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Mdou Moctar – Funeral for Justice

Rezensiert von am 6. Mai 2024

       

Es ist wieder soweit, nach fast fünf Jahren melden sich Mdou Moctar mit einem neuen Album zurück. Zuletzt haben sie 2019 mit Afrique Victime einen Meilenstein für saharanischen Rock geschaffen. Dennoch braucht sich Funeral for Justice keineswegs hinter diesem zu verstecken. Das Album, das seine einzigartige Fusion von psychedelischem Desert-Rock und traditioneller Tuareg-Musik fortsetzt, bietet eine fesselnde Reise durch Klanglandschaften, die reich an Emotionen und Bedeutungen sind. Das inhaltliche Oberthema des Albums ist die aktuelle Notlage des Niger und des Tuareg-Volkes.

Wie der Name ‘Funeral for Justice’ und das Albumcover schon vermuten lassen, ist dieses Album von den politischen Erlebnissen der Band geprägt. Auf dem Cover ist wie bei seinem Vorgänger ebenfalls wieder eine Elster zu sehen. Der Vogel, der das Symbol der Band darstellt, soll eigentlich die Harmonie zwischen den Menschen, also zwischen Schwarz und Weiß verkörpern. Jedoch sind die Krallen und Flügel der Elster mit Blut versehen. Sie scheint aus dem Bild heraus zu fliegen, in die Richtung des Betrachters, aber nicht als Bote, sondern eher als Angriff.

Auch der Hintergrund weißt auf die deutliche Ernsthaftigkeit der politischen Message des Albums hin. Unter der Elster befindet sich ein roter See, der wahrscheinlich Blut darstellen soll. In der Mitte des Sees befindet sich eine kleine Sandinsel. Auf ihr erkennt man deutlich einen hölzernen Sarg, ebenfalls blutversehen, auf dem wiederum der Kontinent Afrika zu erkennen ist. Um den Sarg herum liegen weitere tote Elstern. Hinter diesem See aus Blut befindet sich eine brennende Dünenlandschaft, deren schwarze Rauchschwaden weit in den mit Sternen besetzten Nachthimmel ziehen.

“Now the problems of terrorist violence are more serious in Africa. When the US and Europe came here, they said they’re going to help us, but what we see is really different. They never help us to find a solution.”

-Mdou Moctar

Das Albumcover passt ideal zu dem Opener und Titletrack Funeral for Justice. Der Song ist eine direkte Ansprache an die afrikanischen Stammesführer, mit der Aufforderung “Nehmt die Kontrolle über eure rohstoffreichen Länder zurück, baut sie auf und hört auf zu schlafen”. Moctars kraftvolle Stimme und einzigartige Gitarrenkünste tragen die Botschaft der Hoffnung und des Widerstands, während die rhythmischen Schichten aus Trommeln und Bass eine dringende Atmosphäre schaffen.

“Mdou Moctar ist eine starke antikoloniale Band, seit ich ein Teil davon bin”, sagt Produzent und Bassist Mikey Coltun, der seit 2017 bei Moctar spielt. “Frankreich kam rein, hat das Land kaputt gemacht und dann gesagt: ‘Ihr seid frei.’ Und das sind sie nicht.” Der Song “Oh France” greift diese Thematik auf:

“France’s actions are often veiled in cruelty/We are better off without its turbulent relationship/It’s high time we grasp the endless lethal games it plays.”

Auch die weiteren Songs des Albums thematisieren die aktuellen politischen und kulturellen Probleme. So ist zum Beispiel der Song Imouhar, ein Aufruf an die Tuareg, ihre Tamasheq-Sprache zu bewahren, die vom Aussterben bedroht ist. Der Frontmann, Namensgeber und Gitarrist der Band Mdou Moctar ist einer der wenigen in dieser Volksgruppe, der sie noch schreiben kann. Mit seiner Musik will er dazu beitragen, dass diese einzigartige Sprache nicht in Vergessenheit gerät.

Mdou Moctar in seiner jetzigen Form ist in erster Linie eine Band. Neben Mdou Moctar (mitte), besteht sie aus dem Rhythmusgitarristen Ahmoudou Madassane (rechts), dem Schlagzeuger Souleymane Ibrahim (links) und dem amerikanischen Bassisten und Produzenten Mikey Coltun (unten).

Credits: Kadar R. Small

Ilana war das Einstiegsalbum, das zeigte, dass es sich um eine echte Rockband handelt. Und Afrique Victime war eine Zusammenfassung dieser Vision”, sagt Coltun. “Bei Funeral For Justice wollte ich wirklich, dass die politische Botschaft bei allem, was passiert, im Vordergrund steht. Als die Band live härter und schwerer wurde, machte es Sinn, diese Dringlichkeit und Aggression einzufangen – es war nicht erzwungen, sondern ganz natürlich.”

Im Juli 2023, nach der Fertigstellung von „Funeral For Justice“, wurde die demokratisch gewählte Regierung Nigers durch einen Militärputsch gestürzt. Der Präsident wurde unter Hausarrest gestellt, und das Land stürzte in einen Zustand von Chaos und Unsicherheit. Die Franzosen haben sich zurückgezogen. Die Region ist weiterhin vom Terrorismus bedroht. Die Band, damals auf Tournee in den USA, konnte eine Zeit lang nicht zu ihren Familien zurückkehren.

“Ich unterstütze den Putsch nicht”, erklärt Mdou, “aber ich habe Frankreich nie in meinem Leben in meinem Land gemocht. Ich hasse weder Frankreich noch die Franzosen, und ich hasse auch die Amerikaner nicht, aber ich unterstütze ihre manipulative Politik und das, was sie in Afrika tun, nicht. Im Jahr 2023 sollten wir frei sein“.

Funeral for Justice ist mehr als nur ein Album; es ist eine künstlerische Aussage über die Macht der Musik, soziale Veränderungen herbeizuführen und Stimmen zu erheben, die oft ungehört bleiben. In einer Welt, die von Ungerechtigkeit und Unterdrückung geprägt ist, erinnert uns Mdou Moctar daran, dass die Musik eine mächtige Waffe sein kann, um für eine bessere Zukunft zu kämpfen.


Label: Matador Records
Veröffentlicht am: 03.05.2024
Interpret: Mdou Moctar
Name: Funeral for Justice
Online: Zur Seite des Interpreten.


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