofort an Bord. Da haben wir uns entschieden, eine Single mit ihnen zu machen. Es macht mich glücklich zu sehen, dass eine rein weibliche Band so erfolgreich ist und durch die Welt tourt. Ich mag auch Serra sehr gerne. Ihre Mutter ist Türkin und da hatten wir natürlich eine gewisse Connection. Ich bin in einer Band mit fünf Typen und dachte es wäre cool, mit mehr Frauen zusammen zu arbeiten. Also war ich hartnäckig und habe die anderen überzeugt, dass wir das machen (lacht). Ich bin stolz auf den Song. Erkilet Güzeli ist zwar ursprünglich ein traditionelles türkisches Lied, aber klang am Ende ganz anders als erwartet.

Sind denn weitere Kollaborationen geplant oder war das ein One-Off?

Das war ein One-Off. Das Album Âlem entstand ja im Rahmen eines Naturschutzprojektes. Es erschien nur auf Bandcamp und die Einnahmen gingen komplett an Earth Today. Keine Labels, keine Mittelsmänner.

Wer wäre denn ein Traumpartner für eine Kollaboration?

Ja naja, die sind alle schon gestorben. Wären sie noch am Leben, würde Erdinç liebend gerne mit Neşet Ertaş arbeiten wollen. Für mich wäre es definitiv Barış Manço.

An den beiden Namen kommt man früher oder später nicht vorbei, wenn man in die türkische Musik eintaucht. Neben Leuten wie Erkin Koray, Selda Bağcan oder Aşık Veysel sind das ja offensichtlichere Einflüsse. Was würdet ihr sagen, sind musikalische Einflüsse, die vielleicht nicht so bekannt sind?

An den beiden Namen kommt man früher oder später nicht vorbei, wenn man in die türkische Musik eintaucht. Neben Leuten wie Erkin Koray, Selda Bağcan oder Aşık Veysel sind das ja offensichtliche Einflüsse in eure Musik. Was würdet ihr sagen, sind musikalische Einflüsse, die vielleicht nicht so bekannt sind?

Zum Teil sind ja unsere Einflüsse unbekannt. Wir machen viele Songs, deren Urheberschaft gar nicht mehr bekannt ist. Das sind traditionelle Songs, die zum Teil sehr weit zurückreichen und dadurch niemand mehr genau oder überhaupt weiß, wer diese Songs eigentlich mal geschrieben hat. Daher ist es schwer, wirklich Namen zu nennen. Jeder Name, den ich jetzt nennen könnte, wäre nichts Neues – die meisten Leute, die das interessiert, sind von selbst oder über das Internet schon auf unsere Einflüsse gekommen. Ich finde die Arbeit mit den anonymen Songs sehr spannend. Sie sind einfach Teil der türkischen Kultur und haben schon oft etwas Märchenhaftes.

Das neue Album ist bereits fertig und auch wieder mehr back to basics.

Das aktuelle vollwertige Altin Gün Yol ist verspielter und elektrischer. Hängt das mit den Songs zusammen, die ihr für das Album covern wolltet oder wolltet ihr die Richtung einfach ausprobieren?

Tatsächlich hat das eher mit der Pandemie zu tun. Wir kamen nicht mehr richtig zusammen. Man konnte über lange Strecken nicht mit vier oder fünf Personen in einem Raum sein. Also haben wir alles mit unseren Computern gemacht: zuhause aufgenommen, Demos und Skizzen hin- und hergeschickt. Es war sehr anders für uns, denn normalerweise nehmen wir live-on-tape auf – also spielen alles gemeinsam ein. Yol war das erste Album, das so viele Produktionsschritte durchlaufen musste. Am Ende konnten wir zwar auch zwei Wochen aufnehmen, aber Yol klingt eben elektrischer, weil es weitestgehend elektrisch entstanden ist. Das neue Album, welches voraussichtlich im März 2023 erscheinen wird, ist bereits fertig und auch wieder mehr back to basics wie Gece und On. Der Sound ist wieder roher und nicht so sehr ausproduziert. Die Presswerke brauchen aber leider sehr lang.

Wird es auf dem Album selbstgeschriebene Songs geben?

Das kommende Album wird wieder ein Cover-Album. Originale haben wir ja auf Âlem gehabt. Cips, Kola, Kilit oder die Single Kısasa kısas sind selbstgeschrieben. Auch der Song mit Asa Moto Üzüm Üzüme Baka Baka ist ein Original.

Jasper (Verhulst) sagte in einem Interview mal, dass du und Erdinç das letzte Wort habt, welche Songs ihr covern wollt. Ihr sprecht schließlich die Sprache und kennt die Lyrics. Hat der Rest der Band dafür mehr Mitspracherecht bei den Originalen?

