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Lynks – ABOMINATION

Rezensiert von am 24. April 2024

       

This is my peak I’m livin’ in my prime, so best not waste any more of my time.

In seinem “hottesten” Jahr überhaupt, nach drei EPs und ausverkauften Tourneen hat es der Londoner Lynks endlich geschafft. Das Debütalbum ist da, ein Album voller Ekstase und Hedonismus, das kein Blatt vor den Mund nimmt. Wir haben es hier zwar mit Elektro-Pop zu tun, ABOMINATION ist auch ein aktivistisches Werk – und da wandelt sich der “Pop” zum “Punk”. Denn dieses Debüt nimmt einen auch auf eine Reise durch die moderne queere Kultur mit, die auf die Unterdrückung und Gewalt aufmerksam machen will, die die queere Community erlebt.

Auf dem Cover springt ein Oberkörpershot einer Person mit goldener Nieten-Maske über den ganzen Kopf entgegen.  Dahinter blitzen rot-schwarz geschminkte Augen hervor. Was auf den ersten Blick kinky wirken kann, ist vor allem auch eine Vorausschau auf den Inhalt. Lynks machen Musik zwischen Hedonie und Begehren. Dabei gehen sie auch auf schambehaftete Vorurteile ein, die mit ihrer sex-positiven Musik überwunden werden wollen. Lynks hat alles selbst geschrieben, selbst produziert, hält sich an manchen Stellen bewusst zurück, scheut aber nicht ein gewisses Maß an Selbstverherrlichung (siehe kurz vor Ende LYNKS THINKS, wo erklärt wird, warum Lynks immer eine Maske trägt: “Well if I didn’t all of you would wanna fuck me.” – dafür ist er aber leider wegen der vielen Gigs zu busy.) 

Mit USE IT OR LOSE IT wird das Album eröffnet. Lynks wechselt im Musikvideo zum Song tausendmal seine GIMP-Anzüge, schlüpft in tausend verschiedene Masken und macht im Sprechgesang eine Ansage: Jeder Tag ohne Orgie ist ein schlechter Tag und überhaupt ist now the time to shine auf sexueller Ebene. Dazu dröhnende Beats, ein paar Streicher und On top Anfeuerung durch Sirenen, doch jetzt bitte mit so vielen Männern wie möglich zu schlafen. 

Einen Song (NEW BOYFRIEND) später geht’s direkt zum Alter – zumindest für kurze Zeit springt Lynks im Hochzeitskleid und passender Maske wie ein Tennisball herum. Der Beat hüpft genauso und wird dann zu einem durchaus vogue-baren, konsistenten Rhythmus. Lynks Stimme schlägt immer wieder ins Falsett – dieser Song ist eine Persiflage auf den modernen Hochzeitswahn, gleichzeitig spielt er auch mit Bindungsangst. Die ist halt ok, weil, wenn man kein Bock auf Bindung hat, kann der Bräutigam auch schnell (symbolisch) beerdigt werden. Nicht alles im Leben muss tot analysiert werden. 

Auf ABOMINATION werden Banger um Banger in punkigen Elektropop auf einen losgefeuert, dabei lässt Lynks kaum Zeit zum Durchatmen. So werden auch die Spielregeln für anonymen Sex ((WHAT DID YOU EXPECT FROM) SEX WITH A STRANGER) mit schwindelig machender Melodie erklärt. Im Video dazu tanzt eine Gruppe, Lynks mittendrin, in einem verrauchten Raum mit der eigenen Geilheit. 

Oh the wonders of technology
When you’re horny
Ordering a man
Like you’d order a curry
Call me up, babe
I’ll be there in a hurry
I’m free delivery
And all I really need
Is you to fuck my brains out

ROOM 116 ist die etwas ruhigere Version davon, hier geht’s “nur” ums Geflirte in einer Bar – mit TENNIS SONG (einer Schwärmerei für den heterosexuellen Tennislehrer) auch das einzige Mal, wo auf diesem Album ein bisschen das Tempo raus genommen wird. Ansonsten erinnert mich dieses Debüt an das israelische Trio BĘÃTFÓØT– aber mehr in Richtung Club und schon etwas gradliniger in seiner Explosivität. 

Man könnte bestimmt an manchen Stellen in Frage stellen, ob hier wirklich so viel empowered wird, wie es scheint, oder ob es auf diesem Album in erster Linie um Spaß geht. Aber ist das wichtig? Wenn LUCKY mit seiner süßen Gamingmelodie mir zum Beispiel erklärt, wie toll es ist, erwachsen zu sein und alles machen zu können, was man will, dann glaub ich das und will mich diesem Gefühl in vollen Zügen hingeben.

LYNKS THINKS schließt am Ende von Abomination eine ganz deutliche Ansage in den Raum: “You think that you are loud, but we are louder, you think that you are strong but we are stronger”. Word. Dieses Debüt ist eine einzelne Hymne für die Selbstbestimmung und das eigene Selbstbewusstsein, sich so auszuleben wie man will. Egal was irgendwer da davon halten könnte. 

Credits: Mars Washington

Label: [PIAS]
Veröffentlicht am: 12.04.2024
Interpret: Lynks
Name: ABOMINATION
Online: Zur Seite des Interpreten.


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