Aktueller Song

Titel

Künstler

Aktuelle Sendung

Moebius

00:00 18:00

Aktuelle Sendung

Moebius

00:00 18:00


Nachbericht Eurosonic Noorderslag Festival 2015

Geschrieben von am 30. Januar 2015

Mindestens 500 Soundchecks in drei Tagen, über 300 Bands auf rund 36 Bühnen. Und das alles in einer Stadt, die kleiner ist als Münster: das sind nur ein paar Zahlen zum Eurosonic-Festival in Groningen. Das Eurosonic findet jedes Jahr im Januar statt, und mehrere Tage lang ist die ganze Stadt voller Musiker, Musik und Leuten aus dem Musikbusiness. Beim Eurosonic spielen viele Bands, die gerade auf einem Sprungbrett in ihrer Karriere stehen, musikalisch sind Genres von Alternative und Pop über Rock und Metal bis zu Elektro und Hip Hop vertreten.

Das Eurosonic ist damit vor allem ein Festival für die Musiker. Die europäische Musikbranche versammelt sich in der Stadt, um neue Bands zu begutachten. Es ist nicht unbedingt so, dass man als junge Band viel spielt und dann zufällig mal bei einem Gig jemand dabei ist, der die Band entdeckt, wie uns Pablo van de Poel, Frontman von der niederländischen Blues-Rock-Band DeWolff erklärt hat. Das passiert eher bei einem Festival, wo die Musikbranche auf der Suche nach neuen Talenten ist. Deshalb spielen beim Eurosonic in der ganzen Stadt Bands in den verschiedenen Bars und Clubs – auch außerhalb des offiziellen Programms.

Das Festival gibt neuen Künstlern die Chance, sich auf dem europäischen Markt zu beweisen. Aurora Aksnes aus Norwegen ist nicht nur neu im Geschäft, sondern auch noch sehr jung. Sophia Kisfeld war begeistert von der jungen Aufsteigerin und hat sie zum Interview getroffen.

Auf dem Eurosonic zu spielen ist für Bands also eine Riesenchance, einem größeren Publikum bekannt gemacht zu werden. Während des Festivals gibt es einige Bands und Auftritte, um die ein kleiner Hype entsteht und bei denen besonders viele der Musikbranchen-Festival-Besucher versuchen, das Konzert zu sehen. Werden selbst die Träger von blauen Festivalbändchen an der Tür abgewiesen, verpassen die anderen wartenden Besucher wahrscheinlich gerade eine der nächsten Newcomer-Bands. Der musikalische Schwerpunkt lag dieses Jahr auf Musik aus Island. Vor den Auftritten von Júníus Meyvant bildeten sich lange Schlangen. Zu recht, wie wir fanden, als wir endlich auch im oberen Saal des Grand Theatre waren. Vök und Rökkurró aus Island haben uns auch gut gefallen.

Die Bands können sich bewerben, um beim Eurosonic zu spielen. Das ETEP (European Talent Exchange Programme) unterstützt Initiativen in den einzelnen Ländern bei der Auswahl und Förderung und die Bands bei der späteren Vermarktung, indem es Kontakte zu Festivals uns Radiosendern herstellt.

Außerdem sollten die Bands bereits an einem bestimmten Punkt in ihrer Karriere angelangt sein: ein Auftritt beim Eurosonic bringt besonders denen etwas, die schon ein Label, Bookingagentur und ein Management haben – und erste internationale Tourerfahrungen.

Ringa Manner von The Hearing kommt aus Finnland. Sie spielte Donnerstagmittag in einem Café in der Innenstadt. Danach waren wir für ein kurzes Interview verabredet. Plötzlich stand sie auf der Straße neben Uta, neben sich einen kleinen roten Rollkoffer. Da passt ihr ganzes musikalisches Equipment rein: ein Loopboard und kleine Drums reichen ihr. Schön, wenn man als Musikerin so mobil und unabhängig reisen kann.

