Pastor Gerald – Planet der Pfaffen
Rezensiert von Redaktion on 14. November 2025
Auf ihrem Debütalbum „Planet der Pfaffen“ zeigt die Lübecker Punk-Band Pastor Gerald uns ihre Vision von „Filigranpunk“. Und das mit reichlich Humor, Gesellschafts- und Systemkritik. Am Freitag, den 07. November 2025, wurde es von Dackelton Records veröffentlicht.
Eine cleane E-Gitarre eröffnet für uns in einem kurzen Intro das Album und baut mit wenigen Akkorden Spannung auf. Man stellt sich vor, wie auf einer Bühne die Silhouetten der fünf Musiker*innen aus Lübeck, Hamburg und Lüneburg auf das Zeichen des Drummers warten, mit dem ersten Track des Albums zu starten. Gottes Plan beginnt mit einer schnellen E-Gitarre mit einem grungigen Sound, gefolgt von typischen Punk-Drums. In diesem Song setzt sich Pastor Gerald mit der Theodizeefrage auseinander. Tod, Hunger, Armut, Leid – hat das alles einen Sinn? Pastor Gerald gibt die Antwort: Es ist alles Teil von Gottes Plan! Und so bekommen wir einen ersten Geschmack des Sounds und der sarkastischen Gesellschaftskritiken von Pastor Gerald.
Die Texte der Band stammen aus der Feder ihres Bassisten Jona „Tüte“ Kortüm, der mit viel (schwarzem) Humor und in lustigen Bildern zum Ausdruck bringt, dass die Band mit unserer Gesellschaft nicht einverstanden ist. Als Mittel zum Ausdruck dessen dienen verschiedene Stereotype. Das Kind, dessen Brotdose von den Eltern mit eingeschweißten, ungesunden Snacks gefüllt wird. Sogenannte “Karens“ (nicht spezifisch weiblich gedacht), die voller Selbstmitleid Ausländer und Homosexuelle für all ihre Probleme verantwortlich machen. Oder auch der brave Bürokrat Herr Müller. Darüber hinaus geht Pastor Gerald aber auch auf Kriegsfuß mit Politiker*innen und Institutionen. So gibt es in dem Song FDP hat Sexverbot genau das und in A.E.K. rechnet die Band mit der Polizei ab.
Gesungen werden die Texte seit neustem von Maja Eysenbrandt. Die provokanten Zeilen bringt sie entschlossen, laut und rebellisch rüber. An der Gitarre hören wir Mick Vering und Jakob Brandt. An den Drums Jannik „Jannse“ Krause. Besonders in der zweiten Hälfte des Songs Timmendorfer Strand hören wir Gitarren- und Drumsolos, die zum Headbangen animieren und das musikalische Talent der Band zu erkennen geben.
In Brotdose, dem dritten Song des Albums, versetzt sich Pastor Gerald in die Lage der Eltern des „kleinen, süßen Jeremy“, der ausgestattet mit Schokobrötchen, Milchschnitte und Bifi in die Schule geschickt wird und mysteriöserweise unter Bluthochdruck leidet. Zu diesem Song hat die Band auch ein Musikvideo produziert, in dem wir eine Live-Performance des Songs im Salon Hansen in Lüneburg erleben können, inklusive einem Zuschauer, der zufrieden die Diät des kleinen Jeremy verspeist.
Nach einem kurzen Skit widmen wir uns einem musikalischen Höhepunkt des Albums. In FDP hat Sexverbot hören wir tolle Vocals und eine Hook, die zum Mitsingen einlädt. Pastor Gerald feiert mit diesem Song unter anderem das Ausscheiden der FDP aus dem deutschen Bundestag und wünscht sich ein Land, das nicht von neoliberalen BWL-Student*innen regiert wird und in dem die Schere zwischen Arm und Reich konsequent geschlossen wird. Der Song sorgt für gute Stimmung, wenn man zustimmt.
Direkt darauf überrascht uns ein kleiner Ausbruch aus typischem Punk-Sound. Das Intro von Dosenpfändung klingt eher wie Jazz oder Blues, mit sanfter Percussion und kunstvoll melodischem Gesang. Diese ruhige Anfangsstimmung geht nach dem Intro schlagartig wieder in Punk-Rock über, doch die Gesangsmelodie vom Anfang kehrt im Song später wieder zurück. Das lyrische Ich repräsentiert karikaturartig das oft negativ besetzte Bild von Obdachlosen, die Pfandflaschen sammeln anstatt, so lautet der Vorwurf häufig, arbeiten zu gehen.
A.E.K. ist der siebte Song des Albums und gesungen wird er, anders als der Rest des Albums, vom Bassisten und Verfasser der Texte, Jona „Tüte“ Kortüm. Er bezeichnet seinen Gesang selbst als „Gegröl“ und wenn man den Song hört, weiß man, was er meint. Melodisch ist es trotzdem. Inhaltlich präsentiert uns Kortüm sein negatives Bild der Polizei und erwähnt dabei Themen wie Polizeigewalt, rechtsextreme Gesinnungen und Kontrollen aufgrund von Cannabiskonsum. Mutmaßlich spricht er hier aus Erfahrung.
Timmendorfer Strand ist nicht nur ein beliebter Ostseestrand in der Nähe von Lübeck, sondern auch der zehnte Song des Albums. Für Pastor Gerald repräsentiert dieser Ort Massentourismus, deutsche Bonzen und vermutlich auch ein Stück weit Bourgeoisie und Kapitalismus. Zu energiegeladenen Gitarrenriffs fantasiert die Band davon, all dem ein Ende zu setzen. In der zweiten Hälfte hören wir, wie zu Beginn bereits erwähnt, Gitarren- und Drumsolos und damit einen weiteren musikalischen Höhepunkt des sich dem Ende zuneigenden Albums.
Der letzte Song Natural Born Müllers ist ruhiger und entspannter. Maja Eysenbrandt singt hier im Duett mit einer männlichen Stimme. Und zwar über die Familie Müller, Repräsentant*innen der sogenannten bürgerlichen Mitte. Diese scheren sich nicht um Klimawandel oder Rechtsruck und wählen zwar heute noch konservativ CDU, doch morgen schon die AfD. Die Stimmung des Songs wird von einem Punk-Teil mit gewohnten Gegröl von Jona „Tüte“ Kortüm kontrastiert, in dem die letzten Zeilen des Albums erklingen
Ignoranz ist wieder prima Mittel für den Zweck // Festzelte voll Faschos feiern ihr großes Comeback // Eure geliebte Mittelschicht wird langsam abgeschafft // Und ihr seid selbst schuld daran, doch kriegt es nicht gerafft“.

Planet der Pfaffen ist ein rundes Gesamtwerk. Das Album ist mit jedem Song äußerst politisch. Gegen Rechts, antikapitalistisch und für Solidarität der Arbeiterklasse. Und es ist dabei auch äußerst unterhaltsam. Die neue Besetzung im Gesang passt gut zu Klang und Inhalt der Musik. Songs von Pastor Gerald hört ihr ab sofort bei Radio Q. Wer Lust bekommen hat, kann Pastor Gerald am 20.12. in Hamburg als Support für Katastrophen-Kommando sehen.
Text von Simon Schwarzkopf
Label: Dackelton Records Veröffentlicht am: 07.11.2025 Interpret: Pastor Gerald Name: Planet der Pfaffen