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“Milliarden” über Festivals und Bordelle

Geschrieben von am 4. Mai 2019

Wenn man sich fragt, wie “Milliarden” wohl klingen, muss man sich eigentlich nur das Cover ihres Albums “Betrüger” anschauen. Sänger Ben Hartmann und Pianist Johannes Aue lernten sich 2013 in der Uni kennen. Ein Jahr später brachten sie dann ihre erste EP “Kokain und Himbeereis” raus. Wie man innerhalb eines Jahres von der Uni zu Kokain kommt? Laut den beiden ist das in Berlin gar nicht so schwer… 

(Zu Johannes): Schnapp’ Dir mal das zweite Mikro da, dann müssen wir nicht die ganze Zeit switchen. 

Johannes: Ich bin eh wortkarg also… quatscht mal (er steht auf, läuft rum und macht Fotos für Instagram)

Ben: Er ist mehr der gutaussehende und ich rede (lacht)

Habt ihr das so aufgeteilt unter euch?

Ben: Ja genau, das wurde damals in der Castingsendung so aufgeteilt. 

Ah ok, steckt bestimmt irgendeine Strategie hinter… 

Ben (lachend): Ja auf jeden Fall!

Ihr wart ja jetzt schon auf einigen Festivals unterwegs, z.B. Rock am Ring, Rock im Park, Highfield, Deichbrand… was mögt ihr besonders daran, auf Festivals zu spielen?

Ben: Bei Festivals ist das Adrenalin ein anderes als bei Konzerten. Man bereitet sich länger vor auf eigenen Konzerten… über den Soundcheck, dass man sich den Raum wo man spielt schon anguckt… dass man sich da mental drauf einstellen kann. Und beim Festival ist es so: du kommst an, machst ein Change-Over, ‘n Line-Check und dann fängst du an zu spielen – also es ist mehr so… bordellartig (Johannes fängt im Hintergrund an zu lachen)… ja und ähm – das hat natürlich auch seine Qualität. 

Wenn’s ein gutes Bordell ist… 

Ben: Ja genau! Es kommt immer so auf’s Bordell an (lacht). Und auf das Publikum des Bordells. 

Das stimmt. Was war eurer Meinung das beste Festival, auf dem ihr wart? 

Ben: Die sind ja alle ganz unterschiedlich. Die Großen sind schwer mit den Kleineren zu vergleichen. Die Mini-Festivals sind so liebevoll gemacht und die Atmosphäre ist so schön, da macht es auch Spaß auf den kleinsten Dorffesten zu spielen. Aber auch auf den riesigen Festivals kannst du den tollsten Tag haben. Klar, es ist anonymer, aber es ist ein ganz anderer Rausch vor solchen Massen zu spielen. Aber du bist halt nur so ein Rädchen im System. Das kann auch schön sein, aber bei den kleinen Festivals ist es eher so, dass man sich trifft, auch mit den Leuten hinterher. 

Ihr habt ja letztes Jahr ein neues Album rausgebracht – “Berlin”. War bei uns übrigens Album der Woche – herzlichen Glückwunsch. 

Ben: Danke danke. 

Und jetzt die obligatorische Frage: Was findet ihr so toll an Berlin?

Ben: Wir sind da aufgewachsen. Also es hat uns einfach beeinflusst und natürlich auch das, worüber wir denken, schreiben und träumen. Es ist halt ein Lebensbereich, der sehr lebendig ist und sich stark verändert, in beide Richtungen: in eine progressive, aber auch in eine sehr negative Richtung. Also im Sinne von “ich brauche keine 5.000 riesige Malls oder diese Schnellrestaurants, wo alle Touristen durchgejagt werden”. Ich bräuchte eher ein Kulturfundament. Die Form von einer Gentrifizierung ist einfach so stark sichtbar mittlerweile, dass – und da sind wir wieder beim Wort “Bordell” angekommen –  du in so ‘nem Durchlaufprinzip auf einmal zuhause bist. Also es ist immer noch so, dass man die frühere Kultur, die Architektur und die Progressivität spürt, aber man merkt schon, dass das auch immer mehr verloren geht. Also das Album beschreibt unser Leben, unsere Zeit und bei der Zusammenstellung wurde uns irgendwann einfach klar, das beschreibt schon so eine Landkarte von Geschehnissen und Ereignissen… emotionale wie architektonische oder so, und dann dachten wir: ja, dann nutzen wir mal dieses verbrannte Wort. Oder versuchen, es wiederzubeleben. Und was wir ja wissen… also das ist schlechthin das Werbewort und dafür hassen uns auch Leute, die das Album nicht gehört haben. 

Auf der Platte gibt’s ja auch nen Song namens “Baukran”. Da redet ihr – wie bei den meisten eurer Lieder – von Sehnsucht. Ihr wollt es “endlich mal machen” – aber ihr seid ja schon eine recht berühmte Band… habt ihr es nicht schon längst gemacht?

