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Sufjan Stevens – Javelin

Rezensiert von am 9. Oktober 2023

       

Ein musikalisches Trennungsdrama in 10 Akten, oder besser gesagt Liebe, Herz, Schmerz und Kampf untergebracht und verpackt in 10 Sufjan Stevens-Style Songs.

Wenn man Erwartungen an das neue Album Javelin des 48 jährigen Singer-Songwriters aus den USA gehabt hatte, wurden sie auf jeden Fall reichlich erfüllt.

Die Standard Rezeptur aus gezupfter Gitarre, warmer gehauchter Stimme und tiefgründigen Texten ist auch hier wieder zu finden und auch, wie im Album Carrie & Lowell in perfekter Mischung zueinander. Und daraus entsteht ein Wohlfühlklang, der definitiv etwas meditatives hat und es einem warm über die Seele laufen lässt.

Javelin ist Stevens 10. Solo Studio-Projekt, erinnert einen aber eher an eine Jam-Session zu Haus. Was in keiner Weise die immense Qualität des Albums in Frage stellen soll. Diese geschaffene Atmosphäre von “Zuhause” bringt eine Art Verletzlichkeit und etwas Privates in die Musik – Es wirkt authentisch, zieht einen fast mehr in die Musik hinein, als wäre man mittendrin.

Aber was ist denn jetzt das Besondere an diesem Album ?

Am Anfang jedes Songs bekommt man den typischen zarten und verletzlichen Gitarren-Sufjan, doch wer denkt, dass das so bleibt und zum nächsten Song skippt verpasst eine melodische Weiterentwicklung zu tiefgehenden Chor- und Orchester Passagen und sogar Synth-Elementen. Schon der Intro-Song Goodbye Evergreen öffnet sich explosionsartig nach einem ruhigen Intro in ein schon fast episches Zusammenspiel aus Chor, flimmendernden Geigen, Schlagwerk, elektrischen Gitarren und Synthie-Elementen. Es klappert und dröhnt und ist eigentlich so gar nicht mehr der Stevens, den wir kennen, aber statt die Atmosphäre zu zerstören, wird sie eigentlich eher verstärkt. Und das zieht sich durch das gesamte Album.

Die Songs werden gegen Ende nicht weniger oder tröpfeln sich aus, sondern enden in instrumentalischen Klanglandschaften, als will Sufjan Stevens seinen Texten nochmal Nachdruck verleihen und die Dramatik verstärken. Einen Höhepunkt dieser Instrumentallandschaften ist der Song Shit Talk mit fast 9 Minuten. Hier findet man die musikalischen Entladungen nicht nur am Ende in einem langen, nachhallenden Outro, sondern auch geysirartig zwischen den Strophen. Gezupften Gitarrenklang schwillt plötzlich zu einer dicken Masse aus Chor, Blech und Holzbläsern an. Aber auch hier: unpassend ist das ganze gar nicht, vielmehr harmoniert es genial mit den Lyrics über Streit, “Shittalk” und Bedauern. Es ist ein Wechsel aus lauten Ausbrüchen, zurückgenommenen passagen und sich überlagernden Klängen, wie wenn sich zwei Leute emotional streiten.

            “ I don’t wanna fight at all”

Als ob am Ende des Album alles geklärt wäre, ist gerade der letzte Song des Albums There’s A World einer ohne musikalische Aufregungen und Ausbrüche, auch ein instrumentales Outro gibt es keins. Aber vielleicht ist es ja genauso im Leben und in der Liebe, der Weg ist lang, aber das Ende kommt schnell und ausgeschmückt.

rezensiert von Marlene Hammer


Label: Asthmatic Kitty Records
Veröffentlicht am: 06.10.2023
Interpret: Sufjan Stevens
Name: Javelin
Online: Zur Seite des Interpreten.


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