Würde ich nicht sagen. Klar kennen Erdinç und ich die Songs oft besser. Aber in beiden Fällen probieren wir einfach Songs aus, jammen miteinander und meistens zeigt es sich ziemlich schnell, ob es für alle funktioniert oder nicht. Danach direkt zum nächsten Song und so weiter.

Ob ich das schaffe – man kann noch träumen, oder?

Gibt es denn Idee mal ein Album zu machen, das nur aus Originalen besteht?

Also mein erklärtes Ziel ist es, die Jungs zu überzeugen, dass wir mal ein Konzeptalbum machen. Das Konzept ist dann natürlich, dass es ein Altin Gün Originalalbum ist. Außerdem will ich damit auf Tour gehen und auf der Tour auch keine Cover spielen – nur die Originale. Ob ich das auch schaffe – man kann noch träumen, oder?

Es gibt kulturelle Unterschiede, wie Menschen Musik hören und genießen.

Ihr wart vor kurzem in Japan und habt auch wieder viele internationale Tourstopps. Wie unterscheiden sich Festivals und Konzerte in der Türkei von Festivals in Deutschland oder den Niederlanden?

Tatsächlich gibt es kulturelle Unterschiede, wie Menschen Musik hören und genießen. Die Franzosen zum Beispiel sind oft sehr ruhig und lassen die Musik für sich sprechen und saugen sie auf. In Deutschland ist es üblich, dass ein hoher Anteil von türkischstämmigen Leuten dabei ist. Die machen richtig Party und zeigen den anderen Gästen die entsprechenden Tänze. Ich finde das sehr schön, weil man sonst nicht auf die Art und Weise zusammenfindet. Es ist überall unterschiedlich, aber immer sehr positiv und schön.

Quelle: Yunus Gündüz

Apropos Japan. Barış Manço – als großer Einfluss, war ja ein türkischer Superstar in Japan und hatte sogar eine eigene Fernsehshow. Wie war es für dich, gewissermaßen in diese Fußstapfen zu treten?

Das Ding ist, wenn man sich anschaut, wie jung unsere Crowd dort ist, bin ich mir nicht sicher, ob die Barış Manço überhaupt kennen. Das war ja schließlich in den Achtzigern und Neunzigern und angesichts des Alters, kennt die Crowd, für die wir gespielt haben, Barış Manço höchstwahrscheinlich nicht. Für mich persönlich war es natürlich Wahnsinn. Ich habe regelmäßig seine Show geguckt und liebe seine Musik. Er stand ja für Frieden und kulturellen Austausch.

Schließlich hat unsere Branche hat einen schlechten CO2-Fußabdruck

Wie schon erwähnt, wird Âlem als digitales Album für einen guten Zweck verkauft. Die Einnahmen gehen komplett an Earth Today. Können sich Sammler irgendwann auf ein Vinyl-Release freuen?

Vielleicht in Zukunft. Wenn wir Geld brauchen. Als schneller cash-grab. (lacht) Also, in naher Zukunft ist nichts dergleichen geplant. Es ist ja nicht unsere Intention mit dem Album gewesen, das Album auf herkömmlichen Wege zu verkaufen. Wir haben uns entschieden, etwas für den Planeten zu tun. Schließlich hat unsere Branche einen ziemlich schlechten CO2-Fußabdruck. Also gingen wir mit der Idee auf Earth Today zu.

Wie seid ihr unterwegs? Fliegt ihr oft?

Wir vermeiden es eigentlich weitestgehend. Nach Japan ging es natürlich nicht anders. Aber wenn wir in Europa oder auf dem amerikanischen Kontinent touren, fahren wir durchgehend. Da sind zum Teil wahnsinnig lange Fahrten dabei.

Zurück zum kommenden Album. Dürft ihr den Namen eigentlich schon verraten?

Dürfen wir?

Mittlerweile sitzt Drummer Daniel Smienk mit im Nightliner, er nickt lächelnd.

Aşk! (Liebe)

Ihr seid ja auch für psychedelische Albumcover bekannt. Wird das Cover von Aşk ebenfalls psychedelisch und vor allem: Wird die Musik auch ebenso psychedelisch?

Daniel: Das Artwork wird farblich und generell etwas anders als bisher. Das gilt gewissermaßen auch für den Sound. Weniger traditionell anatolisch, aber Phase-Gitarren und Synthesizer sind natürlich wieder mit dabei. Also man kann definitiv ein typisches Altin Gün Album erwarten. Der Sound macht im Grunde einfach nur einen weiteren Schritt.

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