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Was machen Sprachen mit uns?

Geschrieben von am 3. Juli 2017

Unsere Sprache ist nicht nur ein Werkzeug, sie wirkt sich auch auf unser Denken und Handeln aus. Beherrschen wir eine Zweit- oder sogar Drittsprache, dann kann uns das kreativer und einfühlsamer machen. Bis es so weit ist, will die Sprache aber auch erst einmal gerlernt sein. Umstellungen erwarten uns zur Zeit im Rahmen der Debatte um die genderneutrale Kommunikation. Was dabei in unserem Gehirn passiert, und in welchem Alter uns das am besten gelingt, hört ihr in dieser Ausgabe von “IQ Campusscience”.

Immer mehr Menschen sprechen zwei oder mehr Sprachen. Schätzungen ergeben, dass schon jetzt die Hälfte aller Menschen bilingual oder gar polyglott sind. Das Goethe Institut geht davon aus, dass besonders durch eine stärkere internationale Verflechtung und mehr Mobilität der Spracherwerb gefördert wird.

“Wir konzentrieren uns mehr auf Bedeutung als auf Form”

Steffi Winkler vom Centrum für Mehrsprachigkeit und Spracherwerb der Uni Münster schildert den Lernprozess einer Sprache:

 „Insgesamt ist es so, dass wir uns auf die Bedeutung von Wörtern konzentrieren und weniger auf die Form der neuen Sprache. Das heißt wir lernen eher konkrete Wörter, wie zum Beispiel Mann oder Baum als grammatikalische Wörter wie Artikel – der oder die – oder Konjunktionen – aber, dennoch, wenn. Was wir anfangs vor allem weglassen, sind grammatikalische Endungen.“

Daraus resultieren oft Sätze wie „Mann gehen Bahnhof“, „Mann spät“ und „Zug weg“.

Sprachenlernen hängt mit Motivation zusammen – außer man ist ein Kleinkind

Der Fortschritt beim Lernen einer Sprache erfolgt bei Kindern bekanntlich um einiges schneller als bei Erwachsenen. Woran das liegt erklärt Frau Winkler:

 „Man ging lange Zeit davon aus, dass das Hirnphysiologische Gründe hat, also dass zum Beispiel die Flexibilität des Gehirns mit steigendem Alter nachlässt und man eine Sprache nach der Pubertät nicht mehr perfekt erwerben kann. Diese Annahme wurde mittlerweile aufgrund vieler gegenteiliger Fälle verworfen, sodass man eher die Aspekte Motivation beziehungsweise Identitätsfindung als Gründe sieht. Und Kinder sind noch bereit sich dem neuen Sprachfeld anzupassen, während Erwachsene mehr oder weniger die Wahl haben, sich für oder gegen eine Sprache zu entscheiden.“

 Je nach dem, wie sich die eigene Situation gestaltet, kann ein Erwachsener eine Sprache als notwendig betrachten oder auch nicht. Kinder müssen dagegen erst die eigene Identität finden und dabei spielt Sprache eine entscheidende Rolle.

Es ist weder im Erwachsenen-, noch im Kindesalter ausschlaggebend, wie viele Sprachen jemand schon spricht, wenn er oder sie eine neue Sprache erlernen möchte. Der Lernerfolg hängt in erster Linie von der Motivation des Einzelnen ab.

Bei Kindern ist die Situation noch etwas einfacher: Kinder können schon im Erstsprachenerwerb problemlos 3 Sprachen auf ein mal lernen, so lange das Umfeld die Aufteilung der Sprachen auf verschiedene Personen oder Institutionen (z.B. KiTas oder Tagesmütter) aufteilen.

Mehr Sprachen machen uns einfühlsamer

Zudem ergeben sich einige Vorteile aus dem Erwerb mehrerer Sprachen:

 „Wir werden auf jeden Fall lernfähiger. Je mehr Sprachen man lernt, desto leichter fällt es einem in der Regel eine weitere Sprache zu lernen und umso weniger altert man auch kognitiv. Wir werden außerdem auf jeden Fall kreativer, da Sprache lernen selbst ein kreativer Prozess ist und man mit dem Wenigen zurecht kommen muss, das man anfangs zur Verfügung hat.“

 Die University California fand außerdem in einer Langzeitstudie heraus, dass Personen, die ihre Gefühle und Emotionen in mehreren Sprachen ausdrücken können, in ihrer Gefühlswelt gefestigter und sogar einfühlsamer sind.

Sprache ist wahrscheinlich das Hauptmerkmal, das uns von anderen Tieren unterscheidet. Sie ist unser wichtigstes Kommunikationsmittel,

mit ihr interagieren wir mit Mitmenschen, verleihen Freude oder Wut Ausdruck, und sie ist ein Werkzeug, um unsere Gedanken zu ordnen.

