Royel Otis – hickey
Rezensiert von Redaktion on 25. August 2025

Vorbeiziehende Berge, eine warme Sommerbrise, der Geruch von Salzwasser in der Luft. Ich sitze im Auto und höre zum ersten Mal in der Radio Q-Rotation den neuen Song moody von Royel Otis. Die Band war mir von Releases wie Oysters In My Pocket bereits vorher bekannt und so fieberte ich mit Vorfreude dem angekündigten Album des australischen Duos entgegen, welches nun am 22. August 2025 unter ihrem Label Ourness / Capitol Recordings veröffentlicht wurde. Und hickey ist genau das, was die vorab erschienene Single verspricht: Sommergefühle mit einer Prise Herzschmerz. In 38 Minuten verkörpern Royell Madell und Otis Pavloviv auf insgesamt 13 Songs die Zerrissenheit nach einer beendeten Beziehung. Die Lyrics bewegen sich zwischen Vermissen, Vergessen wollen und dem Verlangen, die Ex-Person hinter sich zu lassen und sie gleichzeitig nah zu spüren.
Musikalisch setzt das Duo in hickey auf aussagekräftige Gitarrenklänge, untermalt mit leichten Drums und einer Prise Synth. Und trotz stetig sanftem Sommergefühl überzeugt das Album mit einer Mischung aus Melancholie und Tanzbarkeit.

Den Einstieg macht die Single i hate this tune. In dreieinhalb Minuten legen Royel Otis die Grundlage für eine neue musikalische Reife, die sich durch das restliche Album zieht. Auf schnellen, glücklichen Beats singt das lyrische Ich von all den Dingen, die es an eine vergangene Liebe erinnern und spricht letztendlich den Wunsch aus, die einstige Nähe wiederherzustellen.
“I hate this tune ’cause I think of you. […] Every sunset too makes me think of you. I could get off this pain, I don’t wanna complain. […] So please, no matter where you are. If only we could start again.”
Dieses Gefühl der Zerrissenheit findet sich auch im Track car, welcher am 25. Juni bereits vorab veröffentlicht wurde. Es erweckt das Gefühl einer verregneten Sommernacht und dem Ende einer Beziehung: Beide Parteien wissen um das bevorstehende Ende und darum, dass dies letztendlich das Beste für beide wäre. Und trotzdem können sie noch nicht ganz voneinander lassen. Die zweite Strophe beinhaltet die Zeile, die maßgeblich prägend für den Albumtitel ist: “Still bruising from your chalk skin bites.”
Hickey bedeutet Knutschfleck. Es verbildlicht eine hinterlassene Wunde, entstanden durch Intimität. Eine bittersüße Verbindung, die wehtut, weil sie zum Scheitern verurteilt ist. Eben genau das, wovon das Album des Indie-Pop-Duos spricht.

Aber ebenso konträr wie die Gefühle des Lyrischen Ichs sind auch die Stimmen, die sich bezüglich des neuen Albums erheben. Denn wofür Royel Otis aktuell kritisiert wird, ist die teilweise sehr herabwürdigende Weise, in der über die (Ex-)Beziehungsperson gesprochen wird. Besonders hervorgehoben wird hierbei die bereits erwähnte Single moody, die am 09. Mai 2025 als erste von drei Singles vor Albumrelease veröffentlicht wurde. Durch Zeilen wie “Late night she’s always accusing. Last time she said she would kill me. My girl’s a bitch when she’s moody.” Dass diese Zeilen einigen erst einmal ein wenig sauer aufstoßen, kann ich nachvollziehen. Schaut man sie sich allerdings im Gesamtkontext an, zum einen des Songs und zum anderen des gesamten Albums, so reihen sie sich nur ein in die etablierte Beziehung, über die das lyrische Ich auf hickey singt. Und diese Beziehung ist nunmal geprägt von intensiven Gefühlen, die sowohl im Positiven, als eben auch im Negativen Einfluss nehmen. Letztendlich bezeichnet das lyrische Ich sie schon im direkt darauffolgenden Vers wieder als sein Ein und Alles.
Jazz burger ist der letzte Song von hickey. Er beendet das Album mit einer Menge Fragen in den Strophen und einer damit in Kontrast stehenden, schon fast überheblichen Sicherheit, sie würde zu ihm zurückkehren.
“When I’m gone, you’ll come running back into my arms. When I’m gone, you’ll come crawling.”
Beim Lyrischen Ich bleiben die gemischten Gefühle also bis zum Schluss vorhanden. Ich war allerdings schon von der ersten Sekunde an überzeugt, dass Royel Otis mit hickey eine weitere, wundervolle Ergänzung zu meiner Sommerplaylist erschaffen haben. Und sollte mich im Winter das Sommerfieber packen, dann fahr ich am 08. Dezember einfach nach Köln auf ihr Konzert, welches sie im Rahmen ihrer “meet me in the car” Europa Tour spielen. Laut eigenen Angaben ist hickey extra darauf ausgelegt, live performt zu werden. Es klingt also ganz so, als würden uns Royel Otis den australischen Sommer nach Deutschland bringen. Und bis dahin genieße ich voller Melancholie die Sommersonne, die durch ihre Melodien und am Himmel scheint.
Label: Ourness / Capitol Recordings Veröffentlicht am: 22.08.2025 Interpret: Royel Otis Name: hickey Coverbild: Credits: Universal Music