Ben: Das was wir machen, mit unserer Band unterwegs sein, also dass, wie wir unsere Zeit so verbringen können, ist ein wirklicher Traum. Das ist schön, weil wir als Gruppe uns lieben und zusammen unsere Zeit verbringen können. Aber das, worum’s in “Baukran” geht ist nochmal ein anderer Schritt, über eine andere Grenze drüber. Wo sich diese Grundparadigmen, die wir in unserem mitteleuropäischen Leben haben, auflösen und wir nochmal ein anderes Neu in unserer Leben reinbringen können. 

Neue Kulturen entdecken…

Ben: … neue Kulturen, andere Sprachen – anders leben. Es gibt einfach eine große Sehnsucht in unserem Leben nach diesem anderen Leben. Aber auch bei den Frauen, die uns umgeben. 

Johannes: … die Bordelle. 

Ben: Ja genau, die Bordelle. Es ist einfach… eine andere Grenze, die da überquert werden möchte. Und die auch überquert werden wird. 

Gibt es da schon konkrete Pläne?

In meinem Kopf auf jeden Fall. Man muss noch ein bisschen mehr arbeiten, weil man noch so unruhig ist und noch das nächste Lied und das nächste Lied schreiben will, aber es kommt. Es kommt, wenn wir noch ein paar Lieder geschrieben haben und wir erstmal sagen: wir können jetzt ruhig mal ein Jahr weg. 

Wohin?

Ben: Ich weiß noch nicht. Die Welt ist so klein geworden, wir waren letztes Jahr in Mexiko und Costa Rica, haben da gespielt…aber das ging einfach viel zu schnell. Wir sind hingeflogen, haben gespielt, sind wieder zurück geflogen. Ich möchte da gerne ein anderes Gefühl zu kriegen. Also ich sag jetzt nicht, dass ich einmal um die Welt laufen möchte… dazu ist mein Knie auch zu sehr im Arsch, aber ich möchte ein anderes Gefühl bekommen. 

Diese Sehnsucht ist bei euren Liedern ganz oft zu spüren. Also auch bei “Kokain und Himbeereis” oder “Freiheit ist ‘ne Hure”, “Rosemarie”… da geht’s ja total um Sehnsucht. Und auch um Verlangen und Angst, und so ein bisschen Wahnsinn schwingt auch immer mit. Ich persönlich hab da immer gehofft, am Ende kommt so ne Art Auflösung… dass es dann doch irgendwie klappt und am Ende alles gut wird. Für mich kam die nicht so richtig und jetzt sitze ich hier mit euch, jetzt kann ich euch einfach fragen: Habt ihr für mich ne Auflösung?

Ben: Frag mich am Sterbebett. Also man kann Filme schreiben, die ein Happy End haben und dann geht man da raus und es wirkt so total unreal. Aber es gibt jetzt so ein paar Lieder… Johannes hat letztens zu mir gesagt: “guck mal, die Lieder sind so ein bisschen… die sind heller!”

Johannes: Es wird wieder heller um uns

Ben: Ja das könnte sein… also es ist auch so ein bisschen Lebensform und -phasenabhängig. Ich glaube die letzten zwei, drei Jahre waren dunkler und vielleicht klart es langsam auf. 

Das heißt die Lieder, die ihr gerade schreibt sind etwas…

Ben: … ich weiß es nicht. Ja wir schreiben gerade Lieder und da sind schon welche – oder zumindest eins dabei, wo Johannes zu mir gesagt hat: “Ey man, ist doch schön! Guck mal, wie schön das ist, wir klingen total glücklich!” und da hab ich gesagt: “Geil, du hast recht!” 

Johannes: Wir bringen das Glück zurück nach Deutschland. 

Ein sehr schönes Statement, da bin ich mal gespannt. Das heißt wir können uns auf was freuen…?

Ben: Ja auf jeden Fall! Also wenn ihr euch auf Milliarden-Musik freut, dann könnt ihr euch auf was freuen. 

Wann?

Ben: So genau kann ich das noch nicht festlegen. Aber wir sind fleißige, kleine Bienen. Also man muss natürlich auch immer abwarten, was einem passiert, das haben wir auch gelernt. Lieder kommen, wann sie kommen und zwischendrin chillen wir einfach und trinken einen und fahren in den Urlaub und dann kommen die Lieder: Wenn man was macht, was man normalerweise nicht macht kommen die Lieder immer. Aber feststeht: nächstes Jahr soll da was passieren. Wenn wir schnell sind, dann kommt es vor’m Sommer, wenn wir langsam sind, kommt’s nach dem Sommer. 

Wir sind gespannt, vielleicht wird’s dann ja wieder das AdW [Album der Woche]. Mal gucken…

Ben: … ich verspreche dir, es wird AdW Plus!

Wow, das ist ein Versprechen würd’ ich sagen. 

Ben: Es wird AdM, oder AdJ… oder AdD! Album der Dekade! 

Johannes: Das Album der Dekade, ja! Das kommt 2020. 

Dann haben wir es jetzt live aufgenommen: Das Album der Dekade von Milliarden kommt 2020. 

Ben: Geil.


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