Ohne Sprache sind Kultur und Technik, wie wir sie kennen, nicht möglich.

 Sprache findet hauptsächlich im äußeren Teil des Gehirns statt

 Doch was hat dieses außergewöhnlich nützliche Instrument möglich gemacht?

Diese Frage führt uns in die Tiefen des Gehirns.

Wobei, so tief dann doch wieder nicht.

Hirnareale, die für die Sprache verantwortlich sind, befinden sich vor allem ganz außen im Gehirn, in der sogenannten Hirnrinde, erklärt Jens Bölte, Professor für Psycholinguistik an der Uni Münster.

 “Die wesentlichsten Areale sind definitiv das Broca- und das Wernecke-Areal.

Das eine ist im links-inferioren Frontallappen, das Wernecke-Areal ist weiter hinten links.

Das Broca-Areal ist eher in der Produktion beteiligt, das Wernecke-Areal mehr im Verstehen. Dann gibt es aber auch so kleinere Areale, die zum Beispiel zum Lesen mitverantwortlich sind.”

 Es gibt im Gehirn nicht ein Sprachzentrum, das entweder funktioniert oder nicht. Unterschiedliche Bereiche des Gehirns sind für unterschiedliche Funktionen zuständig.

 Verletzungen im Gehirn setzen oft nur einen ganz bestimmten Teil der Sprache außer Kraft

Menschen, die zum Beispiel bei einem Autounfall eine Verletzung am Gehirn erlitten haben, verlieren selten ihre gesamte Sprachfähigkeit, sondern oft nur einen ganz bestimmten Teil. Es gibt Menschen, die zwar Sprache verstehen können, aber selber nicht sprechen. Manche Patienten können zwar Wörter nachsprechen, verstehen aber nicht deren Bedeutung. Und wieder anderen fehlt die Fähigkeit, lebendige Dinge zu benennen, leblose Gegenstände wie Werkzeuge und Möbelstücke sind aber kein Problem.

Mit Für Lesen, Hören, Schreiben und Sprechen sind unterschiedliche Bereiche verantwortlich, die sich aber häufig Untereinheiten, für Syntax und Semantik teilen.

Organisiert ist die Sprache dabei nach Wörtern, Silben und Lauten. Wörter, die eine ähnliche Bedeutung haben, oder die Dinge aus ähnlichen Kategorien beschreiben, sind im Gehirn nah beieinander gespeichert. Das gleiche gilt für Wörter, die ähnlich klingen.

Das Wort ‘Tisch’ aktiviert ein Netzwerk, das Wörter wie ‘Stuhl’, ‘Schrank’ und ‘Sofa’ enthält, und gleichzeitig ein zweites Netzwerk, in dem ‘Fisch’, ‘Wisch’ und ‘Zisch’ gespeichert sind.

Außerdem wirkt sich die Häufigkeit eines Wortes in einer Sprache darauf aus, wie die Wörter im Gehirn organisiert sind, sagt Jens Bölte:

“Die Organisation ist so aufgebaut, dass wir auf Wörter und Konzepte, die wir häufiger benutzen und hören besser zugreifen können. Das ist ein ganz normaler Worthäufigkeitseffekt.”

 Kinder lernen die Anlagen für Sprache schon im Alter von sechs Monaten

 Die Anlagen für Sprache werden schon früh gebildet. Bausteine wie Laute und Silben sind im Gehirn eines Babys schon angelegt, weit bevor es Wörter lernt oder selbst sprechen kann. Eine Studie aus den Neunzigerjahren untersucht, wie Säuglinge auf Laute aus unterschiedlichen Sprachen reagieren. Der Laut [i] klingt im amerikanischen ein bisschen anders als im Schwedischen. Jedoch sind die Unterschiede bewusst kaum hörbar. Die Säuglinge zeigten dennoch deutliche Unterschiede in der Reaktions, wobei sie auf Laute ihrer eigenen Sprache deutlich häufiger reagierten.

„Die Studie zeigt, dass der Kontakt mit einer bestimmten Sprache im ersten halben Jahr die phonetische Wahrnehmung der Säuglinge verändert“, schreiben die Forscher.

“Es hat sich gezeigt, dass Kinder nach sechs Monaten die Laute der Muttersprache bevorzugt haben gegenüber Lauten der Fremdsprache. Das war unerwartet. Man hatte zuerst gedacht zu einem Zeitpunkt, wo Kinder auch anfangen, Wörter zu bilden, dass Laute erst dann da sind.”