Von Jack Garratt (UK) sind vorab nur ein paar elektronische-rockige Songs zu hören, über seinen Auftrittsstil wussten wir nicht allzuviel, doch Sophia wollte schon immer mal ins Infoversum und die Kombination hat sich bezahlt gemacht. Jack Garrat hat nur sein Keyboard bei sich, greift zwischendurch zu seiner Gitarre und lässt die Körper mit tiefen Bässen vibrieren. Während der Solokünstler vorne steht, dreht sich über dem Publikum der Sternenhimmel im 3D-Kino und die Zuhörer erleben Garratts Musik in sphärischen Ebenen.

Kate Tempest (UK) ist einfach eine Poetin – sowohl in ihrer Musik, als auch in den Reden, die sie schwingt. Energisch haut sie die Worte in den Backstagebereich der Stadsschouwburg (Stadttheater Groningen), denn das Theater wurde gedreht, sodass die Stühle hinter der Künstlerin zu sehen sind.

Ihre Natürlichkeit und ihr Aufruf zu Menschlichkeit und Nächstenliebe bleiben uns im Kopf hängen, ihre ehrliche Art, mit der sie sich über ihr Publikum freut.

Für Sophia jetzt schon eine der Entdeckungen des Jahres ist Talisco. Mit so viel Unterhaltung haben wir bei der Show des Franzosen nicht gerechnet. Auch wenn wir beide keine Fans vom Mitklatschen sind, Talisco haben die Fans getrieben mit ihrer Musik und einfach nur gute Laune ausgelöst – man darf sich auf die LP freuen und wir werden sie gerne wieder auf der Bühen sehen und hören.

Die Musikerinnen von Joco, eine der Newcomer-Bands beim Eurosonic, haben auch eine Weile in Münster gelebt. Es ist ein sehr schöner Moment, die beiden Schwestern auf der Bühne im Grand Theatre in Groningen zu sehen und sie die Songs spielen zu hören, die sie auch schon auf den Konzerten aus ihrer Anfangszeit im Teilchen und Beschleuniger in Münster gespielt haben.

In der Stadsschouwburg haben noch mal zwei Schwestern gespielt: Ibeyi. Das Stadttheater fanden wir am Anfang gar nicht so verlockend, da wir wenig Lust hatten, uns Konzerte im Sitzen und dazu noch von hoch oben aus dem dritten Rang anzuhören. Doch für das Festival haben die Veranstalter die Bühne verkehrtherum bespielt, die Zuhörer standen hinter der Bühne. Das hat das Konzert sehr innig wirken lassen, denn so kam das Publikum sehr nah an die beiden heran und die Ränge des Theaters bildeten einen schönen Hintergrund. Ibeyi, die französisch-kubanischen Zwillinge Lisa-Kaindé und Naomi Diaz, machen elektronisch geprägte Musik, in die sie teilweise kubanische Yoruba-Gesänge einfließen lassen. Sie klingen ein bisschen wie eine südliche Version von Björk. Auf der Bühne wirkten sie sehr natürlich und locker. Ein bisschen so, als ob sie die Gäste zu einer spontanen Jam-Session eingeladen hatten, die dann zufällig doch zu einem professionellen Konzert wurde.

Infos, Links und Songs
Wer das Eurosonic Noorderslag nächstes Jahr nicht verpassen will oder sich einfach für die Künstler interessiert, die auf der Bühne standen: informiert euch durch kleine Portraits oder Videos der Bands auf der Seite des Eurosonic Noorderslag. Wenn ihr nicht viel lesen, sondern lieber hören wollt, bietet euch das Eurosonic Noorderslag eine gute Möglichkeit bei Spotify. Die Eurosonic/Noorderslag Playlist enthält zu jedem Künstler ein oder zwei Tracks, um euch einen Eindruck zu geben. Zudem standen uns die Kollegen vom WDR Rockpalast des öfteren vor der Kamera. Was sie aus dem Eurosonic Noorderslag gemacht haben im Internet nachverfolgen auf WDR Rockpalast.

Und das waren unsere Lieblingssongs.

Texte, Fotos und Audiobeiträge: Sophia Kisfeld & Uta Schleiermacher


Weiterlesen