junges Ding – Carla Ahad
Rezensiert von Charlotte Klatt on 18. November 2025
Mit Anfang Zwanzig in einer neuen Stadt ankommen, sich verlieben, feiern gehen, sich selbst finden. In dieser Phase befinden sich grade viele von uns, genauso wie die Musikerin Carla Ahad. Und genau darum geht es auch in ihrem ersten Album junges Ding.
Die Künstlerin kommt aus Braunschweig und hat dort schon früh angefangen, Musik zu machen. In der Schule nahm sie mit verschiedenen Bands an Musikwettbewerben teil und zog dann 2021 für ihr Studium, aber eigentlich eher für die Musik, nach Berlin. Dort begann sie, eigene Songs zu schreiben und zu produzieren und landete mit Blauer Himmel Odyssee ihren ersten größeren Erfolg. Am siebten November 2025 erschien nun ihr Debütalbum junges Ding. Es besteht teils aus bereits veröffentlichten und teils aus neuen Songs und nimmt die Hörenden mit durch den Alltag und die Gefühlswelt einer jungen Frau in einer großen Stadt.
Was leider für viele Frauen auch zum Jungsein dazugehört, ist es, nicht ernst genommen zu werden. Besonders in Berufsfeldern wie der Musikbranche ist das ein weit verbreitetes Problem. Das thematisiert Carla Ahad im Titelsong ihres Albums junges Ding. Mit Zeilen wie „Ich bin jung und so naiv. Was ich mache, das ist alles primitiv. Ich bin ein jung-, ein junges Ding und du willst alles, was ich to the table bring“, zeigt sie spielerisch die Ironie der Vorurteile gegen junge Menschen auf – und dass sie trotzdem gebraucht werden. Carla selbst sagt, dass sie sich mit diesem Song die eigentlich abfällige Bezeichnung „junges Ding“ zu Eigen machen will. Der Sound ist dementsprechend frech und verspielt und arbeitet dabei viel mit Synthesizern.
Davon hört man generell viel in diesem Album. Das liegt laut Carla tatsächlich daran, dass sie nicht so gut Gitarre spielen kann. Da mussten dann also die Instrumente herhalten, die in ihrer Produktionssoftware vorhanden sind. Bei Live-Auftritten werden diese aber von einer Band übernommen, dessen Mitglieder sie teilweise noch aus der Schule kennt. Allerdings sollte man die „fehlende“ Band nicht als Mangel des Albums verstehen. Carlas Produktion verlieht dem Album einen ganz eigenen Sound. Es wirkt frisch, modern und ein wenig verträumt. Am ehesten ist es als deutschsprachiger Indie Pop einzuordnen, bedient sich aber auch anderer Genres und geht dabei viel in die elektronische Richtung.
Der Song Banger Remix ist zum Beispiel, wie der Titel schon verrät, ein Remix ihres Tracks Banger, der eher in Richtung Techno geht. Ein kleiner Funfact zu seiner Entstehung: Als Carla auf dem Geburtstag der kleinen Schwester einer Freundin war, hat sie mit einer Gruppe Jungs über ihre Musik gesprochen. Und die haben ihr gesagt: „Carla, das was du machst, das ist alles cool und so, aber dir fehlt noch ein Banger!“ Carla hat sie also nach einem Stichwort gefragt und mit „Fussbus“ als Aufhänger mit dem Schreiben angefangen. Im Song geht es deshalb um den Weg zu oder von einer Party, den man betrunken, allein oder mit Freunden und vielleicht mit ein bisschen zu viel Selbstbewusstsein antritt. Und mit den lauten Beats und dem eher monotonen, gelangweilten Gesang ist der Track tatsächlich ein richtiger Banger.
Einen ganz anderen Sound hat dagegen Girl aus der Stadt. Dieser Song schreit 80er. Vom Klang, aber auch von den Lyrics her. Mit Zeilen wie „Steh mit Ghettoblaster vor deinem Fenster, hab für dich ein Mixtape gemacht“, ist er voll mit Referenzen zu diesem bunten und schrillen Jahrzehnt und lädt dabei richtig zum Tanzen ein.
Doch auch emotionale und rührende Songs kommen in junges Ding nicht zu kurz. Lieder wie Dass wir gelebt haben, Blauer Himmel Odyssee und Austern im September lösen einen Mix aus Sehnsucht, Nostalgie und Glück aus und gehen direkt ins Herz. Carlas hohe und gleichzeitig sanfte Stimme unterstreicht das perfekt.
Im Album legt sie ganz offen ihre Gefühle und Gedanken dar, ob Liebe und der Kummer darüber, Glück, Übermut oder Angst. Damit ist junges Ding ein authentischer und musikalisch vielfältiger Einblick in das Leben der jungen Künstlerin. Auf diese Art von Authentizität legt Carla auch beim Klang ihrer Songs großen Wert. Da sie den Großteil ihrer Musik selbst produziert, ist es ihr wichtig, kein perfektes Produkt zu verkaufen, sondern eben etwas Echtes. Und das ist ihr mit junges Ding auf jeden Fall gelungen.
Ab dem 30. November ist Carla Ahad auf ihrer ersten Tour „Carlas Odyssee“ in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs. Der Termin in Berlin ist sogar schon ausverkauft. Carla scheint sich also langsam, aber sicher einen richtigen Namen in der Musikbranche zu machen, auch als vermeintlich „junges Ding“.
Label: Red Book Records Veröffentlicht am: 07.11.2025 Interpret: Carla Ahad Name: junges Ding