Diese frühe Anlage im Gehirn ist ein Grund, warum man eine Sprache, die man erst später im Leben lernt, nie so gut beherrschen wird wie die Muttersprache, und warum wir mit Sprachen wie Chinesisch, die mit feinen, für uns unbedeutenden Lautunterschieden arbeiten, besonders große Probleme haben.

Auch, wenn man eine neue Sprache gut Lernen kann: Die Werkzeuge, die man benutzt, werden immer die der Muttersprache sein.

“In einer Studie haben Franzosen immer noch englische Wörter nach den französischen Regeln segmentiert, und Engländer die französischen Wörter nach den englischen Regeln, obwohl die perfekte Zweitsprachler waren. In einem normalen Gespräch hätte man nicht erkannt, dass es Zweitsprachler sind und keine Muttersprachler.”

Sprachen lernen lässt das Gehirn wachsen

Doch auch im Erwachsenenalter kann das Gehirn durch das Lernen einer Sprache noch geformt werden. In einer Studie der Lund-University untersuchten Forscher im Jahr 2012, wie sich die Gehirne von Menschen verändern, die innerhalb von drei Monaten eine neue Sprache lernen. In der Studie heißt es:

„Die Ergebnisse zeigen Vergrößerungen im Hippocampusvolumen und in der Dicke der Hirnrinde. Diese Befunde bestätigen strukturelle Veränderungen in Hirnregionen, von denen man weiß, dass sie eine Funktion beim Lernen von Fremdsprachen erfüllen.“

Besonders interessant dabei: Die Kontrollgruppe, die sich in der gleichen Zeit sehr intensiv mit medizinischen und kognitionswissenschaftlichen Themen beschäftigten, zeigten kaum Veränderungen in der groben Hirnstruktur.

Das bedeutet: Sprache braucht Platz. Während sich bei Informationsaufnahme und logischem Lernen vor allem die Verknüpfungen innerhalb des Gehirns verändern, muss sich das Gehirn beim Sprachenlernen aktiv im Volumen ausdehnen.

Sorgen machen, dass der Kopf irgendwann voll ist, muss sich aber niemand.

“Liebe Zuhörer! Oder: Liebe Zuhörer und Zuhörerinnen? Oder doch besser: Liebe Zuhörende? Liebe Zuhörer_innen?” – Wie spreche oder schreibe ich jetzt eigentlich gendergerecht? Und ist das überhaupt wichtig? Nicht nur Männer, sondern selbst viele junge Frauen sprechen sich inzwischen gegen gegenderte Sprache aus. Frauen seien doch in der männlichen Form mitgemeint und müssten deshalb nicht immer explizit genannt werden.

 Anna Seidel, Mitarbeiterin am Germanistischen Institut der Uni Münster bezweifelt jedoch, dass wir bei der Verwendung des generischen Maskulinums wirklich gleichermaßen an Männer und Frauen denken:

“Generell ist es so, dass gendergerechtes Schreiben einfach Sichtbarkeit schafft. Es gibt eben nicht nur Autoren, Dozenten und Studenten, sondern auch Autorinnen, Dozentinnen und Studentinnen. Wenn ich jetzt sage: ‘Denken Sie mal an einen Busfahrer’, möchte ich wetten, dass Sie keine Frau im Kopf haben.”

 Zum Beispiel zeigte ein Fragebogen der FAZ, dass die meisten Menschen auf die Frage “Wer ist ihr Lieblingsautor?” einen Mann nennen. Fragt man stattdessen jedoch nach Lieblingsautor oder Lieblingsautorin, werden viel mehr Frauen genannt.

Wir denken tatsächlich seltener an Frauen, wenn nur die männliche Form verwendet wird.

 Dr. Ute Roeder, Gleichstellungsbeauftragte für den Fachbereich Psychologie, erklärt, welche Vorgänge dabei genau in unseren Köpfen ablaufen: “Das Problem ist, dass wir kognitive Geizkrägen sind. Das heißt, wir verarbeiten normalerweise solche Informationen auf zwei verschiedene Arten. Erstens gibt es die automatische Informationsverarbeitung, die unwillkürlich und schnell passiert. Dort werden einfach Schemata aktiviert. Das Schema in dem Fall, wenn wir “Chirurg” oder “Arzt” hören, ist in der Regel der männliche Prototyp.”

 Das Gehirn aktiviert einen zweiten Informationsverarbeitungstyp, wenn uns etwas zum Beispiel besonders interessiert. Dann denken wir mehr nach und können auch die weibliche Form und andere Details wahrnehmen.

