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FKA Twigs – Magdalene

Rezensiert von am 17. November 2019

       

„Magdalene“ verbindet eine völlig neue Perspektive auf eine bekannte Figur mit einem Sound, den es so noch nie zuhören gab. Die Künstlerin „FKA twigs“ folgt mit diesem Album ihrer bisherigen Pionierarbeit in einem Genre, das weder sie noch die Branche recht zu definieren wissen. Inhaltich arbeitet sie sich an der Sehnsucht und dem Leiden einer Frau ab, die uns aus der Bibel als Maria Magdalena bekannt ist. Magdalene kombiniert Erzählung und Sound auf eingängige Weise und knüpft oftmals an den Klängen kirchlicher und chorischer Musik an, driftet aber auch in R’n’B Beats ab und das nie ohne diverse Elektro-Elemente.

Hinter FKA twigs steckt die Musikerin, Sängerin und Tänzerin Tahliah Debrett Barnett die 1988 in Großbritannien geboren wurde. Das Solo-Projekt FKA twigs startete sie 2012 und veröffentlichte seit dem einige EPs, Singels und 2014 ihr Debütalbum LP1. Ihre Musik wurde in der Vergangenheit von einigen Musikjournalisten als R’n’B bezeichnet, diese Zuordnung lehnte FKA twigs allerdings ab. Art-Pop, Avant-Pop oder Trip-Hop sind weitere Genres, die den Sound von Magdalene umreißen können. 

Das Album ist sehr divers, vor allem innerhalb der Songs findet sich viel Dynamik und Abwechslung. Magdalene eröffnet mit kirchlichen und chorischen Klängen (thousand eyes), die durch Barnetts hauchende Sopranstimme getragen und schnell von verzerrten Elektroklangteppichen unterzogen werden (home with you). Inhaltlich beschäftigt sich der Anfang des Albums nicht nur mit Magdalenas Angst beobachtet zu werden, sondern auch mit Wut, Rache und Verzweiflung über die Unmöglichkeit einer Beziehung zu „ihm“. Das Ende des dritten Songs sad day leitet mit dezentem Trap-Beat über zu holy terrain. Das Feature mit dem Künstler Future sticht, durch den dominanten Trap-Beat und seine entspannte Atmosphäre, aus dem Rest des Albums heraus. Der fünfte Song, mary magdalene, kommt dann ganz direkt zur Essenz der Figur Maria Magdalena. Sie ist eine „historische“ Frau der Begierde, die eine enge Beziehung zu Jesus führte, aber doch nie gehört wurde. Mit Distortion- und Glitch-Solos erhält der Song eine sehr spezielle Dynamik. Der Höhepunkt des Albums folgt dann mit fallen alien. Energetisch, gewaltig und verheißungsvoll beklagt Magdalena ihren Schmerz über den Verrat und die Lüge in ihrer Liebe zu „ihm“. Mit einer Mischung aus Klavier, Kirchenglocken, elektronischer Soundkulisse und einem progressive Beat steigert sich der Song immer weitert. Mit ausdrucksstarker und sehnsüchtiger Stimme erzeugt FKA twigs pures Drama. Die letzten drei Songs des Albums werden immer ruhiger, introvertierter und melancholischer. Magdalena reflektiert, hinterfragt das Geschehen und findet sich irgendwie wieder (mirrored heart & daybed). Im letzten Song cellophane wendet sich sich verzweifelt und sehnend erneut an „ihn“. Sie spricht über die Beziehung, die von außen nicht gewollt war, nicht sein konnte und die von innen vor allem durch Unsicherheit bestimmt war.

Magdalene ist sicherlich kein einfaches Album. FKA twigs hat nicht nur ein spezielles sondern ein wirklich avantgardistisches Werk geschaffen, auf das man sich als Otto-Normal-Hörer einlassen muss. Den neuen, experimentellen und ungewöhnlichen Klängen sollte man aber eine Chance geben. Weitestgehend stilsicher und mit ganz neuer Perspektive führt das Album durch die Gefühlswelt einer Frau, die bisher nur als ambivalente und stigmatisierte Nebenfigur, in der wohl bekanntesten Erzählung der Geschichte, aufgetaucht ist. Gerade in der Musik hatte die Aufarbeitung dieser Figur erst spärlich stattgefunden. Magdalene ist ein gut gemachtes und besonderes Hörerlebnis der britischen Musik-Avantgarde.

Rezensiert von Konstantin Schumann


Label: Young Turks
Veröffentlicht am: 08.11.2019
Interpret: FKA Twigs
Name: Magdalene
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