“Das heißt aber, oft bleiben wir auf diesem schnellen ersten Weg der automatischen Informationsverarbeitung stehen. Und dementsprechend geht nur die männliche Form in unsere weitere Überlegung ein und bestimmt dann unser Denken und Handeln.“

Dass wir also bei dem Wort “Arzt” immer an Ärzte und Ärztinnen denken, stimmt nicht. Wäre die männliche Form wirklich völlig geschlechtsneutral, hätten wir in der deutschen Sprache auch gar keine Form um uns nur auf Männer zu beziehen.

 Was können wir jetzt aber tun, um dieses Phänomen auszugleichen?

“Was wir brauchen ist zum einen vielleicht vorübergehend auch die weibliche Form, damit beides aktiviert wird, auch wenn wir nicht tiefer verarbeiten. Langfristig müssen wir daran arbeiten, dass auch der weibliche Prototyp selbstverständlich in unser Schema gelangt.”

Psychologisch gesehen ist es also sinnvoll, gendergerecht zu sprechen.

Bleibt immer noch das Argument, dass Gendern die Sprache unnötig kompliziert mache und Texte dadurch schwerer zu lesen werden.

“Wenn jemand sagt, gendersensibles Schreiben stört den Lesefluss, würde ich dafür argumentieren, dass man das auch als eine produktive Irritation wahrnehmen kann.”

 Die Sprachwissenschaftlerinnen Friederike Braun und Susanne Oelkers untersuchten zum Beispiel 2007 das Textverständnis Erwachsener mit Hilfe verschiedener Texte mit generischem Maskulinum, Beidnennung und genderneutralen Formen. Sie fanden dabei heraus, dass die Teilnehmenden sich nach dem Lesen an alle drei Textversionen gleich gut erinnern konnten. Außerdem befindet sich unsere Sprache ständig im Wandel. Mit der Zeit würden wir uns immer mehr an den Gebrauch geschlechtsneutraler Formen gewöhnen.

Neues aus der Wissenschaft…

Gecko-Finger machen den Weltraum sauber

Weltraumschrott ist ein großes Problem, wenn es um Flüge im All geht. Schon kleinste Schrottteile können beim Ein- oder Austritt aus der Atmosphäre starke Schäden an Satelliten und Raketen verursachen. Forscher von der NASA und der Universität Stanford haben einen Greifer entwickelt, der einem Gecko-Finger nachempfunden ist. Mit den Härchen an dessen Füßen bleiben wie an Frischhaltefolie die kleinen Schrotteile hängen.
Die Härchen bestehen beim Weltraumgreifer aus Silikon und erzeugen Kräfte auf molekularer Ebene. Per Knopfdruck kann man die Kräfte manuell aktivieren und deaktivieren. Laut den Forschern ist der Greifer bisher der einzige, der den schwierigen Anforderungen im All gewachsen ist.

Trump-Minister Pruitt will Studien zum Klimawandel kritisieren

Der Leiter der amerikanischen Umweltschutzbehörde, Scott Pruitt, will eine Diskussionsplattform für Klimawandelkritiker etablieren. Es solle daraus eine Diskussionsplattform entstehen. Wissenschaftler befürchten, dass die Plattform unwissenschaftliche Meinungen von Minderheiten bestärken würde. Ein Professor einer Universität in Texas verglich die Idee mit einer Seite, die die Existenz von Schwerkraft in Frage stellt. Pruitt ist selbst bekennender Klimawandel-Skeptiker und sagt, dass er nicht davon überzeugt ist, dass die Menschheit Schuld am Klimawandel hat.

Eine neu entdeckte Dinosaurierart wird nach Clint Eastwood benannt

Clint Eastwood war früher in vielen Westernfilmen als einsamer Held zu sehen. Die Filme wurden teilweise in Spanien gedreht, und an einem der Drehorte hat man 2003 ein Dino-Skelett gefunden. Das sieht ein bisschen aus wie ein Brachiosaurus, aber unterscheidet sich in einigen Knochenmerkmalen von den bisher gefundenen Exemplaren. Letzte Woche hat sich herausgestellt, dass es eine bisher unbekannte Art war. Weil die Forscher neue Arten so benennen dürfen, wie es ihnen gefällt, haben sie ihn ‘Europatitan Eastwoodi genannt’, als Homage an den Schauspieler. Schon in der Vergangenheit wurden Tiere nach Prominenten benannt, zum Beispiel die Motte ‘Neopalpa Donaldtrumpi’, der Käfer ‘Agra Schwarteneggeri’, der Saurier ‘Bambiraptor’ oder der Flugsaurier ‘Arthurdactylus Conandoylei’, benannt nach dem Erfinder von Sherlock Holmes.